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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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zu.
    »Ihr werdet hiermit der Rebellion angeklagt, ferner des Mordes an den im Folgenden genannten Legionären...«
    Dann war dies also der Strafprozess. Der Prokurator stand auf einem kleinen Podium, das aus zusammengenagelten Brettern bestand. Der geheime Vorrat an Roheisen, den die Söldner in der Schmiede neben dem Großen Versammlungshaus entdeckt hatten, war inzwischen hergebracht worden und lag nun gebündelt zu seinen Füßen. Daneben hatte man Breacas eigenes Schwert gelegt, zusammen mit Ardacos’ und Cygfas Klingen; um diese Waffen, die so überaus gut versteckt gewesen waren, zu finden, mussten die Söldner die Schmiede in Schutt und Asche gelegt haben.
    Die Stimme des Prokurators verblasste mehr und mehr zu einem nichts sagenden Gemurmel und verschmolz mit den lauteren Geräuschen der Siedlung. Geistesabwesend beobachtete Breaca eine Krähe, schaute zu, wie diese einen losen Halm aus dem demolierten Reetdach jener Hütte zupfte, die sie einst gemeinsam mit Airmid bewohnt hatte, und damit zu der von einem Blitz getroffenen Eiche auf der unteren Pferdekoppel flog. Der Sonnenhund hatte seine auf Abwege geratenen Träumer damals erst ausgepeitscht und sie dann an Bäumen wie jener Eiche dort aufgehängt. Nur Rom musste erst einen Baum töten, um einen Menschen zu töten.
    »...oder aber wir könnten deine Tochter fragen. Die jüngere. Wäre dir das lieber?«
    Airmid lehnte sich gegen ihre Schulter, versuchte auf diese Weise, Breaca aus ihren Gedanken zu reißen und wieder in die Gegenwart zurückzuholen. Der Mund des Prokurators bewegte sich unablässig, und allmählich drang seine Stimme wieder an Breacas Ohr. Einen Augenblick später begriff sie endlich, was er sagte.
    »Sie fragen? Was denn?«, gab Breaca zurück. Wieder blickte sie sich suchend um. Graine war nicht da. Der schmerzende Raum in ihrem Inneren, in dem ihre Tochter hätte sein sollen, war leer und war auch nicht wieder gefüllt worden.
    »Wo ist die Armee, für die dieses Eisen hier zu Waffen hätte geschmiedet werden sollen?«, wollte der Prokurator wissen. Er stellte seine Frage langsam, zog die Worte bewusst in die Länge.
    Breaca blickte ihn an. Er war ein Schreiber, ein wichtigtuerischer Beamter; von Kriegsführung hatte er keine Ahnung. »Diese Armee existiert noch gar nicht«, antwortete sie. »Das Wetter hat es bisher nicht zugelassen.«
    »Du lügst.«
    »Nein. Denn wenn jede dieser Eisenstangen tatsächlich zu einer Waffe verarbeitet worden wäre und es zu jeder Waffe auch noch einen Krieger gäbe, der sie zu schwingen im Stande wäre, würden wir dann jetzt etwa hier stehen? Ihr habt drei Zenturien zur Verfügung. Wir dagegen hätten mühelos doppelt so viele Krieger bewaffnen können. Und wenn sie hier wären, hätten wir das auch getan. Aber es gibt keine Armee. Jene, die sich bereits versammelt hatten, werden sich inzwischen längst zerstreut haben; sie werden sich in den Norden zurückgezogen haben, wo sie in Sicherheit sind, oder wieder in ihre Siedlungen zurückgekehrt sein. Und wenn wir nicht mehr da sind, werden sie sich ohnehin nie wieder versammeln.«
    »Ach, tatsächlich? Wer hätte sie denn angeführt?«
    »Ich«, antwortete Cunomar, ehe Breaca sich dazu äußern konnte. »Ich war der Sohn des Königs und schloss mich für eine Weile den Bärinnenkriegern in den nördlichen Wäldern an, um so viel von ihnen zu lernen, dass ich dann später im Süden ein Kriegsheer aufstellen könnte.«
    Der Prokurator ließ sich Zeit damit, seinen Blick von Breaca zu ihrem Sohn schweifen zu lassen. Und selbst dann ließ er ihn nicht auf Cunomar ruhen, sondern starrte gleich wieder an diesem vorbei auf Ardacos. »Und dieser Mann da, ist er dein leiblicher Vater?«
    »Nein. Mein Vater lebt im Exil in Gallien.« Cunomar hatte die vergangene Nacht um einiges besser überstanden als die anderen; er trug den Kopf noch immer hoch erhoben, war noch immer voller Feuer und erfüllt von der Arroganz der Jugend oder vielleicht ja auch vom Geist der Bärin. Breaca konnte es nur hoffen, während sie stumm darum betete, dass Schmerz und Verzweiflung ihn nicht wieder in jenen Menschen zurückverwandelt hatten, der er früher einmal gewesen war.
    Beschwörend blickte sie ihren Sohn an, ganz so, wie Airmid sie zuvor angesehen hatte, und versuchte, ihm in Gedanken eine Warnung zukommen zu lassen. Cunomar, Cunomar, verrate ihnen nichts, was sie noch zu weiteren Schlussfolgerungen führen könnte.
    Cunomar sah jedoch nicht seine Mutter an, sondern den

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