Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
Zechbruder, für den Sie große Sympathie empfinden, in Erinnerung bewahren.«
Sie standen schon wieder am Eingang des Gasthofs, als Traian Gerald erlaubte, sich wieder seiner Umgebung bewusst zu werden. Zuvor hatte er ihm Erinnerungen an Gelächter und den langsam in ihm aufkeimenden Gedanken eingepflanzt, dass die anderen Mitglieder des Geheimbundes nur an seinen finanziellen Beiträgen interessiert waren und sich über ihn lustig machten. Sie klopften sich auf die Schulter wie gute alte Freunde, und Gerald stolperte die Treppe zu seinem Zimmer hoch. Traian wartete, bis Gerald nicht mehr zu sehen war, bevor er zu Joie zurückging. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie stark die Anziehungskraft einer Seelengefährtin war, bis er sie am Morgen allein gelassen hatte. Er konnte es kaum erwarten, den zweiten und dritten Blutaustausch vorzunehmen und sie voll und ganz in seine Welt zu bringen, damit er sie nie wieder verlassen musste, wenn die Sonne aufging.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Jubal.
Traian zog sich einen Stuhl zu Joie heran und legte einen Arm um ihre Schultern, weil er sie berühren, ihre Wärme spüren und fühlen musste, dass sie kein Fantasiegebilde war, das er in der Höhle ersonnen hatte, wo die Vampire ihn gefoltert hatten.
»Bestens. Ich glaube, unser Freund mit der Brille ist auf dem Weg zu uns. Passt auf, was ihr sagt.« Die Bemerkung war hauptsächlich an Gabrielle gerichtet, weil er an ihren geröteten Wangen und strahlenden Augen sehen konnte, wie attraktiv sie den Mann fand.
Der schlanke Fremde blieb vor ihnen stehen und streckte Traian die Hand hin. »Ich bin Gary Jansen. Mikhail Dubrinsky schickt mich. Er bat mich, ihn zu entschuldigen, aber unvorhergesehener Umstände wegen konnte er leider nicht persönlich kommen. Falls es nötig sein sollte, bat er Sie, Kontakt zu ihm aufzunehmen, und dann wird er Ihnen Falcon schicken. Mikhails Bruder hält sich derzeit in Italien auf, deshalb wurde ich zunächst mal hergeschickt, um Ihnen zur Seite zu stehen, so gut ich kann.« Da Traian nicht allein war, war der Mann sehr vorsichtig mit seiner Wortwahl.
Traian drückte Garys Hand. »Ich bin Traian Trigovise, und diese jungen Leute sind Joie Sanders, meine Seelengefährtin, ihre Schwester Gabrielle und ihr Bruder Jubal. Der Prinz und seine Seelengefährtin sind doch hoffentlich wohlauf?«
»Raven war krank«, erwiderte Gary kurz. Sein Blick schweifte zu Gabrielle ab, aber er nahm sich schnell wieder zusammen. »Es wäre besser, wenn wir irgendwo ungestört miteinander reden könnten«, fügte er, an Traian gewandt, hinzu. »Ich bin hier, um Ihnen darzubieten, was immer Sie benötigen.«
Falls Traian irgendwelche Zweifel bezüglich dieses Mannes hatte, setzte dieses Angebot ihnen sofort ein Ende. Auf seine diskrete Weise bot Gary ihm Blut an. Damit stellte er sicher, dass er Traian nicht belügen konnte. Der Geist des Mannes war offen und ungeschützt, als Traian ihn anrührte, obwohl Gary ihm den Zugang auch hätte verwehren können. Die Karpatianer hatten eine starke Barriere um seinen Geist errichtet, damit andere keinen Einblick in sein menschliches Gehirn erlangen konnten. Doch Gary hatte diese Barriere beiseitegeschoben, um Traians Vertrauen zu gewinnen. Er musste von großem Wert für das karpatianische Volk sein, um von ihnen mit einem solch starken Schutz versehen worden zu sein.
Traian nickte. »Sie haben recht, wir müssen irgendwo reden, wo wir ungestört sind. Ich habe Neuigkeiten von größter Wichtigkeit, die unseren Prinzen so schnell wie möglich erreichen müssen.«
»Mein Zimmer ist gleich dort vorn den Gang hinunter«, bot ihm Gary an.
Alle drei Sanders erhoben sich. Gary zögerte und sah Traian fragend an. Als der Karpatianer nickte, zuckte Gary mit den Schultern und führte sie über den schmalen Gang zu seinem Zimmer.
»Wie hübsch«, bemerkte Jubal, als sie den Raum betraten. »Unsere Zimmer im ersten Stock haben nur winzige Balkone, aber das hier – das ist fantastisch«, sagte er und deutete auf die hohen Flügeltüren zu der breiten Veranda. »Wir hätten ein Zimmer im Parterre verlangen sollen, Joie.«
Gabrielle blickte sich um. »Ja, es ist ein schönes Zimmer. Unsere sind viel kleiner, Gary.«
Eine dunkle Röte stieg in die Wangen des Mannes, als er schnell ein paar Kleidungsstücke von einem Stuhl entfernte. »Entschuldigen Sie die Unordnung.«
Gabrielle lächelte noch breiter. »Sie sollten mein Zimmer mal sehen. Wir waren in einer Höhle, und unsere Sachen
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