Die Seherin der Kelten
würde, die Ordovizer lassen sich nicht einfach kaufen!«
»Nein. Und das wissen sogar die Römer. Aber sie haben der Frau ja auch kein Gold angeboten, sondern sie haben ihre Kinder als Geiseln genommen. Und sollte es ihr nicht gelingen, die Bodicea aufzustöbern, dann wollen sie zu jedem Vollmond eines ihrer Kinder töten. Eines von ihnen ist bereits tot. Zwei leben noch. Und die will sie nicht auch noch hängen sehen.«
Immer wieder die Kinder. Man könnte jetzt sicherlich die Götter fragen, warum sie es zuließen, dass solche Dinge passierten, aber damit würde man nur Zeit verlieren und bekäme wahrscheinlich auch keine aufschlussreichere Antwort als die, die man bereits erhalten hatte. »Hast du schon mit ihr gesprochen?«, fragte Breaca.
»Nein. Aber heute Morgen in der Dämmerung habe ich sie in ihrem Lager belauscht. Sie sprach übertrieben laut mit den Spähern der Coritani. Ich glaube, sie wusste, dass ich da war.«
»Wie viele Römer bringt sie mit?«, fragte Ardacos.
»Vier Zenturien der Zwanzigsten Legion und achtzehn Jäger vom Stamme der Coritani und...«, damit verbeugte Dubornos sich in die Richtung von Cygfa, »... eine ordovizische Kriegerin, die so viel wert ist wie zwanzig von ihnen.«
»Wie weit...«, setzte Breaca gerade an, doch dann, mit einer Aufwallung von Bitterkeit, sagte sie: »Sie sind hier.«
Sanft strich ein Windhauch durch ein nahe gelegenes Tal - nur, dass es hier keine Täler gab. Die Legionen hatten es also noch immer nicht verstanden, dass eine Tarnung, die im einen Teil des Landes gute Dienste leistete, in einem anderen Teil noch lange nicht funktionieren musste. Wenn dieses Geräusch, dieses Rauschen, also plötzlich in bewaldetem Gebiet ertönte, dann war das gleichbedeutend mit einem Fanfarenstoß, mit der die eine römische Zenturie die andere benachrichtigte.
Doch in der Aussicht auf Kampf lag auch ein gewisser Trost. Innerhalb dieses winzigen Augenblicks, in dem die Zeit für einen Moment still zu stehen schien, war Airmid bereits vergessen. Breaca tastete nach ihrem Hund und stellte fest, dass Stone bereits kampfbereit an ihre Seite geglitten war. Das raue Fell auf seinem Rückgrat hatte sich aufgerichtet, und er zitterte bereits vor lauter Verlangen, endlich wieder kämpfen zu dürfen. Ihre Klinge lag noch immer auf der Erde, an genau jener Stelle, wo Ardacos sie hingelegt hatte. Breaca bückte sich nach der Waffe, bemerkte dann jedoch, dass Airmid sie bereits aufgehoben hatte und sie ihr nun mit dem Heft voran hinhielt.
»Sie sind deinetwegen gekommen«, sagte Airmid, »und zwar nur deinetwegen. Und das mit ganzen vier Hundertschaften von Männern. Wenn du also den Wunsch haben solltest, eines sauberen Todes zu sterben, dann könnte dies die richtige Nacht dafür sein. Wenn du aber willst, dass deine Kinder überleben sollen, dann kämpfst du jetzt besser nicht, sondern bringst sie stattdessen in Sicherheit. Beides jedenfalls kannst du nicht haben.«
Doch Breaca schüttelte den Kopf. »Ich kann euch nicht mit nach Westen nehmen. Sie werden doch bestimmt sämtliche Straßen, die in Richtung Mona führen, überwachen.«
»Natürlich. Also musst du uns in den Osten mitnehmen, zumindest fürs Erste.« Airmid lächelte trocken. »Ich habe um all dies wirklich nicht gebeten, und ich habe es auch bestimmt durch nichts heraufbeschworen, das schwöre ich.«
»Ich weiß. Und auch ich will dich jetzt nicht auf diese Weise verlieren.« Ihr ganzes Leben hindurch hatte Breaca gelernt, in der Gefahr des Krieges selbst dann noch logisch und nüchtern zu denken, wenn andere dies schon nicht mehr vermochten. Das war ihre Gabe, und sie hütete sie gut, selbst in diesem Augenblick, als die scheinbare Sicherheit, die die klare Vision der Ahnin vermittelt hatte, in sich zusammenbrach und plötzlich keinen Sinn mehr zu ergeben schien. An Dubornos gewandt fragte sie: »Eure Pferde, sind sie weit weg?«
»Wir könnten sie noch rechtzeitig erreichen.«
»Gut. Ich habe das Pferd des Kuriers bei mir. Das wird sie erst einmal für eine Weile ablenken. Und wenn ich dann noch meinen Umhang auf seinen Rücken lege, auf den ja immerhin das Zeichen des Schlangenspeers gemalt ist, kann die Kriegerin der Ordovizer ihnen vielleicht wenigstens damit beweisen, dass sie sie zu der Bodicea geführt hat. Ardacos?«
Der kleine Krieger rannte bereits los. »Das übernehme ich, und ich nehme auch Graines Pony mit. Gib Graine dafür mein Pferd. Es ist besser als ihr Gaul.«
Ardacos wollte offenbar
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