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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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er sich. Breaca legte ihm die Hand in den Nacken und spürte, wie sich sein Fell entlang des Rückgrats borstig aufrichtete. »Ihre Hunde veräußern die Eceni nur dann, wenn es unbedingt sein muss«, entgegnete sie, »und dann auch nur die Tiere, die wir nicht für unsere eigene Zucht brauchen. Bis die Wurfzeit vorüber ist, können wir also noch keinen erübrigen.«
    Der Prokurator fuhr sich mit der Zunge über die obere Zahnreihe, und an seiner Schläfe begann eine Ader zu pulsieren. Harsch wandte er sich an den Dolmetscher: »Frag noch einmal. Sie versteht das nicht. Wie viele Hunde befinden sich im Haushalt des Königs? Und wie viele in den umliegenden Ländereien?«
    Irgendwann während der letzten paar Augenblicke war klar geworden, dass Kampf und Tod nicht mehr zu vermeiden waren. Aber wenn sie schon sterben musste, so wollte Breaca ihr Leben wenigstens für etwas hingeben, für das es wert war zu sterben. Noch ehe der Dolmetscher einmal Luft holen konnte, entgegnete sie auf Latein: »Ich habe voll und ganz verstanden. Die Hunde der Eceni stehen weder zum Verkauf, noch werden sie zur Begleichung der Steuern herausgegeben.«
    Dieses Mal antwortete der Prokurator unmittelbar an Breaca selbst gewandt, und offensichtlich bereitete ihm dies einiges Unbehagen: »Nein, du verstehst eben nicht. Hier geht es nicht um die Begleichung der Steuern. Hier geht es um die Aufstellung einer Liste des kaiserlichen Eigentums. Dein König ist tot. Was früher dem König gehörte, gehört nun dem Kaiser: sein Land, sein Besitz, seine Pferde, seine Hunde, seine Ehefrau und seine Töchter. Alles, was früher Eceni-Eigentum war, ist jetzt Eigentum Roms.« Er lächelte ein wenig verkniffen. »Und für mich ist es von keinerlei Bedeutung, ob du nun aus freien Stücken antwortest oder erst unter Zwang. Denn antworten wirst du. Ich frage dich somit also noch einmal und nur dieses eine Mal noch: Wie viele Hunde?«
    Wenn sie nun ganz konzentriert an die Drossel dachte, die sie an diesem Morgen geweckt hatte, vielleicht konnte sie dann ja noch verhindern, dass sie völlig verrückt wurde. Breaca entgegnete also: »Aber der König hatte doch ein Testament verfasst. Der letzte Gouverneur hatte es bezeugt.« Aus den Augenwinkeln jedoch sah sie bereits, wie Cunomar den Kopf schüttelte.
    Auch der Prokurator sah dies und kostete seinen Sieg nun voll aus. »So wie es üblich ist, hinterließ dein König die Hälfte seines Landes dem Kaiser. Die andere Hälfte vermachte er seinen Töchtern, eindeutig mit der Absicht, dass dies als ihre Mitgift dienen solle.« Sein Blick glitt einmal zu Cygfa hinüber und dann wieder zurück. »Man hat mir gesagt, dass eine der Töchter des Königs noch ein Kind sein soll, ich sehe hier jedoch keinerlei Kinder. Wo ist sie?«
    Zu viele Menschen hielten in diesem Augenblick den Atem an. Gefangen in der leeren Ödnis ihrer nur gespielten Ruhe erklärte Breaca: »Die Tochter des Königs ist im Laufe des Winters gestorben, an Kälte und Hunger und aus Kummer über den Tod ihres Vaters. Wenn Ihr es zu sehen wünscht, so führe ich Euch gerne zu ihrem Grab.«
    Abermals schürzte der Prokurator die Lippen, schaute Breaca einen Augenblick lang forschend an, konnte aber nicht die Lücke in dem Gewebe ihrer Lüge erkennen. »Schon gut. Das bewahrt den Sohn des Senators wenigstens vor der Verpflichtung, sich eine Eingeborene zur Ehefrau nehmen zu müssen, obgleich man mir gesagt hat, dass die Wilden aus dem Norden schon recht früh geschlechtsreif werden und dass es ein... Nein! «
    Nicht Cygfa war es, die in diesem Moment innerlich zusammenbrach, und auch nicht Cunomar; weder Gunovar noch Airmid oder gar Ardacos und die Bärinnenkrieger, sondern Breaca selbst war es. Sie musste es ganz einfach gewesen sein, ganz gleich, wie angestrengt sie sich auch zu beherrschen bemühte, denn Stone lebte allein, um ihr zu Diensten zu sein, und somit war er es, der den Prokurator als Erster angriff. Und möglicherweise hatte Cunomar daraufhin ja versucht, den Hund zurückzuzerren. Aber die Söldner wurden eben nicht dafür entlohnt, zu beobachten und zu berichten, was vielleicht hätte geschehen können und was nicht, sondern lediglich dafür, die Ordnung aufrechtzuerhalten und Gold und Güter zusammenzutragen und, unter allen Umständen, das Leben und die Person jenes Mannes zu beschützen, der sie bezahlte.
    Erst wurde Stone niedergeschlagen, dann Cunomar, und dann kamen mit einem Mal heulend die Bärinnenkrieger angestürmt und waren

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