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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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würde. Niko hatte jedes Fleisch abgelehnt, den Blick in weite Ferne gerichtet.
    Jetzt humpelte Talos vor, um den Jubel des Hofes und das Versprechen des Rates entgegenzunehmen, man werde die Produkte seiner Sippe das restliche Jahr gratis verteilen.
    Phoebus war klar, dass er nun an der Reihe war. Sein Leben lang hatte er sich auf diesen Moment vorbereitet. Adrenalin brannte wie Feuer in seinen Adern, und er schlüpfte die Treppen hinab, wo die Priester ihn erwarteten. Er wurde nackt ausgezogen, sein Glied zu ganzer Pracht massiert, sein Haar gelöst und der rituelle Stiefel bis zur Wade an seinem Fuß festgeschnürt. Den traditionellen Stiefel zu tragen war eine Herausforderung und das Einzige, worauf er nicht vorbereitet worden war.
    Man reichte ihm die kurze zeremonielle Klinge und ein Doppelrundschild. Priester scheuchten den Stier in den Ring draußen, während die Adeligen zuschauten, wie der Aufsteigende Goldene in stolzer Nacktheit aus der Ratskammer hinaus und durch die Obsidiantunnel nach unten marschierte, hinab in den eigentlichen Stierkampfring.
    Phoebus blieb stehen, während Lob und Blüten auf ihn herabregneten. Die Menge war eine von der Sonne umzeichnete Linie aus Hügeln und Winkeln. Die Stiertänzer, Waisenkinder, hatten die Zuschauer zuvor im Ring unterhalten, und Blutschmierer auf dem Sandboden zeugten noch davon, wie aufwühlend dieses Intermezzo gewesen war. Phoebus drehte sich um und sah den Stier hinter seinem Gatter stehen. Er spannte die Muskeln an und machte dann eine Kinnbewegung zu den Priestern hin. Er war bereit.
    Wenn er unverletzt überlebte, würde er sich weiteren Prüfungen unterziehen müssen, denselben Prüfungen, die Spiralenmeister Cheftu über sich hatte ergehen lassen müssen. Sobald er auch diese bestanden hatte, würde er zum Geheiligten erhoben und ein Jahr lang in völliger Abstinenz seine königlichen Pflichten erlernen: ohne Fleisch, ohne Wein, ohne Sex. Seine Energie wäre auf ein einziges Ziel gerichtet. Er würde der Lust des Fleisches entsagen - bis auf die Begattung Ileanas, insoweit man dabei von Lust sprechen konnte. Auf diese Weise würde er seine Würdigkeit als Hreesos beweisen, als Goldener, gereinigt und dazu ausersehen, Aztlan zu dienen. Erst durch diesen Prozess wuchs ein Mensch über die reine Sterblichkeit
    hinaus.
    Heute jedoch konnte er töten, sich paaren und feiern.
    Der Stier stürzte auf ihn zu, und Phoebus wich zur Seite aus, wobei er das Untier im letzten Augenblick mit den reflektierenden Sonnenstrahlen auf dem Heft seiner Klinge ablenkte. Phoebus ließ seinen Schild fallen und klemmte das kurze Messer zwischen die Zähne. Sie umkreisten einander, maßen einander ab, und zwischen den braunen Kuhaugen und den hellen Menschenaugen schwebte die unausgesprochene Erkenntnis, dass nur einer von beiden diesen Ort lebend verlassen würde. Die Sonne stand schräg am Himmel, die Hitze sammelte sich in den Wänden aus schwarzem Lavagestein. Phoebus achtete darauf, die Sonne in seinem Rücken zu behalten, um den Stier zu blenden, doch der Stier war zu schnell, sodass oft Phoebus der Geblendete war.
    Der Stier griff erneut an und trieb Phoebus in die Ecke. So wie es Phoebus ein Leben lang geübt hatte, packte er den Stier bei den Hörnern, schwang sich mit der Aufwärtsbewegung des Stierkopfes nach oben, flog über den Rücken und landete mit einem Überschlag auf dem Boden. Er war eine » Welle, die sich am Ufer bricht«. Der Stiefel nahm seinen Bewegungen ein wenig Eleganz, doch das merkte niemand. Die Menge war außer sich, und einen Atemzug lang badete Phoebus in den Lobgesängen auf seinen Namen. Der Stier griff an, und Phoebus setzte über seinen Rücken.
    Wieder kam das Tier mit gesenkten Hörnern auf ihn zu, und diesmal deutete Phoebus eine Finte an, ehe er sprang und leichtfüßig auf der anderen Seite des Stieres landete.
    Allmählich gewöhnte er sich an den Stiefel, das Ungleichgewicht begann sich normal anzufühlen, sein anderes Bein glich die Behinderung aus. Die Begeisterung der Menge kochte in seinen Adern, während er sich abrollte und auswich oder sich über den mächtigen Rücken des Tieres warf.
    Schweiß blendete ihn, und Phoebus wischte sich über die
    Stirn, wodurch ihm nur ein Augenzwinkern lang Zeit blieb, dem Stier auszuweichen, und er gezwungen war, während des Angriffs unter dem Tier hindurchzurollen.
    Die Menge war außer sich, und ein Regen von Blütenblättern ging in der Arena nieder.
    Phoebus war so hart, so voll, dass er

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