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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Goldenen an. »Imhotep konnte den Wert eines Mannes in weniger Zeit ermessen, als man braucht, um ein Kupferstück aufzuheben.« Er hob die Hand, um den aufkeimenden Widerspruch zu ersticken. »Deshalb schlage ich vor, dass wir diesem Ägypter Cheftu die Möglichkeit geben, seine Eignung zu beweisen, ehe wir heilige Eide brechen.«
    Alle erstarrten.
    »Er soll in der Pyramide geprüft werden.«
    Der Rat verstummte, Chloe wusste nichts über die Pyramidenprüfung, und niemand setzte zu einer Erklärung an.
    Sibylla? Hallo?
    »Dort wird auch Phoebus in wenigen Monden seine Eignung beweisen«, fuhr Nekros fort. »Und dort hat vor vielen Sommern Spiralenmeister seine Fähigkeiten bewiesen. Es ist durchaus angebracht, dass wir Cheftu auf die Probe stellen, denn schließlich ist er uns unbekannt. Der Aufsteigende Goldene hat das klugerweise angeführt. Doch sollte man Cheftu erlauben, sich zu verteidigen.«
    Dion erhob sich. »Ich bin Nekros’ Meinung.«
    »Wenn ihr die Ansicht des Oberhauptes aus der Sippe des Steines teilt, dann hebt euren Stab«, kommandierte Hreesos.
    Sechs Stäbe wurden erhoben, und Chloe beeilte sich, ihren ebenfalls hochzureißen. Sie hoffte, dass sie damit das Richtige tat.
    »Schon wird ein Fest vorbereitet, mit dem wir den Spiralenmeister willkommen heißen wollen«, sagte Zelos.
    »Seine Prüfung soll am Tag darauf beginnen.«
    »Wir sollten ihn lieber nicht prüfen, solange der Dampf der Trauben noch über seinem Kopf hängt«, kommentierte Talos. Alle Anwesenden, bis auf Phoebus, lachten und wandten sich dann anderen Dingen zu.
    Cheftu, o meine Liebe, ich kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen!
    Chloe schlüpfte in die gesteppte Jacke, berührte kurz ihren Sippen-Anhänger und fragte sich zugleich, ob dieser ägyptische Cheftu wohl ihr ägyptischer Cheftu war. Hoffnung pulsierte in ihren Adern, darum redete sie sich eindringlich zu, um ihre Vorfreude zu dämpfen. Ihres Wissens war der Name Cheftu in Ägypten so weit verbreitet wie »John« oder »David« in den Vereinigten Staaten. Vielleicht war dieser Cheftu ein alter
    Knacker mit rheumatischen Gliedern und einer Warze auf der Nase!
    Doch in Anbetracht der Dinge, die sie über ihn gehört hatte, war sie überzeugt, dass es sich um ihren Cheftu handeln musste.
    Denn wenn es ihr Cheftu war - wäre er dann überrascht, sie zurückzubekommen? Entsetzt? Glücklich? Sei nicht albern.
    Er hat dich geliebt und liebt dich immer noch. Es wird paradiesisch! Chloe schüttelte den Kopf, um ihn klar zu bekommen, und begann, Bleiglanz unter ihre Augen zu streichen.
    Sie zitterte zu stark, darum musste sie alles abwischen und noch einmal von vorne anfangen. Cheftu war hier. Chloe rieb sich Ocker auf die Lippen. In ihrem bauschigen Rock, der be-steppten Schürze und dem offenen Mieder sah sie so ungewohnt aus, dass sie sich selbst nicht wiedererkannte. Auch wenn sie Sibyllas Haut trug, so bewegte sich doch ihr Körper darunter. Helle Augen waren hier nicht so selten wie in Ägypten, es gab auch andere grünäugige Frauen. Würde Cheftu sie wiedererkennen? Sie würde ihm als Sibylla vorgestellt, doch würde er die Chloe darunter entdecken?
    Eine Besucherin wurde ihr angekündigt; Chloe drehte sich um und konnte nur mit Mühe den Mund zubehalten. Der Kontrast von kastanienbraunem Haar und heller Haut wirkte einfach atemberaubend. Chloe hatte ihre pergamentweiße Haut früher gehasst, doch bei dieser Frau war die Haut eher milchigweiß und leuchtete wie Alabaster. Das Erstaunlichste an ihr waren allerdings die veilchenblauen Augen; sie hatten denselben Weit-weg-in-einem-Zauberland-Blick wie Boticellis Frauen.
    Sibylla streckte den Kopf durch die Tür in ihrem Geist, warf einen kurzen Blick auf die Frau, sagte: Vena. Och! und knallte die Tür wieder zu.
    Offensichtlich waren die beiden Frauen nicht gerade befreundet. Warum also war sie hier?
    »Wie war deine Höhle während der letzten Schlangenzeit, Sibylla?«, fragte Vena.
    »Ganz ... gut«, erwiderte Chloe lahm. Sibyllas geistige Tür war verrammelt und verriegelt, also nahm sie an, dass keine große Gefahr drohte. Vena kam in das Zimmer geschlendert und fuhr mit ihren Händen über Chloes Sachen. Wie eine Katze, die mein ganzes Zeug markiert, dachte Chloe.
    »Ich nehme an, dir ist bekannt, dass ich Nestor verlassen habe«, sagte sie.
    »Mein, äh, Mitleid«, antwortete Chloe auf gut Glück.
    »Also werde ich bei dem Rennen gegen dich antreten, Iii?«
    »Iii, bei dem Rennen.«
    »Genau. Dem Rennen.« Sie

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