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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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einschüchternd zu wirken, als er sich dem dunkelhaarigen Mann näherte. Traian lehnte sich neben ihn an den Tresen und hob einen Finger, um den Wirt herbeizurufen, der auch prompt herübergeeilt kam. »Was trinken Sie?«, fragte Traian den Fremden.
    Der Mann setzte ein vorsichtiges Lächeln auf. »Wodka«, erwiderte er mit leicht ungarischem Akzent.
    Traian streckte ihm die Hand hin. »Traian. Ich besuche hier meine Eltern, und Sie?«
    Der Mann schien ein wenig aufzuatmen. »Gerald Hodkins ist mein Name, und ich bin als Tourist hier. Ich wollte diesen Teil des Landes sehen, weil ich von verschiedenen Familienmitgliedern schon viel darüber gehört hatte.«
    Traian lächelte ihn freundlich an und bestellte zweimal Wodka. Der Wirt, der Mirko Ostojic hieß, sah Traian in die Augen und nickte ihm kurz zu. Traian hob das Glas und prostete dem anderen Mann zu. Kühles Wasser floss durch Traians Kehle, als er trank.
    »Ein schönes Land, nicht wahr?«, nahm er das Gespräch dann wieder auf.
    Gerald nickte. »Und ein gefährliches für Reisende, die sich hier nicht auskennen.«
    Traian zog eine Augenbraue hoch. »Heute längst nicht mehr so sehr. Meine Eltern sind vor etwa zehn Jahren in diese Gegend gezogen. Sie haben einen kleinen Bauernhof etwas weiter oben an der Straße gekauft, der hauptsächlich als Alterssitz dienen soll, doch sie züchten auch Schafe. Sie erzählten mir, es gäbe hier praktisch gar keine Kriminalität.« Nun legte er einen Anflug von Besorgnis in seine Stimme. »Allerdings arbeite ich auf Sri Lanka und komme daher nicht oft dazu, sie zu besuchen.«
    Gerald zuckte mit den Schultern. »Soweit ich weiß, wurde dieser Ort vor einiger Zeit gesäubert, aber trotzdem könnte es noch Nester geben.«
    Traian gab Mirko ein Zeichen, ihnen nachzuschenken. »Nester? Was für Nester?«
    Gerald blickte sich nach allen Seiten um, als befürchtete er, dass jemand sie belauschte. Er hatte schon einiges intus und wartete, bis der Wirt ihnen einen weiteren Drink eingeschenkt hatte. »Haben Sie die Gerüchte über Vampire in dieser Gegend gehört?« Prüfend blickte er Traian über den Rand des Glases hinweg an, während er einen großen Schluck von seinem Wodka trank.
    Traian runzelte die Stirn. »Natürlich. Wer nicht? In diesem Landstrich soll es angeblich Vampire geben, aber jeder weiß, dass das nichts weiter als ein Mythos ist. Ich habe gelesen, dass die Bewohner einiger der abgelegeneren Dörfer noch immer glauben, wenn jemand stirbt, müssten sie die Leiche ausgraben, ihr den Kopf abtrennen, Knoblauch in den Mund stopfen und einen Pflock durchs Herz treiben, um sicherzustellen, dass derjenige auch wirklich tot ist. Er könnte ja ein Vampir gewesen sein. Über diesen Brauch wurde in verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt berichtet, doch er ist nicht mehr sehr weit verbreitet und den Einheimischen hier ganz gewiss völlig fremd.«
    Gerald nahm einen weiteren Schluck von seinem Drink. »Seien Sie sich da mal nicht so sicher. Es ist noch gar nicht so lange her seit der letzten großen Säuberungsaktion in dieser Gegend.«
    »Ich weiß, wovon Sie sprechen. Ich habe mich mit der Geschichte dieser Region befasst, als meine Eltern sich mit dem Gedanken trugen, sich hier niederzulassen. Aber meine Untersuchungen ergaben nur, dass diese Morde von Spinnern begangen worden waren, die in dem Irrglauben, dass Vampire wirklich existieren, eine Reihe von Leuten töteten. Sie können mir ruhig glauben, dass es hier wirklich ungefährlich für Touristen ist.«
    Gerald stürzte den Rest seines Wodkas hinunter und gab dem Wirt ein Zeichen, ihnen nachzuschenken. »Auf meine Rechnung«, wies er Mirko an und musterte Traian dann wieder prüfend über seinen Drink hinweg. Geralds Augen waren ein wenig blutunterlaufen, sein Gesicht vom Alkohol schon stark gerötet. »Haben Sie nie bedacht, dass da möglicherweise etwas verschleiert wurde? Dass diese Männer vielleicht wirklich etwas gefunden hatten?« Er lehnte sich mit dem Rücken an die Bar und ließ den Blick durch den Raum wandern. »Womöglich sind all diese Mythen und Legenden ja doch nicht nur Geschichten.«
    »Das wäre ein beängstigender Gedanke«, sagte Traian und ließ ein leises Interesse in seinen Ton einfließen. »Geschichte ist immer interessant, denn wenn man verschiedene Berichte über irgendetwas liest, verändern sich die Geschichten, je nachdem, wer sie erzählt.«
    »Richtig«, pflichtete ihm Gerald mit schon etwas undeutlicher Stimme bei.
    Sehr vorsichtig

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