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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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ihres Herzens, an ihre Brust und zog ihr den Knebel aus dem Mund. Graine vergrub ihr Gesicht in der Halsbeuge ihrer Mutter und benetzte deren Haut mit ihren Tränen und dem aus ihrer Nase rinnenden Schleim.
    Dort - zu gedämpft, als dass die Umstehenden ihre Worte hätten verstehen können - sagte sie: »Es tut mir Leid, es ist einzig und allein meine Schuld. Ich wollte hierher zurückkommen und hatte zu Nemain gebetet, dass sie mir einen Weg zeigt, aber sie wollte mir nicht helfen. Da habe ich zu der Träumerin der Ahnen gebetet, zu der, die den Schlangenspeer hält, und dann ist Dubornos eingeschlafen. Da habe ich sein Pferd genommen, es kannte den Weg nach Hause. Dann bin ich runtergefallen, und jemand hat mich gefunden. Es ist alles meine Schuld. Es tut mir so Leid!«
    »Es ist nicht deine Schuld. Es ist nicht.... Ich habe dich sehr lieb. Es ist meine Schuld. Ich hätte dich niemals wegschicken dürfen. Es tut mir Leid, so unendlich Leid...«
    Breaca sprach zuerst Eceni, fiel dann wieder zurück in die Sprache der Ahnen, weil es nur in dieser Sprache die entsprechenden Worte gab, um ihrem Schmerz Einhalt zu gebieten und zu verhindern, dass er sie beide am Boden zerstörte. Fast blind vor Tränen nahm sie daher erst jetzt wahr, dass der Prokurator noch immer in der Tür stand und sie beide beobachtete.
    Er fing ihren Blick auf und nickte. »Ein entzückendes Kind.« Er hielt die Fackel ein wenig schräg, so dass ihr Licht auf Mutter und Tochter zugleich fiel. »Die Söhne des Senators hätten sich bestimmt über sie gefreut. Ich nehme mal an, sie hat noch kein eigenes Kind zur Welt gebracht?«
    »Sie ist erst acht Jahre alt!«
    »Ach ja, natürlich. Der Präfekt, Corvus, erwähnte etwas in dieser Art, als ich neulich in Camulodunum mit ihm sprach. Er scheint die Kleine ebenfalls gern zu haben. Wirklich ein Jammer, dass er in den Westen abkommandiert worden ist, um den Krieg des Gouverneurs zu verstärken. Und du....« Er hob die Fackel ein Stückchen höher, so dass ihr Licht nun auf Cygfa fiel. »Man hat mir erzählt, dass die Eceni nicht heiraten, aber ich glaube nicht, dass du keusch lebst. Hast du schon einmal ein Kind zur Welt gebracht?«
    Cygfa war plötzlich kreidebleich geworden, und gelblich traten die Knöchel ihrer krampfhaft miteinander verschränkten Finger unter ihrer Haut hervor.
    Breaca, die nicht verstand, worauf der Prokurator hinauswollte, antwortete für sie: »Nein, Cygfa hat noch keine Kinder geboren.«
    Sie ist die Tochter ihres Vaters, die wandelnde Verkörperung von Feuer und Leidenschaft, aber sie hat sich nie einen Geliebten genommen, denn damit hätte sie Dubornos unsäglichen Schmerz zugefügt, und sie hängt viel zu sehr an ihm, um ihm das antun zu können.
    » Meine Mutter sagt die Wahrheit.« Sehr ruhig und mit einer Bosheit, die aus Furcht geboren war, fügte Cygfa hinzu: »Es steht Euch aber natürlich frei, Euren Arzt hinzuziehen, um es Euch von ihm bestätigen zu lassen.«
    Der Prokurator starrte sie einen Moment lang schweigend an. Nachdenklich befeuchtete er seine Lippen. »Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird. Ich bin bereit, mich mit der Versicherung deiner Mutter zufrieden zu geben.«
    Damit schloss er die Tür, und es wurde wieder finster.
    »Cygfa?« Cyfga schluchzte, laut und heftig; sie versuchte zwar krampfhaft, das Schluchzen zu unterdrücken und still zu sein, schaffte es jedoch nicht. Gunovar, die ihr am nächsten saß, hielt sie tröstend in den Armen, während Breaca mit den fest verknoteten Stricken kämpfte, mit denen Graines Handgelenke noch immer zusammengebunden waren. »Cygfa, was ist denn? Was hast du?«
    Gunovar antwortete an Cygfas statt. »Sie können eine Jungfrau nicht hinrichten. Es ist eine Versündigung gegenüber ihren Göttern und somit ein Verstoß gegen ihre Gesetze.«
    »Was? Was für einen Unterschied macht es denn schon, ob... Andererseits, wenn das stimmt, dürfen Graine und Cygfa...«
    »...nicht mehr unberührt sein, wenn es für sie ans Sterben geht. Und für eine ganze Kompanie von Männern ist es wahrhaftig keine Schwierigkeit, dafür zu sorgen, dass ein Mädchen keine Jungfrau mehr ist, bevor sie stirbt. Sie würden es zwar sowieso tun, nur dass sie’s in diesem Fall auch noch in Übereinstimmung mit dem Gesetz tun.« Gunovars Stimme klang tonlos und gepresst, bar all der Ironie, die sie für gewöhnlich so lebendig machte. Die Worte wirkten wie Gift, und dennoch sprach sie sie aus, denn einer musste es tun.
    Mit allergrößter

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