Die Sehnsucht der Smaragdlilie
Señorita Alva mit vor Aufregung leuchtenden Augen. Diese braunen Augen konnten zum Problem werden, aber wenn sie erst einmal ihre Maske trug und hoch oben auf den Zinnen des grünen Schlosses saß, würde sicher keiner ihre Augenfarbe bemerken. „Ich werfe Konfekt auf den Mann in rotem Samt und tue gemeinsam mit den anderen Damen so, als würde ich mich ergeben.“
„Und ihr sprecht zu niemandem“, sagte Doña Elena und half Señorita Alva in das weiße Kostüm der „Schönheit“. „Ihr geht mit niemand anderem als mir oder Don Carlos. Ich hole Euch, sobald alles vorüber ist, und helfe Euch beim Anlegen Eures eigenen Kleides.“
„Aber das weiß ich doch alles!“, sagte die Señorita entrüstet. „Ich bin doch kein Kind. Oh, Señorita Dumas, das ist alles so romantisch! Ich fühle mich geehrt, dass Ihr mich um Hilfe gebeten habt.“
Marguerite sah sie lächelnd an und bemühte sich, eher glücklich erregt als ängstlich zu wirken. Man hatte Señorita Alva nur erzählt, dass Marguerite mit Nikolai durchbrennen würde. Aus Angst vor dem Protest der Franzosen wollten sie die Festvorstellung nutzen, um heimlich zu heiraten.
Marguerite war schon in so viele Intrigen verwickelt gewesen, in tödliche Machenschaften mit dem Ziel, Frankreich von seinen Feinden zu befreien. Aber noch nie hatte sie so viel zu verlieren gehabt wie jetzt.
Sie nahm Señorita Alva in den Arm, wobei sie darauf achtete, den weißen Atlas nicht zu zerknittern. Auf eine bizarre Art war es vermutlich tatsächlich romantisch, dachte sie. Sie flüchtete mit dem Mann, den sie liebte, wobei sie bislang nicht geglaubt hatte, dass es so etwas wie Liebe wirklich gab! Alles würde wie geplant verlaufen. Das musste es einfach.
Señorita Alva trat zum Spiegel, band ihre goldene Seidenmaske um und warf noch einmal einen prüfenden Blick auf ihr Spiegelbild. Sie war fast genauso groß wie Marguerite und hatte wie sie eine helle Haut und eine schlanke Figur. Verkleidet und aus der Ferne konnten sie durchaus miteinander verwechselt werden. Marguerite strich ihre eigene Kleidung glatt: dunkelbraune Männerhose und Weste, ein Leinenhemd, einen Umhang mit Kapuze und hohe, feste Stiefel. Sie nahm nichts mit sich als den Diamanten ihrer Mutter. Und der Dolch der „Smaragdlilie“ steckte in einer Scheide an ihrem Gürtel.
„Seid Ihr überzeugt, dass ihr nichts zustoßen wird?“, flüsterte Marguerite Doña Elena zu. „Ich könnte es nicht ertragen, wenn jemand meinetwegen verletzt würde.“
Doña Elena schüttelte den Kopf. „Carlos und ich werden jeden Augenblick über sie wachen. Sie wird niemals allein sein. Ihr müsst Euch darauf konzentrieren, von hier fortzukommen, querida . Das ist alles.“
Marguerite war sich nicht sicher, wie viel Doña Elena wirklich wusste. Nikolai hatte ihr nur das Märchen erzählt, dass sie beide verliebt seien und heiraten wollten, dass aber die Franzosen dagegen seien. Aber Marguerite hegte den Verdacht, dass Doña Elena klug war, klüger, als sie alle glauben ließ. Sie sah tief in die Menschen hinein, bis in ihre Herzen.
Marguerite umklammerte Doña Elenas Hand und fürchtete, dass sie diese freundliche Dame, die sie so lieb gewonnen hatte, nie wiedersehen würde. „Ihr seid so freundlich zu mir gewesen, Doña Elena. Ich kann es Euch nie vergelten, Euch nie genug danken.“
Doña Elena drückte ihr lachend die Hand. „Natürlich könnt Ihr! Heiratet einfach Nikolai und macht ihn glücklich. Ich habe so sehr versucht, für ihn eine gute Frau zu finden, und er, der eigensinnige Kerl, ging hin und fand selbst eine. Es ist wahr, ich hätte ihm eine spanische Dame ausgesucht. Aber ich kann sehen, wie sehr Ihr Euch mögt. Dass ihr zueinanderpasst. Wie Carlos und ich. Ihr werdet ein gutes Leben haben.“
Auch Marguerite lachte, aber die Tränen schnürten ihr gleichzeitig die Kehle zu. „Wenn wir nur fortkönnen, um ein neues Leben zu beginnen …“
„Oh, überlasst das nur uns. Diplomatisch und charmant zu verwirren, ist Carlos’ Spezialität. Er wird die Franzosen aufhalten. Mit Maria-Carolina an Eurer Stelle werden sie vorerst nicht erfahren, dass Ihr nicht mehr da seid. Und auch Balthazar könnt Ihr trauen. Er ist noch nicht lange Kapitän, aber mein Sohn sagt, er sei einer der besten Seemänner.“
Ach ja – der rätselhafte Signor Grattiano . „Doña Elena, wer ist Balthazar Grattiano wirklich?“
Doña Elena zeigte ein kleines Lächeln. „Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Aber so viel
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