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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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bin?
    Die Leibeigene beendete ihre Massage, legte einen Umhang über Chloes Schultern und half ihr auf.
    »Willst du nicht mal was anziehen?«, fragte Selena. »Der Rat tritt gleich zusammen, Sib.«
    Chloe gab sich alle Mühe, ihre Stimme nicht zittern zu lassen. »Wird der neue Spiralenmeister auch da sein?«
    Selena lachte. »Um das zu erfahren, musst du schon hingehen.«
    Chloe drehte sich um und beobachtete, wie Selena angesichts ihrer veränderten Erscheinung die Augen erst aufriss und dann zusammenkniff. »Bei Kelas Röcken, was ist mit dir passiert?«
    Meine Augen, dachte sie. »Wa-was meinst du?«
    »Dein Gesicht ist ... Also, Sibylla, ich will ja nicht unhöflich sein, aber es kommt mir flacher vor.«
    »Flacher?«
    »Ja, deine Nase ... also, sie sieht kleiner aus.« Selena kam auf sie zu, das keineswegs flache Gesicht voller Sorgenfalten. »Wo hast du dieses Zeichen auf deinem Kinn her?« Unsicher berührte Chloe das winzige Grübchen in ihrem Kinn. »Ich dachte immer, deine Augen sind blau. Jetzt kommen sie mir grün vor.« Selena kreuzte den Arm über ihren üppigen, nackten Brüsten. »Verzeih mir, meine Freundin, aber du siehst eindeutig aus, als würdest du unter einem schlechten Stern stehen.«
    Zutiefst beleidigt erhob sich die wahre Sibylla in ihrem Inneren, und plötzlich fiel es Chloe wie Schuppen von den Augen. In diesem Imperium waren eine riesige Hakennase und ein fliehendes Kinn das Nonplusultra. Und sie besaß beides nicht. Zwar hatte sie ihre Nase immer für groß gehalten, doch war sie schmal und lang und frei von allen Haken. An guten Tagen hätte sie ihr Kinn lediglich als energisch bezeichnet; fliehend war es auf keinen Fall. Sie starrte Selenas Nase an und spürte, wie sie rot wurde.
    Akra war das Wort sowohl für Nase als auch für Spitze. In Aztlan glaubte man, dass die Grösse der Nase analog zur sexuellen Leistungsfähigkeit stand. »Je größer, desto besser«, bekam plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Blinzelnd besah sie sich das mächtige, doch schön geschnittene Exemplar in Selenas Antlitz. All die Wandmalereien, all die Bilder, deshalb hatte darauf jeder einen Riesenzinken.
    »Du Ärmste.« Selena schloss Chloe in die Arme. »Ich bin herzlos! Sehen wir mal, was wir tun können, wie du dich kleiden kannst, damit nicht alle auf . nun, auf dein Gesicht schauen.«
    Chloe war nicht beleidigt. Nicht wirklich. Sibylla hingegen zog sich, nachdem sie ihre ehemalige Freundin verflucht hatte, in ihre geistige Kammer zurück und knallte die Tür hinter sich zu. Kein gutes Zeichen, dachte Chloe. Selena schnippte nach der Leibeigenen. »Ich habe gehört, dass du dieses Jahr ganz ungewöhnliche Voraussagen getroffen hast. Vielleicht haben deine Tränen dies deinem Gesicht angetan?«

Rhinoplastik im Schlaf.
    Chloe verkniff sich die Erklärung, dass sie in ihrer eigenen Haut und Zeit als durchaus ansehnlich gegolten hatte und dass nicht in jeder Zivilisation ein fliehendes Kinn und ein Riesenzinken für schön gehalten wurden, sondern konzentrierte sich stattdessen auf das Ritual des Ankleidens. Gemeinsam wählten sie einen Rock in Weiß, Blau und Safran aus. Vier Lagen waren rund herum bestickt, die fünfte senkte sich in einer Spitze über die Knie, und um Chloes Hüften und Taille wand sich fest eine gesteppte blaue Schürze mit goldenen Fäden. Selena missbilligte das schmucklose Hemd und verkündete, dass seit Kelas Ankunft kein Mensch mehr diese albernen Dinge trage. Wenig später stand Chloe in einer Jacke mit blau und gold durchwirkten, gesteppten Ärmeln vor dem Spiegel und starrte ihre nackten Brüste an. Selena drehte sie um und schnürte sie in einen Bauchzwinger, der gleichzeitig als Wonder-Bra und Gürtel diente und etwa so bequem war wie eine Zwangsjacke.
    Ihre Brüste kamen ihr obszön vor, vor allem nachdem die Spitzen gold getönt worden waren. Das schwere Medaillon ihrer Sippe hing genau über dem Brustansatz, und die Leibeigene suchte ihr noch weitere Ketten sowie ein, zwei Fußketten aus demselben Mattgold heraus.
    Danach spielte die Leibeigene scheinbar für Äonen mit Chlo-es Haar. Schließlich entschied sie sich dafür, es aus Chloes Gesicht zu kämmen und über den Ohren zu zwei lockigen Ranken zu formen. Ein Band aus Mattgold lief über ihre Stirn, sodass ein, zwei kürzere Locken in ihr Gesicht fielen. Der Rest wurde mit blauen und goldenen Perlen durchwebt, geflochten und zurecht gedrückt. Als das Mädchen endlich fertig war, hatte Chloe das Gefühl, ihr Haar

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