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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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allein aufbrechen, doch wenn er sterben sollte, würden sie noch nicht einmal erfahren, wann oder wie er den Tod gefunden hatte. Breaca befahl also: »Cygfa. Begleite ihn. Kämpfe, wie auch die Bärinnenkrieger kämpfen.«
    Die Bärinnen hielten sich nicht an den Ehrenkodex der Krieger, sondern griffen, wenn nötig, auch von hinten an - und damit keiner von ihnen lebend den Legionen in die Hände fallen würde, töteten sie diejenigen von ihren Leuten, die im Kampf zu stark verwundet worden waren, um noch fliehen zu können. Denn das war wahrlich die bessere Alternative.
    Auch Cygfa war bereits im Aufbruch begriffen. Sie schenkte Breaca ein flüchtiges Grinsen. »Danke. Ich werde schon darauf Acht geben, dass er den nächsten Morgen noch erlebt. Und tu du das Gleiche für die anderen.«
    Damit war auch Cygfa verschwunden, und jene, die noch übrig waren, trieben ihre Pferde zusammen; sie waren drei Erwachsene, ein Kind und Cunomar, der weder das eine noch das andere war und der sich nichts sehnlicher wünschte, als wie die Bärinnenkrieger zu kämpfen. Ihre Tiere waren allesamt kampferprobt, und bis auf Graine konnten sie alle auch im Galopp auf ein Pferd springen. Über das Scharren der Hufe hinweg ertönte aus den Bäumen noch einmal Cygfas Stimme: »Wo treffen wir uns?«
    Ein Teil von Breaca hatte so etwas bereits vorausgesehen, also antwortete sie: »Dort, wo das Land der Cornovii an das Land der Ordovizer grenzt, an der Stelle, wo die vier Flüsse zusammenfließen. Ardacos kennt das Gebiet. Bete darum, dass er überlebt, um dich dorthin zu führen.«

VI
     
    Graine lag hellwach da, ihren Kopf auf die Flanke des Hundes gebettet, während sie den schmierigen Rauch beobachtete, der von den brennenden Leichen aufstieg und sich scheinbar unschlüssig auf den von Westen heraufziehenden Wind legte.
    Es waren die Leichen der Römer, nicht die von Graines Freunden, und die Seelen der toten Soldaten wanden sich in dem Rauch hin und her und wussten nicht, wie sie nun den Weg zurück zu ihren Göttern finden sollten. Es war schwer, sie nicht zu bedauern, egal, wie gefährlich diese Männer zu Lebzeiten auch gewesen sein mochten. Graine wünschte sich, dass sich doch wieder die Dunkelheit um sie legen möge, dass sie wieder das leise Flüstern der Großmütter hörte. Denn dann würde sie darum bitten, dass die toten Feinde sicher zurück in ihre Heimat geleitet würden. Das war eine gute Sache, um die man daher auch durchaus einmal bitten sollte. Außerdem lenkte es sie von den Ungewissheiten der kommenden Tage ab, von der Panik, die sie davor hatte, wenn sie bald die Lichtung würden verlassen müssen.
    Es war wichtig, jetzt nicht an ihre bevorstehende Flucht vor den Feinden zu denken. Ansonsten fände sie womöglich noch nicht einmal den Mut, überhaupt auf ihr Pferd zu klettern. Graine war keine Kriegerin, und sie wollte auch gar keine sein. Sie war die Einzige von ihren Geschwistern, die noch nie den drängenden Wunsch verspürt hatte, auf den Schlachtrössern der Erwachsenen reiten zu dürfen. Und auch ihre Sommer auf Mona hatte sie nie damit verbracht, all die Reiterkunststücke der Krieger zu üben, bis sie wirklich jedes noch so schwierige Manöver mit Leichtigkeit reiten konnte. Vier Jahre lang hatte sie stets dasselbe Pony geritten. Das Tier liebte Graine, und sie beide waren so gut miteinander zurechtgekommen, dass man sich um Graine nie irgendwelche Sorgen hatte machen müssen.
    Mit Ardacos’ Schlachtross jedoch war sie hoffnungslos überfordert gewesen. Ausschließlich für den Krieg gezüchtet und ausgebildet und Erzeuger von zwei Dutzend hervorragenden Fohlen, war das mächtige Tier auf dem Höhepunkt seines Lebens. Es hatte kaum jemals einen anderen als Ardacos auf seinem Rücken getragen, und noch nie hatte es ein Schlachtfeld verlassen, solange man ihm dies nicht ausdrücklich befohlen hatte. Als man Graine in seinen Sattel gehoben hatte, schien das Pferd gar nicht wahrgenommen zu haben, dass das kleine Mädchen überhaupt auf ihm saß. Sämtliche Bemühungen Graines, ihm eine Marschrichtung aufzuzwingen, hatte das Tier einfach ignoriert. Vielmehr hatte es in dem Augenblick ganz danach ausgesehen, als ob es die Absicht habe, geradewegs durch den Wald zu stürmen und die römischen Reihen einfach schon einmal auf eigene Faust anzufallen - bis die Bodicea es zurückrufen würde. Als man ihm dann aber schließlich doch befohlen hatte, loszutraben und ein flottes Tempo vorzulegen, da war es in einer solch

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