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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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können.«
    »Verlier keine Zeit dabei. Und sorge dafür, dass keine anderen Frauen teilnehmen. Gegen diese drei werde ich beim Sonnwendfest laufen. Du musst mir nur versichern, dass es keine Überraschungen geben wird.«
    Embla lächelte. »Sibylla läuft nächste Woche bei einem großen Fest. Sollen ihre Gegnerinnen verlieren?«
    »Gut, meine Kela-Ata. Sibylla soll sich in einem falschen Gefühl von Schnelligkeit und Behändigkeit sonnen. Erhöhe sie, damit ich sie voller Genuss in den Staub stampfen kann.«
    »Wäre ein gebrochener Knöchel zu viel?«
    Ileana schnappte sich eine von Emblas Garnelen. »Ich glaube, das wäre perfekt.«
    Phoebus rannte los, duckte sich unter dem Schwingbalken durch, wich der kniehohen Klinge durch eine Finte nach links aus und setzte im letzten Augenblick über die schulterhohen Stacheln. Er rollte sich ab und wirbelte herum.
    »Zu spät«, entschied Garu, sein Ausbilder.
    Phoebus sah ihn an. »Wieso?«
    »Er hat dir den Bauch aufgeschlitzt, als du dich umgedreht hast.«
    Widerwillig schüttelte Phoebus den Kopf, um ihm Recht zu geben. Der zwölfjährige Junge lächelte. »Für dich ist es leicht«, sagte Phoebus. »Du reichst mir nur bis zur Brust. Ich habe wesentlich mehr zu schützen.«
    »Das ist wahr, Herr. Allerdings musst du diesen Tanz nur ein einziges Mal überstehen.« Der Junge wandte den Blick ab und wies die Diener an, die Hindernisse neu anzuordnen. Schon recht, dachte Phoebus. Ich tanze nur einmal, du dagegen, bis du stirbst. Der Stiertanz war als Kind soviel leichter gewesen -hochspringen, ausweichen, aufsitzen.
    Phoebus stand auf und kehrte auf seine Markierung zurück.
    Es waren nur noch wenige Monde bis zur Zeremonie des Werdenden Goldenen. Auch dabei musste er sich, so wie in allen anderen Lebensbereichen, jedem anderen Mann in Aztlan überlegen zeigen. Körperlich gesund, beweglich im Geist und in den Gliedern. Sein Geburtsrecht verlangte, dass er beweglicher war als ein Zwölfjähriger mit dem Verstand eines Skolomanti-kers. Jede Facette seiner Persönlichkeit würde geprüft. Und zum Schluss seine Selbstbeherrschung: Über ein ganzes Jahr hinweg.
    Er verzog das Gesicht und kniete nieder.
    »Jetzt!«
    Phoebus setzte über die kniehohe Schranke, rollte sich dann unter dem schulterhohen Schwingbalken hindurch. Von rechts und links schossen Dornen auf ihn zu, und er erstarrte, als sie ihn um Fingerbreite verfehlten. Von einem Brüllen aufgeschreckt rannte er los und ging zwischen den Hörnern des nachgebauten Stieres in Deckung. Er wurde in die Luft geschleudert und rollte ab. Phoebus wusste, dass er tot war.
    Garu stoppte die Übung und kniete neben ihm nieder. Der Aufsteigende Goldene keuchte schwer, und Schweiß ließ das Haupthaar auf seinem Rücken kleben.
    »Du machst vor allem einen Fehler«, eröffnete ihm sein Ausbilder. »Du fällst nicht schnell genug.«
    »Kann sein. Aber wie kann ich mich verbessern?«
    »Stell dir vor, deine Glieder seien flüssig, jeder Muskel muss mühelos und ohne jede Anstrengung in den anderen greifen. Deine Bewegungen müssen wie eine Welle fließen. Wenn der Stier auf dich zukommt, schleuderst du deinen Rumpf nach vorne und ziehst den Rest deines flüssigen Körpers in einem weiten Bogen nach. Stell dir das bei jeder Übung vor, Herr.« Garu sah ihn mit düsterer Miene an, die in seinem Knabengesicht besonders verstörend wirkte. »Du hast diese Übung vernachlässigt. Wenn du nicht besser wirst, wird man dich am Tag deiner Krönung begraben und betrauern.«
    Phoebus brauchte gar nicht erst zu hören, dass man ihn außerdem als den ersten Olympier schmähen würde, der den Kampf nicht bestanden hatte. Wie hatten die Wochen und Monde so schnell vergehen können?
    »Wann kann ich den Apis sehen?«
    »Die Stiere sollen in Kürze aus Ägypten eintreffen, Herr. Du wirst noch vor mir von ihrer Ankunft erfahren.« Der Ausbilder erhob sich wieder. »Übung, Goldener. Allein durch Übung kannst du dem Tod entgehen.« Er deutete auf die übrigen Leibeigenen und ließ Phoebus allein.
    Garu hatte seine Frage nicht beantwortet.
    Mit finsterer Miene trat Phoebus an die hängenden Ringe. Er zog sich hoch und brachte dann die Knie unters Kinn. Eine Welle, er war eine Welle. Er rollte sich zu einem Ball zusammen und streckte sich dann wieder. Zu langsam.
    Er richtete sich auf, kauerte sich zusammen und drehte sich wieder um. Im Geist sah er das Meer zu hohen Wellen aufbrodeln und gleich darauf wieder flach werden. Phoebus streckte sich, kauerte

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