Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Mccabe
Vom Netzwerk:
zu tragen oder Befehle des russischen Zaren oder des Dogen von Venedig zu enthalten. „Wie amüsant es war, all den hübschen Damen von Doña Elena dabei zuzuschauen, wie sie wie verrückt mit ihm flirteten und er mit ihnen! Und kein Funken aufrichtiges Vergnügen in seinen Augen. Er ist wirklich der ernsteste Mann, den ich je gesehen habe.“
    „Er bereitet sich auf seine Reise vor“, erwiderte Nikolai, drehte sich zu ihr um und umfasste ihre Hand. „Die Neue Welt lockt. Ich bezweifle, dass er so viel an die Frauen denkt wie an den Proviant für sein Schiff.“
    „Die Neue Welt“, wiederholte sie nachdenklich. Während sie sich mit der freien Hand durch die glänzenden Locken fuhr, dachte sie an all die verlockenden Möglichkeiten, die die große weite Welt zu bieten hatte. „Ich habe gehört, die Neue Welt sei riesig, und die ganze Zeit würde die Sonne scheinen. Und die Meere seien wie Saphire so rein und klar. Dass Perlen die Strände bedecken. Und die Stille sei vollkommen.“
    „Würdest du gerne dorthin gehen, Marguerite? Dort gibt es keine Intrigen oder Atlasgewänder, keine Lebkuchen oder süßen Malvasierwein“, neckte Nikolai sie.
    Sie lachte. „Ich würde liebend gerne vor all diesen Dingen davonsegeln! Außer vor dem Wein, natürlich. Aber ich hörte auch, dass es dort Fieber und wilde Eingeborene gibt und viel zu viele Spanier überall. Vielleicht ist die Neue Welt nichts für mich.“
    „Auch mich reizt sie nicht, muss ich gestehen. Aber all das wird Balthazar wunderbar gefallen, da bin ich mir sicher. Vielleicht kann er dort in den tropischen Wäldern seine Gespenster abschütteln.“
    Gespenster . Ja, das war es, weswegen sie heute Nacht hier war. Beim Träumen von weit entfernten Ländern hatte sie das beinahe vergessen. Sie befürchtete, dass sie ihre eigenen Gespenster nicht so einfach würde loswerden können. Sie setzte sich auf einen Hocker neben Nikolais Stuhl, griff in ihren Beutel und zog den Zettel hervor.
    Einen Moment lang zögerte sie. Noch nie zuvor hatte sie um Hilfe gebeten – die „Smaragdlilie“ war immer allein bestens zurechtgekommen. Aber Marguerite musste es. Sie brauchte Nikolais Rat.
    Nikolai runzelte die Stirn, als würde er ihren Stimmungswechsel spüren, ihre Zweifel und Ängste. Er verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie besorgt.
    „Was ist los, Marguerite?“, fragte er schließlich. „Ist etwas passiert? Ein weiterer Angriff?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Aber ich habe das hier erhalten.“ Ihre Hand zitterte, als sie ihm die Nachricht gab. Sie beobachtete ihn genau, suchte nach einem Zeichen, irgendeiner Spur von Schuld.
    Schweigend las er den Brief, studierte die Buchstaben länger, als es die Worte verlangten. Marguerite bemerkte kein aufflackerndes Erschrecken, nur eine leichte Röte, die sich auf seinen bronzefarbenen Wangen ausbreitete. Er hielt das Papier umklammert, und als er sprach, war seine Stimme rau und sein russischer Akzent stark. „Du weißt nicht, wer die Botschaft geschickt hat?“
    „Sie wurde mir von einem Pagen ausgehändigt, und als ich dem Jungen später unten im Gang zufällig noch einmal begegnete, erklärte er, sie hätte unter seiner Matratze gesteckt, zusammen mit einer Nachricht, die besagte, sie solle mir übergeben werden. Und die Handschrift kenne ich nicht.“
    „Andere hast du nicht bekommen?“
    „Keine wie diese hier. Natürlich habe ich in der Vergangenheit Drohungen erhalten, doch sie waren selten als Warnungen formuliert. Ich bin höchst verwirrt.“
    „Dann bist du also hier, damit ich dir helfe? Oder vielleicht, um herauszufinden, ob ich dir die Botschaft schickte?“ Er sah sie an. Seine Augen waren dunkel und ernst.
    Marguerite erwiderte seinen Blick. „Hast du?“
    „Inzwischen müsstest du mich besser kennen. Wenn ich dich erschrecken oder dich warnen wollte, würde ich direkt zu dir kommen. Ich habe nichts zu verbergen vor dir.“
    Marguerite sah – wusste –, dass das die Wahrheit war. Er verbarg nichts vor ihr. Sie konnte sich nicht länger vor ihm verstecken. Oder vor sich selbst. „Ich weiß“, sagte sie nur.
    Nikolai nickte und gab ihr die Nachricht zurück. „Wer hier, außer uns beiden, ist darüber informiert, warum du hier bist? Der Bischof? Der Comte?“
    Sie schüttelte den Kopf und steckte den Brief wieder in ihren Beutel zurück. „Keiner. König François ist sich darüber im Klaren, dass die Identität eines Spions so wenig Menschen wie möglich

Weitere Kostenlose Bücher