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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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vergiftet; dann beobachtete sie, wie die Kela-Ata die Rhytone tauschte, als Ileana ihr scheinbar den Rücken zukehrte. Die gerissene Skeela hatte also Verdacht geschöpft! Doch sie hatte nicht ahnen können, dass Ileana mit dem Misstrauen der Priesterin gerechnet und den vergifteten Wein vor ihrem eigenen Platz abgestellt hatte.
    Gleich darauf war eine Muschelsucherin in den Raum getreten. Ileana hatte ihr ein Messer an die Kehle gesetzt und die frei gewordene Position angeboten. Im Austausch gegen ihr Schweigen und gegen ewige Komplizenschaft würde Ileana sie zur Kela-Ata machen. Sie würde nie wieder etwas von ihr fordern. Obwohl der Rat geteilter Meinung war, billigte er schließlich die Nachfolgerin. Das war vor vielen Sommern gewesen, doch an ihrem Verhältnis hatte sich nichts geändert.
    »Ich trage möglicherweise ein Kind in mir«, verkündete Ilea-na.
    Embla, die Kela-Ata, drehte sich langsam um. Sie war so aberwitzig fett, dass jede Bewegung sie ungeheure Kraft kostete. Durch das Essen hatte Ileana sie in der Gewalt; die Kela-Ata fraß sich allmählich zu Tode. Ileana fragte sich kurz, ob sie der Grund dafür war, dass die Kela-Ata sich selbst hasste, ob sie dadurch, dass sie die Frau gebeugt hatte, ein Phantom in ihrem Geist von der Kette gelassen hatte. Nichtsdestotrotz war dieser Selbstmord auf Raten ihr nützlich.
    »Du hast Phoebus also schon vorab verführt?«, fragte die Hohepriesterin.
    »Du Närrin. Du weißt, dass er mich hasst.« Ileana setzte sich. »Gib mir ein Elixier, einen Trunk. Hilf mir, dass der Same meines Geliebten in mir Wurzeln schlägt!«
    »Du hast zwei Kinder gehabt, Ileana. Du weißt, dass du auf Monde hinaus nicht sicher sein kannst, ob du schwanger bist!«
    »Meine jüngste Tochter ist siebzehn Sommer alt, Embla.«
    »Das stimmt, doch seit ihrer Geburt haben wir mit Kräutern eine weitere Empfängnis verhütet.«
    »Und wenn dadurch der Samen gehindert wird, in mir zu wurzeln? Was ist, wenn Phoebus selbst Kräuter einsetzt oder sich zurückhält? Wir haben das Megaloshana’a. Bis zur Ernte muß ein Kind in meinem Bauch wachsen! Mein ...« Ileana biss sich auf die Lippe und lehnte sich zurück. »Tu etwas.«
    Embla wuchtete sich hoch. »Du bist eben von der Liege deines Geliebten aufgestanden?«
    Ileana verkniff sich die Bemerkung, dass sie niemals die Liegen ihrer Geliebten teilte, die Männer kamen stets zu ihr.
    »Der Same muss in deinem Leib bleiben. Dreh dich um.«
    »Um?«
    »Genau. Den Kopf zum Boden und die Füße in die Luft.«
    Ileana zögerte, und Embla zuckte mit den Achseln. »Iii, vielleicht ist es dir doch nicht so wichtig, wie du behauptest.«
    Innerlich brodelnd, drehte Ileana sich auf der steinernen Bank um, sodass ihr Kopf auf dem Boden ruhte und ihre Beine in die Luft ragten. Das Blut schoss ihr in den Kopf; sie konnte nur hoffen, dass sie ihre Würde nicht umsonst opferte. Bitte, Kela. Lass mich schwanger sein. »Wann kannst du es feststellen?«
    Embla knabberte an einer Garnele. »Bis zu deinem nächsten Blutmond ist überhaupt nichts sicher.«
    »Soll ich etwa bis dahin auf dem Kopf sitzen?«, fragte Ileana.
    »Ich werde dir Alraune zum Trinken geben. Iss zu jeder Mahlzeit ein Ei. Das wird dich fruchtbarer machen.«
    »Embla«, sagte Ileana gepresst, »ist dir klar, wie viele junge Frauen mich in diesem Sommer herausfordern werden? Du solltest es wissen, denn ich bin die Einzige, die dich noch für eine gute Kela-Ata hält. Wenn ich verstoßen werde, wird das auch dich treffen.«
    »Also müssen wir deine Gegnerinnen aus dem Weg schaffen.«
    Ileana setzte sich auf. »Ich kann nicht jede Cousine ermorden, die gegen mich antreten darf.« Sie rieb sich den Nacken. »Ich bin zwar die Himmelskönigin, doch ich stehe nicht über dem Rat. Nicht in dieser Frage.«
    Die Kela-Ata lächelte. »Kein Mord. Aus dem Weg schaffen muss nicht so extrem sein.«
    Ileanas Augen wurden schmal. »Zuallererst kommt das Rennen.«
    »Wen fürchtest du am meisten, Herrin?«
    »Vena, Sibylla. Selena.«
    Embla spannte den Kiefer an, bis ein leichtes Zittern durch ihre vielen Kinns lief. »Selena ist Nachfolgerin der Kela-Ata. Sie hätte bestimmt das Zeug dazu.«
    »Es gibt noch andere, aber diese drei sind meine stärksten Gegnerinnen.«
    »Allen dreien verleiht Kelas Geist Macht, Herrin.«
    »Doch bestimmt nicht mehr als dir?«
    »Nein, nein«, widersprach Embla, ein wenig zu hastig, wie es
    Ileana schien. »Ich werde meine Tafeln zu Rate ziehen und sehen, was wir tun

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