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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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ihre Blütenblätter essen, vielleicht würde sie dann vergessen. Wenn er das nur könnte.
    Chloe und Dion.
    Phoebus erhob sich von seiner Liege; die Priester standen um ihn herum. Von heute an würden ihn die Tempel tänzerinnen ein volles Jahr allein auf seiner kalten Liege schlafen lassen. Diese Zeit der Selbstverleugnung würde ihm Disziplin verleihen, ihn Selbstaufopferung lehren, zwei Eigenschaften, die Hreesos brauchte. Wie sein Vater Zelos dieses Jahr überlebt
    hatte, war ihm ein Mysterium.
    Er küsste jede der Frauen, am längsten die bleiche, dunkelhaarige. Doch es war nicht Irmentis. Wenigstens hatte er sich in sie ergossen. Ileana würde nicht unter seinem Samen anschwellen. Die Frauen zogen ab, und die Priester nahmen ihre Positionen ein, in denen sie ein Jahr lang über ihn wachen würden. Phoebus’ Kopf schmerzte von dem zum Fenster hereindriftenden Gesang, mit dem die Stiere geweckt wurden.
    Der zarte Duft verglühender Kräuter schwebte von Kelas Tempel heran. Er sah die Sonne aufgehen und musste an Irmentis denken, die jetzt ganz allein zum Schlafen in die Dunkelheit hinabstieg. Ihre Worte »Heirate eine andere« hallten ihm immer noch im Kopf. So sehr er sich auch bemühte, Phoebus konnte keine Falschheit darin entdecken. Wollte sie tatsächlich, dass er sie vergaß?
    Er schnippte nach einem Bad.
    Einen Dekan später saß er gerade vor seinem Wasserspiegel, als er einen Jungen lachen hörte und sich hoch erfreut umdrehte. Eumelos stakste steif in seiner bestickten Tunika heran, und Phoebus grinste, als er den rasierten Kopf und den schmerzhaft straffen Zopf des Kindes sah. »Ich danke dir, dass du mir die Ehre erweist, kleiner Prinz«, sagte Phoebus und ging in die Hocke, um auf gleicher Höhe mit seinem Lieblingssohn zu sein. Der Maeemu auf Eumelos’ Schulter schnatterte, dann sprang er hinunter und hüpfte über den Boden zum Tisch hin, wo das Essen bereitstand.
    »Ich liebe dich, Pateeras«, sagte Eumelos. »Mutter hat mir den Zopf zu fest gebunden.« Seine dunkelblauen Augen tasteten den Raum ab, auf der Suche nach einer Frau, die ihm helfen konnte. Schließlich wandte er sich wieder an seinen Vater. »Kannst du ihn losmachen?«
    Phoebus lockerte den formellen Zopf, den Kassandra geflochten hatte. Sie war Mutter von dreien seiner Kinder, doch zu Eumelos war sie am strengsten.
    »Besser?«, fragte Phoebus.
    »Ja, Pateeras.« Eumelos lief los und sprang auf das Bett, wo er eine neue Komposition sang, in der Phoebus’ Sieg über den Stier gefeiert wurde. »Mutter hat gesagt, ich würde nie in Apis’ Blut stehen«, sagte er, wobei er mit dem Saum von Phoebus’ Umhang spielte. Der Maeemu übernahm das Spiel und zupfte an den vergoldeten Federn. Der Leibeigene hechtete auf das winzige graue Tier zu und nahm es mit einem entnervten Seufzen hoch.
    »Das stimmt.« Phoebus biss sich auf die Lippen und wünschte, er könnte Kassandra zum Schweigen bringen. Sah sie denn nicht, wie verletzend ihre Worte waren? Och, Eumelos, dachte er. Würdest du dich auf diesen Tag freuen, wenn du wüsstest, dass du dann an meiner Stelle stehen würdest? »Du hast andere Pflichten. Dazu bist du zu früh geboren, mein Sohn. Betrachte es als eine Gunst Apis’.« Er strich mit der Hand über den schmalen braunen Knabenrücken. Eumelos war schon groß, aber noch dünn. Genau wie ich damals, dachte Phoebus.
    »Wieso hast du dann eine Insel nach mir benannt?«
    »Alle Prinzen sollen auf irgendeine Weise unsterblich sein. Bei meiner Geburt hat Zelos den Berg Apollo nach mir umbenannt .«
    »Und wieso habe ich keinen Berg gekriegt?«, fragte Eumelos skeptisch.
    »Weil keiner mehr übrig war, du Frechdachs«, antwortete Phoebus. »Stattdessen hast du eine ganze Insel bekommen.« Nach meinen anderen Kindern würden nur Bäche oder Strände benannt, dachte er. Nimm das Wenige, das ich dir geben kann.
    Eumelos zuckte zufrieden mit den Achseln. »Kann ich heute mit dir kommen?«
    »Nein. Du musst deine Mutter begleiten, Sohn.«
    Eumelos stöhnte. »Die redet doch ständig nur über Kleider und andere Männer und Frauen. Das ist so langweilig! Muss ich wirklich?«
    »Es ist so Brauch. Du musst unsere Bräuche befolgen; sie sind das Rückgrat Aztlans.«
    Unglücklich, aber gehorsam schüttelte Eumelos den Kopf. Phoebus umarmte ihn und schob ihn dann zurück zu dem Leibeigenen. Kennst du unsere Bräuche überhaupt, Sohn? Wärst du fähig, diesem Tag unverzagt ins Antlitz zu sehen?
    Mit einer angewiderten Grimasse setzte der

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