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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sein schnelles Tier dem Mädchen letztendlich zur Flucht verhelfen können. Graine versuchte, ihn nicht dafür zu hassen, dass er ihr Pony geopfert hatte.
    Mit knappen Worten hatten die zurückgekehrten Krieger ihre Erlebnisse geschildert, und schon bald darauf hatten sich alle unter dem Schutz des am Fuße der Buchen wuchernden Stechginsters zum Schlafen niedergelegt. Graine aber war es nicht gewohnt, am Tage zu schlafen. Dennoch hatte sie sich hingelegt, den Kopf auf Stones Flanke gebettet und eingewickelt in ihren Umhang sowie in Breacas Reservedecke. Westlich von ihrer Schlafstelle ragte eine tote Ulme empor, die schon vor langer Zeit von einem Blitz getroffen worden war, und schwarz zeichneten sich ihre unbelaubten Zweige gegen den blassen Himmel ab. Neben der Ulme war eine kleine Lücke im Dickicht. Durch sie drang etwas Licht herein, und man konnte einen Blick auf den westlichen Horizont erhaschen. Genau dorthin hatte Graine forschend den Blick gerichtet, und endlich sah sie die erste dünne Fahne von schwarzem Rauch aufsteigen und kurz darauf sogar die größeren, öligen Wolken, die entstanden, als der Feind die Leichen der Römer und der drei Verräter aus dem Stamme der Coritani verbrannte, die von Ardacos und Cygfa niedergemetzelt worden waren.
    »Graine?«
    Sie hatte gedacht, sie wäre die Einzige, die noch nicht eingeschlafen war. Überrascht hob sie den Kopf. Umfangen von den letzten Strahlen des verlöschenden Feuers saß ihre Mutter gegen einen uralten, von Pilzen überwucherten Eichenstumpf gelehnt, ihren Umhang fest um sich gezogen. Offensichtlich hatte sie wohl einige Zeit geschlafen und war dann doch wieder aufgewacht. Das Haar hing ihr offen über die Schultern herab, durchzogen von ein paar vereinzelten Zöpfen. Zum ersten Mal seit dem Sommer - und zum ersten Mal in überhaupt irgendeinem Winter, den Graine jemals erlebt hatte - hatte die Bodicea die einzelne, schwarz eingefärbte Krähenfeder der Rachejäger aus ihrem Haar gezogen und flocht sich nun wieder die vielen kleinen Zöpfe, welche die Krieger trugen.
    Ertappt von dem prüfenden Blick ihrer Tochter lächelte Breaca plötzlich. Zwar nicht so ein Lächeln, wie Airmid es Graine geschenkt hätte, aber immer noch herzlich genug. »Ist dir kalt?«
    »Nein.« Um nicht die anderen zu wecken, sprachen sie nur sehr leise, wie mit einem Murmeln, das vom Wind getragen wurde. »Stone hält mich warm.« Und das stimmte sogar fast.
    »Aber du kannst nicht schlafen?«
    »Es ist doch eigentlich Zeit zum Aufstehen. Da kann ich nun mal nicht schlafen.«
    Es entstand eine kurze Pause, die von Unschlüssigkeit erfüllt schien. Wenn Airmid es gewesen wäre, die da gerade aufgewacht war, dann wäre Graine jetzt zu ihr gegangen, hätte sich neben ihr zusammengerollt und ihr von der dünnen Rauchsäule und den brennenden Leichen erzählt und von ihrer Sorge um die umherirrenden Seelen der Toten. Airmid hätte dann das Lied angestimmt, mit dem sie den Seelen der Feinde ihre letzte Ruhe schenkte, wenngleich es lediglich Graines Wunsch gewesen wäre, der sie dazu bewogen hätte. Und dann hätte sie noch ein anderes Lied gesungen, damit auch das kleine Mädchen den Tag zum Schlafen nutzen konnte und damit ihm angenehme Träume beschert sein würden.
    Breaca war aber nicht Airmid, und sie war auch nicht mehr die Bodicea, die ihren Kriegern den Sieg schenkte. Und dennoch blieb sie für ihre Tochter eine Fremde. Während der zwei Tage dauernden Flucht hatte Graine von ihrer Mutter mehr gesehen und hatte sie aus größerer Nähe erlebt als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in ihrem Leben. Bis zu diesem Augenblick, da sie nun gemeinsam am Feuer lagen, war sie sich überhaupt nicht bewusst gewesen, wie sehr sie sich nach dieser Nähe gesehnt hatte, noch, wie aufmerksam sie im Geheimen die vielen kleinen Veränderungen beobachtet hatte, die sich in dieser Zeit ereigneten.
    Während dieses stillen, rauchverhangenen Morgens sah Graine ihre Mutter zum ersten Mal so, wie sie wirklich war; als eine Frau, die sich so sehr um ihre Angehörigen und Freunde sorgte, dass sie nicht mehr richtig schlafen konnte und nun beim Feuer saß, halb in einen Umhang eingewickelt und mit nur flüchtig gekämmtem Haar, das sich in Strähnen über ihre Schultern legte, und die nackten Arme der kalten Luft ausgesetzt, so dass die alten Narben gemeinsam mit der neu hinzugekommenen sich wie ihre persönliche Handschrift über die Haut zogen. Ihre Augen waren von graugrüner Farbe, durchsetzt mit

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