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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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nicht erinnern, sie hinaufgestiegen zu sein. Das Einzige, woran sie sich erinnerte, war, dass sie Sele-nas Hand gehalten hatte, während das Leben aus ihren Augen gewichen war, und an Atenis’ ersticktes Schluchzen im Hintergrund. Chloe kniff die Lippen zusammen. Arme Selena.
    Dion stand in der Dunkelheit, weshalb nur sein Lächeln und das Weiße seiner Augen zu sehen waren. Sie stieg zu ihm hinab, und er legte eine Jacke mit freier Brust über ihre Schultern. Chloe streifte sie über, während er ihr einen mehrlagigen Rock reichte. Sie schlüpfte hinein und versuchte, das Oberteil festzustopfen. »Das ist egal, komm mit«, sagte er.
    Wie Skia glitten sie von Schatten zu Schatten, bis sie unter ihren Füßen den mit Kies bestreuten Betonweg spürte. Dion legte einen Arm um ihre Taille und zog sie gegen die Wand. Erst kamen Stimmen, dann Menschen. Chloes Herz begann heftig zu pochen, und sie fragte sich, wieso er so geheimnisvoll tat.
    Verstohlen schlichen sie aus dem Tempelkomplex hinaus, am Tempel der Schlangengöttin vorbei und auf das Gelände des Palastes zu. Hunderte vergnügten sich dort, tanzend, trinkend und knutschend. Dion zog sie hinter einen Oleanderbusch, und sie stürzten zu Boden. Chloe stöhnte auf, als ihr Rücken auf die nur dünn gepolsterte Grasnarbe prallte. Was ging hier vor?
    Dion ragte über ihr auf, die blanke Brust gegen ihre nackten Brüste gepresst. Ohne jeden Zweifel war er einer der erotischsten Männer, die sie je gesehen hatte, doch zwischen ihnen kam absolut keine Spannung auf.
    »Phoebus würde dich am liebsten ein zweites Mal von der Pyramide stoßen«, raunte er. Chloe versuchte sich aufzusetzen, ihm ins Gesicht zu sehen, doch er hatte seine Lippen an ihrem Ohr und flüsterte weiter auf sie ein. »Wieso musstest du so etwas sagen? Wieso hast du das getan?«
    »Ich .«
    »Sag nichts. Jeder hält dich für tot. Vielleicht ist es am besten so. Du kannst später wieder zum Leben erwachen. Phoebus ist außer sich. Und Hreesos auch. Kela-Ileana behauptet, du hättest die Göttin beleidigt.«
    Chloe erbleichte. Ein wütender Zelos wäre kein angenehmer Anblick; und man konnte sich darauf verlassen, dass Ileana die Tatsachen so lange zurechtbiegen würde, bis sie ihr genehm waren. Wo war Cheftu?
    »Atenis ist bereit, dich heimlich fortzubringen«, sagte er.
    Sie nickte nur.
    »Warum lehnst du ab? Bist du von Sinnen?«
    Diese verfluchten umgekehrten Gesten, dachte sie. Ich bin wirklich durch den Wind. Hektisch schüttelte sie den Kopf.
    »Sehr klug«, urteilte Dion. Sein Mund schwebte über ihrem Schlüsselbein, und obwohl ihrer Nähe jede sexuelle Spannung fehlte, war Chloe die Situation doch mehr als unangenehm.
    Sie rollte sich herum und drückte ihn zu Boden. Seine Hände schlossen sich wie von selbst um ihre Taille, und sie widerstand dem Drang, sie wegzuschlagen. »Ich habe ja gesagt. Wohin bringt sie mich und wie lange soll ich dort bleiben?«
    Seine Augen waren dunkel wie die Nacht, und sein Mund strich über ihre Wange. »Noch heute Nacht bringt dich Atenis nach Prostatevo.«
    Phoebus’ neue Stadt, dachte sie. Die gute Atenis! »Kann ich mich als Künstlerin ausgeben?«
    »Wenn du möchtest.«
    Gott sei Dank, endlich nicht mehr als Herrin einer Sippe die Zielscheibe abgeben müssen!
    »Falls dir jemand Fragen stellt, behauptest du, dein Mann sei bei dem Ausbruch verschüttet worden. Weil du in Trauer bist, warst du nicht bei den Feiern. Du wirst eine Tätowierung tragen, damit niemand Verdacht schöpft.«
    »Soll sein.«
    »Dort bleibst du ein, zwei Tage, bis Phoebus’ Zorn sich abgekühlt hat.«
    Was würde sie während dieser Zeit verpassen?
    Hatte sie keinen Pflichten nachzukommen? Chloe wollte eben den Mund aufmachen, um diese Fragen zu stellen, als jemand Dion erkannte. Schnell ließ sie sich auf die Brust des Stammesoberhaupts sinken, in der Hoffnung, den Eindringling auf diese Weise von weiteren Fragen abzuhalten.
    »Bei den Göttern, Mann, kannst du nicht einmal eine Nacht an dich halten? Cheftu ist außer sich, und er macht sich Sorgen«, sagte Nestor.
    Chloe erstarrte. Sie wollte sich lieber nicht ausmalen, was Cheftu tun würde, wenn er von diesem Anblick erfuhr.
    »Grüße, Spiralenmeister.«
    War das Einbildung, oder hatte Dion den Namen praktisch gegurrt?
    »Grüße, Oberhaupt«, erwiderte Cheftu.
    Chloe hätte vor Zorn aufschreien mögen. Das sah nicht gut aus. Sie und Dion lagen mit verhedderten Beinen da wie zwei Teenager im Nahkampf. Hau ab!, dachte sie.

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