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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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mit Schlagstock«, las er
erneut. Er hatte schon in der Wache angerufen: Es hatte keine Anzeige wegen
eines solchen Vorfalls gegeben. Auf Nachfrage erfuhr er, dass Adolf
Kurtzbeckers Anzeige wegen Betrugs noch unbearbeitet im Eingangskorb lag.
Schwemmer hatte sie sich unverzüglich hochbringen lassen.
    Kurtzbecker beschuldigte Johanna Kindel der
gewerbsmäßigen Scharlatanerie. Sie habe einer Frau Heinckes, Gerda, wohnhaft
usw., für die Prognose der Abiturnote ihres Enkels Florian zwanzig Euro
abverlangt, die diese auch bezahlt hatte. Frau Kindel hat daraufhin eine Zwei
vorhergesagt. Allerdings sei Florian Heinckes, was er seiner Großmutter
verschwiegen hatte, wegen häufiger, unentschuldigter Fehlzeiten die Zulassung
zur Abiturprüfung verweigert worden, sodass er das letzte Jahr würde
wiederholen müssen. Die Vorhersage der Frau Johanna Kindel sei somit von
vornherein unzutreffend gewesen und der Tatbestand des Betruges bewiesen.
    Wie Kurtzbecker an die Information gekommen war, stand
da nicht. Bisher hatte die Polizeistation Garmisch-Partenkirchen aus
verschiedenen Gründen noch keine Gelegenheit gefunden, die Zeugin Heinckes,
Gerda zu befragen, und das würde sich in den nächsten Tagen auch nicht ändern.
    Schwemmer nahm sein Handy und rief Bredemaier an. Es
läutete wenige Male, bevor sich die Mailbox meldete. Schwemmer bat um Rückruf.
    Wenn der Bredemaier so viel Zeit mit der Kindel
verbrachte, wie er Burgl erzählt hatte, sollte er etwas von der
Schlagstockattacke mitbekommen haben, die im Innenteil von einer empört aus
einem Foto starrenden Frau bezeugt wurde. Sie, gehbehinderte Hausfrau,
präsentierte sich als das Opfer, das von Frau Kindel ohne erkennbaren Grund
geschlagen worden war. Für Högewalds Journalistenehre wäre der Artikel nicht
vollständig gewesen ohne den Hinweis auf die anhängige Betrugsanzeige gegen die
Satanisten-Oma.
    Nach einem scheuen Klopfen steckte Schafmann den Kopf
ins Büro. Erst als Schwemmer ihm ermutigend zunickte, trat er ganz ein. Er
hatte einen ganzen Stapel Aktenmappen dabei, die er auf Schwemmers Schreibtisch
ablegte.
    »Alles klar?«, flüsterte er. »Oder soll ich später
kommen?«
    Schwemmer winkte ärgerlich ab. »Komm rein und red
normal. Solang du mich nicht anbrüllst, passt das schon.«
    »Das Wichtigste zuerst«, sagte Schafmann, als er Platz
genommen hatte. »Siegfried Schieb wurde heute Nacht am Hauptbahnhof Hamburg
festgenommen. Er wird uns heut Nachmittag angeliefert.«
    »Na, das ist doch mal was.« Das war eine Nachricht,
die seine Laune erst mal stabilisierte. Etwas, das er auf der Pressekonferenz
zum Besten geben konnte. »Besonderheiten bei der Festnahme?«
    »Er hat versucht zu entkommen, am Ende aber keinen
Widerstand geleistet.«
    »Ich bin sehr gespannt, was der uns erzählen wird.«
    Schafmann klappte die nächste Mappe auf.
    »Von Pollscheidt bestätigt definitiv, dass es sich bei
dem Toten um den Besitzer des Gebäudes, Walter Schieb, handelt.«
    »Wie das?«
    »Dräger hat die beiden Kiefer gefunden, und von
Pollscheidt hat den Zahnarzt gefragt.«
    »Die beiden Kiefer?«
    »Ja. Einzeln. Sie haben ziemlich weit
auseinandergelegen … Die Witwe wurde bereits informiert.«
    Schwemmer räusperte sich. »Was ist mit den Eltern von
Oliver Speck?«
    »Bei denen war ich vorgestern Abend.«
    »Du persönlich?«
    »Ja.« Schafmann wollte das Thema offenbar nicht weiter
vertiefen. Er zog eine weitere Mappe aus dem Stapel und blätterte darin.
    Schwemmer sah zum Fenster. Er versuchte, sich seine
Erleichterung nicht anmerken zu lassen, dass ihm diese Aufgabe erspart geblieben
war.
    »Das hier ist etwas kompliziert«, sagte Schafmann.
»Wir haben bei den Netzbetreibern abgefragt, ob während der wahrscheinlichen
Tatzeit am Reschberg mit Handys telefoniert wurde. Die Anzahl war einigermaßen
übersichtlich. Deinen Anruf bei der Wache konnten wir als Referenz nehmen und
so den Zeitraum eingrenzen: Außer deinem waren da oben vier Handys in Betrieb.«
    »Vier?« Das waren mehr, als Schwemmer erwartet hatte.
    »Ja, alles nicht registrierte Prepaidnummern und erst
vor Kurzem erstmals benutzt. Wir haben sie der Einfachheit halber von 1 bis 4
durchnummeriert. 1 und 2, sowie 3 und 4 haben in den letzten Tagen jeweils
untereinander regen Verkehr gehabt, aber nicht mit den jeweils anderen. Also 1
und 2 gehören zusammen. 3 und 4 gehören zusammen.«
    Schwemmer nickte. Zwei Paare, die sich
gegenüberstanden. Täter und Opfer? Wer war mit Oliver Speck dort oben

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