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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Männer aus dem Gefolge des Prokurators schienen plötzlich äußerst unglücklich dreinzublicken.
    Corvus räusperte sich. »Danke, Theophilus. Ich denke, wir sollten nun vielleicht...«
    Zum vierten Mal an diesem Morgen wurde der Präfekt unterbrochen; dieses Mal jedoch nicht vom Prokurator, sondern vom Hufgetrommel von sich rasch nähernden Pferden.
    Der Morgen war sehr still, und das von diversen Pferden stammende Getrappel, welches nun zu ihnen herüberschallte, kam eindeutig aus Richtung der östlichen Stadttore. Als die Tore geöffnet wurden, hatten die Ankommenden sich bereits zu einer geordneten Reihe formiert, rechts und links jeweils von den bewaffneten Torwächtern flankiert, die sowohl als Ehrengarde zu verstehen waren als auch als Festnahmekommando.
    Ernst und mittlerweile gemesseneren Schrittes ritten sie nun die Hauptstraße herauf, ganz so wie eine römische Delegation. Die Tiere der Wachen schienen etwas beunruhigt, versuchten, seitwärts unter ihren Reitern auszubrechen, die sich wiederum nicht ganz sicher zu sein schienen, wie sie sich verhalten sollten, und die Zügel der Pferde viel zu straff hielten. Die neun Ankömmlinge, die sie eskortierten, waren allesamt jugendliche Eingeborene. Sie ritten auf einander ähnelnden, kastanienbraunen Wallachen und trugen alle die gleichen, kurzen Reitumhänge in Eceniblau, um deren Säume und Halsausschnitte dekorative Webmuster verliefen. Jeder von ihnen hatte sich ein kunstvolles Arrangement von Bärenzähnen ins Schläfenhaar geflochten, und auf ihren Schultern prangte jeweils eine goldene Brosche in der Form des galoppierenden Pferdes der Eceni.
    Der Größte von ihnen ritt in der Mitte. Sein Haar war von dem goldenen Ton des Getreides im Sommer, seine Augen blickten bernsteinfarben, und um seinen Oberarm geschlungen trug er ein Königsband, das in seiner Schönheit jenem entsprach - oder es womöglich noch überragte -, das einst den Arm von Prasutagos geziert hatte, dem verstorbenen König der Eceni.
    Theophilus sah, wie der Prokurator den Wert des Armreifs abschätzte, sowie den Wert der Broschen, die von sämtlichen Reitern getragen wurden, und der Pferde, die sie ritten, und er war gerade im Begriff, vorzutreten und sich einzumischen in diese Situation, die sich leicht zu einer diplomatischen Katastrophe hätte entwickeln können, als Corvus ihn am Arm packte und auf Alexandrinisch murmelte: »Nein. Er weiß es. Da, schau doch.« Und Theophilus beobachtete in der Tat und mit wachsender Freude, wie der junge Krieger sich von seinen Bewachern und seinem Gefolge löste, sein Pferd zu einem Handgalopp antrieb und unmittelbar auf den Prokurator zuhielt.
    Die Wachen reagierten nur langsam und hatten gerade noch Zeit, Alarm auszulösen, aber nicht, um selbst noch zu handeln. Die Söldner des Prokurators wurden gleichsam auf kaltem Fuße erwischt, so dass sie es nicht mehr schafften, sich schützend vor jenen Mann zu werfen, der sie immerhin beschäftigte, und wie es der jetzigen Lage wohl angemessen gewesen wäre. Allein ein Späher der Coritani, der sich dem Gefolge des Prokurators angeschlossen hatte, besaß die Geistesgegenwart, vorzutreten und sich, sein Messer bereits in der Hand, dem ankommenden Krieger in den Weg zu stellen. Ebenso rasch wich er allerdings auch wieder zurück, als der junge Mann in dem Eceni-Umhang sein Pferd abrupt zum Stehen brachte, aus dem Sattel sprang und zu Füßen des zweitmächtigsten Mannes von ganz Britannien niederkniete.
    »Decianus Catus, Prokurator von ganz Britannien, Breaca von den Eceni entsendet Euch ihre Grüße und ihr Bedauern darüber, dass sie jetzt, nach dem Tode ihres Ehemanns, in Trauer ist und nicht im Stande, die Siedlung zu verlassen. An ihrer Stelle komme nun ich, ihr Sohn und sein Sohn, um Euch ein Geschenk der Eceni zu überbringen, gemeinsam mit unserer Bitte, dass Ihr uns dabei behilflich sein möget, die Leiche unseres Königs wiederzufinden, der zu Beginn des Winters niedergemetzelt wurde, als er versuchte, das Leben des Sklavenhändlers Philus zu verteidigen. Mögen die Götter gerecht mit ihnen beiden verfahren.«
    Cunomars Darbietung war perfekt; sein Sprechrhythmus und die Klarheit seines Ausdrucks entsprachen ganz denen eines kaiserlichen Herolds. Noch während seine Worte von den mit Kupfer gedeckten Villendächern der römischen Vorzeigestadt widerhallten, löste er bereits die Brosche von seiner Schulter, ließ den blauen Umhang zu seinen Füßen auf den Boden fallen und entbot dem

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