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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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ihm«,
sagte Schafmann.
    »Dann hat der Täter ihm das Gerät abgenommen, bevor er
ihn den Hang hinuntergeworfen hat.«
    »Apropos Handys …« Schafmann verzog den Mund. »Weißt
du, was der Mensch im Rechenzentrum gesagt hat, als ich ihn wegen der Daten
anrief? ›Noch mal das Gleiche?‹, fragt der mich. Ich sag: ›Wieso?‹ Und der
sagt: ›Das hab ich doch grad schon fürs BKA rausgesucht.‹«
    Schwemmer ließ seinen Kopf nach vorn fallen und
bewegte ihn hin und her, in der Hoffnung, so seinen Nacken zu entspannen.
    »Wann war das?«, fragte er.
    »Kurz nachdem wir Speck gefunden hatten. Vorgestern so
gegen Mittag, du warst noch zu Hause.«
    »Fixer Bursche, der Bredemaier.«
    »Mag ja sein. Aber ich hab von dem noch keine
Hilfe gekriegt.«
    »Er ist mehr ein Berater, sagte mir die Isenwald. Du
kannst sie gleich selber fragen. Sie kommt zur Pressekonferenz.«
    »Muss ich da eigentlich mitmachen?«, fragte Schafmann
unsicher.
    »Würd nicht schaden«, antwortete Schwemmer, aber er
rechnete damit, dass Schafmann eine Ausrede finden würde. Seinen Magen, zum
Beispiel. In Wahrheit war es Lampenfieber.
    »Zu der Explosion«, sagte Schafmann und öffnete die
nächste Akte. In diesem Moment läutete das Telefon auf Schwemmers Schreibtisch.
Es war die Wache.
    »Wir haben hier eine Zeugin, die sollten Sie sich
vielleicht anhören«, sagte Oberwachtmeister Demski.
    * * *
    »Wie schaust du denn aus?«, fragte Silvie. Sie
musterte Severin mit einer Mischung aus Spott und Erschrecken.
    »Was meinstn, wie i ausschau?«
    »Na, gruslig. Wie Halloween oder so …«
    »Ned wie a Satanist?« Severin verzog unzufrieden den
Mund.
    »Wie ein Satanist willst aussehen? Wieso das denn?«
    »Wenn de Leit an Satanisten brauchn, sollns eam a
kriagn.«
    »Sag mal, bist jetzt deppert, oder was? Was soll denn
das?«
    Sie standen auf dem Schulhof, an seinem Platz, und er
war sehr froh gewesen, Silvie da stehen zu sehen, als warte sie auf ihn.
    »I denk mir schon was dabei, wart’s halt ab.«
    Sie musterte ihn erneut von Kopf bis Fuß. »Na ja, der
schwarze Mantel passt schon«, sagte sie.
    »Den hab i der Großmutter ausm Schrank klaut. Was isn
mit am Make-up?«
    »Na ja, zeig mal …« Sie trat zu ihm heran und öffnete
ihre Tasche. Mit gezieltem Griff holte sie ein Mäppchen hervor, aus dem sie
einen Kajalstift zog, mit dem sie seinen Lidstrich nachzog, und Wimperntusche,
die sie großzügig auftrug. Mit einem Papiertaschentuch wischte sie noch hier
und da in seinem weiß und grau geschminkten Gesicht herum, dann nickte sie
zufrieden. »So kannst bei Marilyn Manson vorspielen.«
    »Des mach i a.«
    Er sah sich um. Natürlich hatte er die Zeitung
gelesen. Er war früh aufgestanden, hatte Danni und der Großmama Zettel
hingelegt, dass sie sich nicht sorgten. Dann war er aus dem Haus, hatte am
Bahnhof einen Kaffee getrunken und die Zeitung gelesen. Es war klar, dass es
nicht vorbei war, aber der Artikel über die Großmutter hatte ihn geschockt. Sie
hatte gar nicht erzählt, dass irgendwas vorgefallen war. Wie auch immer: Die
Lage war eine andere heute. Er hatte kein Auge zugemacht in dieser Nacht, aber
nun war er entschlossen, sein Ding durchzuziehen.
    Er würde es ihnen zeigen.
    Severin sah sich auf dem Schulhof um. Offenbar war
sein Outfit schon Gesprächsstoff. Ingas Clique stand zusammen, es wurde hämisch
gekichert und überheblich gelacht. Miriam Krußhoff stand auch dabei, die
»Leserreporterin«.
    »Jetzat pass auf«, sagte er zu Silvie und ging stracks
auf Miriam zu. Er starrte sie an, sah nicht rechts oder links. Die Arme steif
an den Seiten hängend stiefelte er in seinen Docs rücksichtslos über den
Schulhof, rempelte ein oder zwei Leute zur Seite, ohne auf deren Protest zu
reagieren. Die Mädchen bemerkten ihn, einige kreischten vor Vergnügen. Es würde
was zu lachen geben.
    Dachten sie.
    »Was willst du denn? Verpiss dich bloß«, sagte
Inga, aber er ignorierte sie völlig, was sie merklich irritierte. Er ging stumm
und starr auf Miriam zu. Er sah ihr an, dass sie wusste, was sie getan hatte,
in ihrem Gesicht arbeitete es, wahrscheinlich legte sie sich eine wütende
Rechtfertigung zurecht.
    Zwei Schritt vor ihr blieb er stehen, immer noch war
sein Gesicht völlig unbewegt, seine Augen starr. Dann hob er langsam die linke
Hand und richtete den kleinen und den Zeigefinger nach vorn auf Miriams Augen.
    »Morituram septitiam augustus finitibus omen est«,
sagte er laut mit seiner tiefsten Grindcore-Stimme. »Miriam

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