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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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wandte sich an Breaca.
    »Du hast eben nicht verstanden. Aber nun wirst du es wohl begreifen. Zuvor warst du nur das Eigentum des Kaisers, jetzt aber bist du seine Gefangene, festgenommen bei dem Versuch, Offiziere des Kaisers in der Provinz Britannien anzugreifen und zu töten. Die Anklage lautet demnach auf Aufwiegelei und Mord, und die dafür übliche Strafe ist der Tod. Sobald wir also die Siedlung durchsucht und weitere Beweise zusammengetragen haben - und zweifellos wird es Beweise geben, denn du hast Philus getötet -, werden wir eine Verhandlung anberaumen, das Urteil sprechen, und dann, während du stirbst, wirst du wohl endlich einmal die Zeit finden, darüber nachzusinnen, dass ein Leben in Rom und als Ehefrau des dritten Sohnes des Senators keiner von euch allen allzu übel bekommen wäre.«

XXXV
     
    Graine war auf dem Weg zu einem Ort, wo sie in Sicherheit sein würde; um sie brauchte Breaca sich keine Sorgen mehr zu machen. Das war das einzig Gute.
    Die anderen Hiobsbotschaften dagegen erreichten Breaca und die ihren stückchenweise, während der Abend seinen Fortgang nahm und die in Gruppen eingeteilten Söldner nacheinander zu dem Prokurator kamen, um diesem Bericht zu erstatten oder um ihm ganz einfach zu zeigen, was sie gefunden hatten. Diejenigen, die Anweisung hatten, die Siedlung zu durchsuchen, gingen dabei ebenso vor wie jene Durchsuchungskommandos, die Valerius einst angeführt hatte: brutal und schonungslos, indem sie alles, worin sich möglicherweise eine Waffe verbarg, kurzerhand zerstörten. Und sie fanden auch die unter den Reetdächern verborgenen Schilde - was allerdings von Anfang an klar gewesen war -, sowie einen Speer, der schon vor langer Zeit versteckt worden und dann völlig in Vergessenheit geraten war und daher mittlerweile eine derart dicke Schicht Rost angesetzt hatte, dass man ihn nicht mehr gebrauchen konnte.
    Der Kundschafter vom Stamme der Coritani half den außerhalb der Siedlung suchenden Söldnern, die Spuren zu finden, die zum Großen Versammlungshaus führten, und dort stießen sie dann auch prompt auf das geheime Lager mit Roheisen - etwas, von dem Breaca inständig gehofft hatte, dass es nicht passieren möge, und das doch gleichsam unvermeidlich war. Als sie sich im Anschluss daran noch gründlicher auf dem Gelände umschauten, entdeckten sie schließlich auch die Spuren, die vom Versammlungshaus fortführten, doch Krieger oder Kinder fanden sie keine, und da sich mittlerweile die nächtliche Dunkelheit herabzusenken begann, wagten sie es auch nicht, Fährtenleser auszuschicken, um nach den Flüchtigen suchen zu lassen.
    Mit Ausnahme von Cunomar und Ardacos, die als gefährlich galten und daher von den anderen getrennt gehalten wurden, wurde die Familie des verstorbenen Königs über Nacht in dessen Schlafgemach eingesperrt, nachdem zuvor das Bett sowie die Truhe, die einmal Geld enthalten hatte, hinausgeschafft und verbrannt worden waren. In einer Ecke der Kammer lag noch eine kleine Bronzefigur in Form eines Pferdes, die wohl keiner hatte haben wollen oder die bei der Durchsuchung vielleicht einfach übersehen worden war.
    Noch niemals zuvor war Breaca gefangen gehalten worden. Doch war die Gefahr, den Römern in die Hände zu fallen, stets gegenwärtig gewesen, und stets hatte Breaca im Stillen bereits damit gerechnet. Daher hatte sie sich vor jedem der nächtlichen Überfälle, die sie damals im Westen verübt hatte, vor jeder Schlacht dazu gezwungen, sich die Gefangenschaft vorzustellen - die Gefangenschaft und das, was zwangsläufig darauf folgen würde.
    Dennoch war die Realität unendlich viel härter, als sie es sich jemals hätte ausmalen können; nicht unerträglich, aber doch beinahe. Breacas Respekt vor Cygfa und Cunomar, die damals in Rom etliche Monate im Gefängnis ausgehalten hatten - noch dazu stets mit dem wartenden Tod vor Augen -, wurde von Augenblick zu Augenblick größer.
    Da in Tagos’ Schlafkammer kein Feuer brannte, war es dunkel und stickig in dem Raum. Breaca hatte sich zunächst eine Weile gegen die Wand gelehnt, dann setzte sie sich auf den Fußboden und zog die Knie bis zur Brust hoch, damit ihre Füße nicht gegen die eines ihrer Mitgefangenen stießen und ihn störten. Ungestörtheit war wichtig, wie Breaca bald herausfand, bildete sie doch die einzige, noch halbwegs ausgleichende Kraft zu dem schier erdrückenden Gefühl der räumlichen Enge und der fehlenden Möglichkeit, sich zurückziehen zu können.
    Auch ohne zu fragen

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