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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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anderen Menschen erbitten! Jeder von uns muss seinen eigenen Frieden mit den Göttern schließen, wenn er sterben möchte.«
    »Selbst Graine?«
    »Ganz besonders Graine. Hör auf das, was die Ahnin sagt.«
    Breaca versuchte es und hörte doch nichts außer dem tosenden Lärm von Schmerz und Verzweiflung und der drohenden Nähe einer Panik, wie sie sie in Schlachten niemals empfunden hatte, noch nicht einmal an jenem Tag vor vielen Jahren, als sie die Nachricht erreichte, dass Caradoc den Römern in die Hände gefallen war. Breaca holte tief Luft und sagte: »Könnten wir nicht... Ach, gütige Götter, können sie uns denn nicht endlich mal in Ruhe lassen?«
    Draußen liefen Wachen mit brennenden Fackeln hin und her. Eine Stimme - Cunomars? - rief irgendetwas. Im nächsten Moment flog krachend die Tür auf, und greller Fackelschein fiel in den Raum. Auf der Türschwelle stand der Prokurator, hell angeleuchtet von den rechts und links von ihm lodernden Flammen.
    Er spähte in den Raum hinein und fragte: »Noch am Leben? Und das Kind? Gut.« Dann winkte er Männer zu sich, die mit Stricken herbeigeeilt kamen. »Fesselt sie. Schafft das Kind raus. Schnell!«
    Es war nur ein kleiner Raum, er war zu voll, und es geschah alles zu schnell. Und zu früh. Drei Männer stürzten sich auf Breaca. Erbittert kämpfte sie gegen sie an, während sie zugleich für sich selbst und für Graine den Tod suchte. Die Wege zum Tode werden euch offen stehen, wenn ihr nur die Kraft besitzt, sie einzuschlagen . Mit ihrem Unterarm zerquetschte sie einem ihrer Angreifer die Luftröhre, und gerade hieb sie mit ihren Fingernägeln nach den Augen eines anderen, als urplötzlich ein Blitz in ihrem Schädel explodierte und alles um sie herum dunkel wurde und der Boden und die Wände auf sie einstürzten und das Gewicht von Graines Körper, das sie gerade eben noch gespürt hatte, plötzlich nicht mehr da war.
    Grobe, hart zupackende Hände rollten Breaca auf den Bauch, fesselten ihr die Handgelenke auf dem Rücken und drehten sie dann wieder herum. Neben ihrer Schulter stand der Prokurator und blickte hinab in ihr Gesicht. »Unser Coritani-Kundschafter hat sich wahrlich selbst übertroffen. Er hat allen Grund, dich zu hassen, denke ich, und allen Grund, um auf Rache zu sinnen. Und die wird er auch bekommen, das habe ich ihm versprochen. Außerdem behauptet er, du wärst früher eine Kriegerin von hohem Ansehen gewesen?«
    Es wäre besser, wenn er nicht herausfände, dass du die Bodicea bist. Eine nach der anderen wurden die schützenden Mauern ihres Lebens niedergerissen. Breaca spuckte den Mann an, der nun über ihr stand.
    Der Prokurator jedoch wich rasch einen Schritt zurück, blieb auf diese Weise von dem Speichel verschont, und fuhr fort: »Der Kundschafter war der festen Überzeugung, dass du - wenn man dich allein ließe - das Kind töten würdest und möglicherweise auch die anderen. Ich muss sagen, ich bin froh, nun feststellen zu dürfen, dass du doch keine so herausragende Kriegerin bist, wie er glaubte.«
    Er trat zur Seite, um die Wachen hinauszulassen, die Breacas Mitgefangene gefesselt und geknebelt hatten und nun eine schreiende, tobende Graine gepackt hielten. In geradezu liebenswürdigem Ton sagte der Prokurator: »Es wird bald vorbei sein. Morgen. Oder vielleicht auch erst übermorgen. Ich musste erst noch jemanden nach Camulodunum schicken, um das Holz für die Kreuze holen zu lassen, an denen wir euch aufrichten werden. Dumm von mir. Eigentlich hätte ich gleich daran denken können, welches mitzubringen.«
    Er trat wieder in den Gang hinaus, wischte sich dabei die Finger an seiner Tunika ab. Die Tür fiel hinter ihm zu. Breaca lag, nur halb bei Bewusstsein, in der beengten Dunkelheit der Schlafkammer, hilflos dem mörderischen Schmerz in ihrem Kopf, ihren Rippen und ihren Nieren ausgeliefert, in ihren Ohren die gellende Stimme ihrer Tochter, die wieder und wieder voller Verzweiflung nach ihrer Mutter schrie, und dann die jähe Stille, als jemand Graine den Mund zuhielt.
    Breaca unternahm keinerlei Versuch mehr, die Ahnin zu erreichen. Sie bemühte sich auch nicht, nun noch einen Weg zu finden, um Zuflucht zu einem vorzeitigen Tod zu nehmen. Denn Graine war in Gefahr. Das war das einzig Wichtige. Alles andere spielte keine Rolle mehr.

XXXVI
     
    Die Tür zu ihrem Gefängnis blieb vorerst wider Erwarten geschlossen; sie ging weder am nächsten Morgen auf, noch am darauf folgenden Mittag. Sondern erst am späten

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