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Die Sehnsucht Meines Bruders

Die Sehnsucht Meines Bruders

Titel: Die Sehnsucht Meines Bruders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Waters
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und in einen hellblauen flauschigen Flanellpyjama gehüllt, stand vor uns.
Oh, Mann, das würde für mich ein schwerer Stand werden. Der Kleine strahlte ja regelrecht. Blitzende blaue Augen, dichte, lange, seidige Wimpern, volle Lippen und ein freches Grinsen. Ich hasste ihn vom ersten Augenblick an.

Heute
Eins
    „Ray?“ Die schöne Stimme hatte sich kaum verändert. Wenn ich mich festlegen sollte ... vielleicht war sie ein klein wenig dunkler geworden, männlicher.
    Langsam drehte ich mich in meinem Bürostuhl zu ihm herum.
Betont lässig stand mein Bruder in der Tür. Zerschlissene Designerjeans und ein schwarzes, ärmelloses T-Shirt. Lässige Anmut und Natürlichkeit: der Traum jeder Frau über fünfzehn und doch unerreichbar. Wusste er es? Natürlich warum nicht? Sicher wusste er es. Aber das kehrte er nicht heraus, das musste man ihm lassen.
„Ist das deine Vorstellung von Businesskleidung?“, brummte ich.
„Ich wünsche dir auch einen schönen guten Tag, mein lieber Bruder.“, lächelte er ironisch.
Er warf die Sporttasche auf den Boden vor meinen Schreibtisch und fläzte sich mit einer geschmeidigen Bewegung in den weichen Sessel. Die gleichen intensiv blauen Augen unter leicht gesenkten langen Wimpern, der gleiche sinnliche Mund, die gleichen kurzen blonden Locken. Die Schultern breiter, der Körper von muskulöser Eleganz ... noch schöner, dachte ich. Wenn die Bezeichnung auf einen Mann passte, dann auf ihn. Ja ... man konnte es nicht anders ausdrücken, er war noch viel schöner, als ich ihn in Erinnerung hatte.
„Wolltest du mich nicht vom Bahnhof abholen?“ Sein Blick unter halb gesenkten Lidern sprach von Sinnlichkeit, Herausforderung und nun auch ein klein wenig von Hochmut.
Ich löste meine Finger von den Stuhllehnen, um die sie sich gekrampft hatten. „Ist im letzten Augenblick was dazwischen gekommen.“, log ich. „Du hast es ja anscheinend auch so ganz gut gefunden.“
„Tja, ist ja nicht zu übersehen, dein ‚kleines‘ Hotel.“ Sein rechter Fuß in weichem hellbraunem Wildleder wippte.
„War nicht einfach, die Baugenehmigung zu bekommen.“, nickte ich.
„Ich dachte, hier hätte schon mal ein Hotel gestanden. Das Gesetz dürfte doch wohl auf deiner Seite stehen.“
Das Ringen hatte also wieder begonnen. Wie früher versuchte er, mich zu reizen. Ich seufzte.
„Was das Gesetz erlaubt, und was die Stadt will, sind oft zwei verschiedene Paar Schuhe. Aber ein Bisschen Geld hier und ein wenig dort, und ich hatte meine Genehmigung.“, sagte ich, nicht ganz so gelassen, wie ich gerne gewesen wäre. Diese Schwuchtel war und blieb für mich ein rotes Tuch. Wenn ich schon sah, wie er sich lasziv vor mir im Sessel rekelte, wurde mir schlecht. Ich verlagerte unbehaglich mein Gewicht von einer Seite auf die andere.
In diesem Augenblick kam Claire, meine Assistentin, herein und verteilte kühle Getränke. Gutes Timing, Claire, dachte ich und zwinkerte ihr lächelnd zu. Doch die Atempause war nur von kurzer Dauer.
„Vermutlich haben sie sich nur ein wenig geziert, um bei dir den Geldhahn zu öffnen.“
Seine Intelligenz hatte jedenfalls nicht an Schärfe eingebüßt. Sicher lief das oft genug so ab. Doch nicht hier. Ich hätte ihm jetzt erklären können, dass Grögen, dieses kleine Nest in den Alpen, eine Ausnahme bildete. Die Honoratioren der Stadt waren meiner Meinung nach ehrlich besorgt. Sie wollten die Gegend nicht durch noch mehr Tourismus belasten. Mein Geld war, soviel ich gesehen hatte, vollständig in die Anlage, Ausweisung und Pflege von Naturschutzgebieten und bestimmten Wanderrouten geflossen sowie zur Entschädigung der Bauern verwendet worden. Doch ich zuckte nur mit den Schultern, ich wollte die Unterhaltung mit ihm nicht schon am ersten Tag in einen handfesten Streit ausarten lassen. „Wie geht es Vater?“
Ich rutschte nervös in meinem Sessel hin und her. Er war schweineteuer gewesen. Zusätzlich hatte ich ihn noch mit Wildleder beziehen lassen und trotzdem schwitzte ich darauf. Die Hose klebte mir unangenehm am Hintern. Unauffällig zog ich sie glatt.
„Gut, er lässt dich herzlich grüßen. Ist gerade von einer Bergtour zurück. Nichts Anspruchsvolles, aber er hat sich beweisen können, dass er noch mithalten kann.“
„Und du, bist du nicht mitgegangen?“
Er lachte leise. „Keine Zeit, ein wenig Tennis und ein paar Runden im Pool müssen genügen.“
Da hätte ich einhaken und ihm seine eigene Medizin zu schmecken geben können, denn auf mich hatte er zumindest

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