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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
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verwirrt?
    „Oh, mon amour , verstehst du denn nicht?“, rief sie. „Ich bin frei . Frei, um die ‚Smaragdlilie‘ hinter mir zu lassen, frei, um – nun, um alles zu sein, wozu ich Lust habe. Ich bin nicht länger an einen Treueschwur gebunden, der offenbar immer einseitig gewesen ist. Ich kann Marguerite sein, wer immer das auch sein mag.“
    Er kniete langsam vor ihr nieder und blickte zu ihr auf, sah die Glut in ihren Augen, die ihn zutiefst berührte. Endlich verstand er ihre seltsame Freude, und sie wurde zu seiner eigenen. Sie war frei. Die Fesseln ihrer Vergangenheit waren durch einen Pfeilschuss zertrennt worden. Zar Wassili III. würde sich einen neuen Spion suchen müssen, denn Nikolai würde sofort mit Marguerite ein neues Leben anfangen – daran würde ihn niemand hindern!
    Ihr Lachen klang wie die süßeste Musik in seinen Ohren, und er beugte den Kopf, um ihre Hand zu küssen. „Vielleicht frei, um die Frau eines Bauern zu werden?“
    „Oh Nikolai“, flüsterte sie. „Wahrhaftig?“
    „Wenn du glaubst, dass der Weinanbau dich glücklich machen könnte. Dass wir zusammen sein können, bis der Tod uns scheidet. Diese Vorstellung ist mehr, als ich jemals zu träumen wagte.“
    „ Oui !“ Sie schlang die Arme um seinen Nacken und küsste wieder und wieder seine Wange, bis ihnen beiden vor Lachen ganz schwindlig war. Er hielt sie an der Taille fest, weil sie um ein Haar von ihrem Schemel gefallen wäre. „Nikolai, mein Liebster, wir werden den besten Wein des ganzen Veneto machen, du wirst schon sehen. Den reinsten Götterwein! Und unser Heim wird uns allein gehören, wir werden allein bestimmen, und …“
    Plötzlich, als würde eine dunkle Wolke die Freude vertreiben, erstarrte sie in seinen Armen und klammerte sich fester an ihn.
    Nikolai kam zu sich. „Was ist los, dorogaja ?“
    „Ich musste nur daran denken, dass ich um mein Leben kämpfen muss, wenn ich unser neues Heim jemals zu Gesicht kriegen möchte. Ich muss sofort von hier fliehen.“
    „Marguerite“, sagte er ernst und hielt sie noch fester. „Es gibt gewiss kaum jemanden, der besser weiß, wie man am Leben bleibt als wir beide. Du bist sicher mehr als einmal dem Tod entronnen! Und ich entkam der gefürchteten ‚Smaragdlilie‘. Ist es nicht so?“
    Er spürte, wie sie schwer schluckte und dann an seine Schulter gelehnt mit dem Kopf nickte. „Es ist so.“
    „Dein verräterischer König unterschätzt dich, aber er tut es zum letzten Mal. Wir sind nicht ohne Freunde. Wir haben Doña Elena und ihren Gatten und Balthazar, der zu keiner besseren Zeit hier hätte auftauchen können. Und wir haben einander. Du wirst nicht sterben, mein Liebling“, raunte er ihr zärtlich ins Ohr. „Du wirst nicht sterben. Ich habe dich doch gerade erst gefunden.“
    „Und ich dich. Ich weiß, dass wir siegen können. Wir sind nicht nur Winzer, wir sind Krieger, n’est-ce pas ?“, sagte sie. „Aber wie? Wenn wir jetzt einfach weglaufen, wird der Comte uns leicht verfolgen können. Er wird mich beobachten.“
    Nikolai dachte fieberhaft nach. Alle seine Sinne waren alarmiert. Intrigen und Abenteuer – das war seit Jahren sein Leben gewesen. Der wilde Rausch des Kampfes und der Erregung. Einst hatte er dieses Dasein geliebt, die gefährlichen Spiele und die raffinierten Winkelzüge. Jetzt wünschte er sich nur noch, dass es ein Ende nahm, wünschte sich sein eigenes Leben in der Natur und der Sonne, mit Marguerite an seiner Seite, mit ihren guten Weinen und ihrer neuen Familie.
    Aber ein letztes tödliches Spiel konnte er noch spielen. Ein Spiel, bei dem er um einen höheren Einsatz denn je spielte – das Leben der Frau, die er liebte, und ihre ganze gemeinsame Zukunft.
    „Ich will dir eine Geschichte erzählen“, sagte er. „Eine Geschichte aus Venedig. Von zwei Menschen, Marcos und Julietta, die einander liebten und sich in großer Gefahr befanden. Es war ein Spiel, eine Maskerade, die sie rettete …“

25. KAPITEL
    Es war genau der richtige Tag für ein Turnier.
    Die Wolken hatten sich verzogen und einen blassblauen Himmel über dem Turnierplatz zurückgelassen. Die wässriggelbe Sonne schien auf die hastig zusammengezimmerten Zuschauertribünen, die mit grüngoldenen Fahnen und Wimpeln geschmückt waren. König Henry, der sich am Tag zuvor den Fuß beim Tennis verletzt hatte, hatte seine Teilnahme am Turnier abgesagt. Angetan mit üppigem purpurnen Samt aus Florenz und weichen schwarzen Schuhen saß er unter einem goldenen

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