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Die Sehnsucht der Pianistin

Die Sehnsucht der Pianistin

Titel: Die Sehnsucht der Pianistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Nachtigall Nora Roberts
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falsch, ich war alles, was er hatte. Im letzten Jahr, als er schon so krank war, hat er nie erlaubt, dass ich aufhöre und mich um ihn kümmere. Am Schluss hatte er fürchterliche Schmerzen, weil er nie auf die Ärzte gehört hatte. Du bist Arzt. Du weißt, wie schrecklich Krebs im Endstadium sein kann. Diese letzten Wochen im Krankenhaus waren grauenvoll. Sie konnten nichts mehr für ihn tun. Ich gab weiter Vorstellungen, weil er darauf bestand, und flog dann, wann immer ich konnte, nach Genf, um ihn zu besuchen. Als er starb, war ich nicht da. Ich war in Madrid. Dort bekam ich Standing Ovations.“
    „Kannst du dir deshalb einen Vorwurf machen?“
    „Nein, aber ich kann trauern.“ Ihre Augen wurden feucht.
    „Was wirst du jetzt tun?“
    Sie schaute auf ihre Hände nieder, spreizte die Finger und ballte sie zu Fäusten. „Als ich nach Hyattown zurückkam, war ich müde. Ich war fix und fertig, Brady. Ich brauchte Zeit, um zu verstehen, was ich fühlte, was ich mir wünschte und was ich mit meinem Leben machen wollte.“ Sie trat zu ihm und hob die Hände an sein Gesicht. „Ich wollte mich nicht an dich binden, weil ich wusste, dass du eine große Komplikation in mein Leben bringen würdest.“ Sie deutete ein Lächeln an. „Und ich hatte recht. Aber als ich heute Morgen in deinem Bett aufwachte, war ich glücklich. Das will ich nicht verlieren.“
    Er umspannte ihre Handgelenke. „Ich liebe dich, Vanessa.“
    „Dann gib mir Zeit, um mit mir selbst zurande zu kommen.“ Sie schmiegte sich sanft in seine Arme. „Sei nur da.“
    Er drückte die Lippen auf ihr Haar. „Ich gehe nirgendwo hin.“

10. KAPITEL
    D as war der letzte Patient, Dr. Tucker.“ Abwesend schaute Brady von seinem Schreibtisch auf. „Was?“
    „Das war der letzte Patient“, wiederholte die Sprechstundenhilfe. Sie hatte sich bereits ihre Tasche über die Schulter gehängt und in Gedanken schon die Füße hochgelegt. „Soll ich abschließen?“
    „Ja, danke. Bis morgen.“ Mit halbem Ohr hörte er das Klicken der Schlösser und das Quietschen der Schubladen. Ein Zwölfstundentag war fast zu Ende, der vierte Zwölfstundentag dieser Woche. Hyattown war weit weg von New York, aber was die Freizeit betraf, hatte Brady herausfinden müssen, dass man als praktischer Arzt in einer Kleinstadt genauso eingespannt war wie als Oberarzt in einem großen Krankenhaus. Außer dem normalen Patientenaufkommen, den Krankenhausvisiten und dem Papierkrieg hatte ein Ausbruch von Windpocken und Angina ihn seit einer Woche ans Stethoskop gefesselt.
    Die halbe Stadt krächzte oder kratzte sich. Seit der Hochzeit seines Vaters war das Wartezimmer brechend voll gewesen. Als einziger Arzt in der Gegend musste er sowohl die Praxis versorgen als auch Hausbesuche machen. Zum Essen war er kaum gekommen. Schade, dass sie in der Praxis für die Kinder keine Dauerlutscher mehr bereithielten, sondern Luftballons und Plastikautos.
    Er konnte sich durchaus ein paar Tage lang von Mikrowellenmahlzeiten ernähren, und auch der fehlende Schlaf war erträglich. Aber er konnte nicht ohne Vanessa auskommen. Er hatte sie seit dem Wochenende kaum gesehen – dem Wochenende, das sie fast ausschließlich im Bett verbracht hatten. Seitdem hatte er drei Verabredungen absagen müssen. So manche Frau hätte ihm daraufhin den Laufpass gegeben.
    Vielleicht war es ganz gut, wenn sie das alles von vornherein wusste. Mit einem Arzt verheiratet zu sein war eine Art Glücksspiel. Abgesagte Dinnerpartys, verschobene Ferien, unterbrochener Nachtschlaf. Brady klappte das vor ihm liegende Krankenblatt zu und rieb sich die müden Augen. Sie würde ihn heiraten, dafür würde er schon sorgen … sobald er sich mal wieder eine Stunde freimachen konnte.
    Er nahm die Ansichtskarte, die auf seinem Schreibtisch lag. Sie zeigte die Abbildung eines feurigen Sonnenuntergangs hinter Palmen. Auf der Rückseite standen ein paar hingekritzelte Worte von seinem Vater.
    Ich hoffe, du machst dir ein paar schöne Tage, Dad, dachte Brady, während er die Karte betrachtete. Wenn du zurückkommst, wirst du teuer dafür bezahlen müssen.
    Ob Vanessa sich auch eine Hochzeitsreise in die Tropen wünschte? Mexiko, die Bahamas, Hawaii – heiße, faule Tage und heiße, leidenschaftliche Nächte. Aber er wollte nichts überstürzen. Ohne Hochzeit gab es keine Hochzeitsreise. Und eine Hochzeit war auch erst dann möglich, wenn man die Frau seines Herzens davon überzeugt hatte, dass sie nicht ohne einen leben konnte.
    Er

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