Die Sekte Satans
setzte — keine Anstalten, auch nur aus den Turnschuhen
zu schlüpfen.
„Willst du so pennen?“, fragte
Karl von Couch I durch die wohlige Sommernachts-Dunkelheit.
„Wäre mal was Neues“, meinte
Klößchen von Couch II, auf der er sich unter einer Kamelhaardecke in die
richtige Lage rollte.
„Pst!“, war Tims Antwort. „Ich
warte noch zehn Minuten, bis Klaus, Inge und Gaby in ihren Gemächern ratzen
beziehungsweise babylonische Alpträume durchleben. Dann seile ich mich ab.“
„Abseilen?“, fragte Karl.
„Wohin?“
„Ich gehe einbrechen.“
„Endlich zeigst du dein wahres
Wesen.“ Klößchen gähnte.
„Wo willst du einbrechen?“ Karl
hatte sich aufgerichtet.
„Ich bike zur Stadt. Zu
Glänzers Adresse. Dort vor der Tür wartet zwar ein Kripomann auf den
Oberpriester. Aber der Schutzmann bemerkt mich nicht, wenn ich durch Hintertür
oder Kellerfenster in Glänzers Bude eindringe. Dort sehe ich mich um.“
„Was bringt das?“
„Durchblick. Ich bin überzeugt:
Glänzer hat irgendwelche Unterlagen, die einen Hinweis liefern könnten auf
seinen Verbleib, auf seinen Unterschlupf. Und wahrscheinlich gibt’s dort noch
detailliertes Hintergrundmaterial über die Sekte. Über die Methode der
Verdummung, Versklavung, Ausbeutung.“
„Spätestens morgen wird sich
Gabys Vater dort Umsehen.“
„Frühestens morgen, denn wir
leben in einem Rechtsstaat, Karl. Für eine Wohnungsdurchsuchung braucht man
einen Durchsuchungsbefehl. Und wenn der dafür zuständige Richter ein
Bedenkenträger ist, dann gibt’s erst ein Hickhack und damit Verzögerung.“
„Glaubst du doch selbst nicht“,
erwiderte Karl. „Glänzer wollte Tiere opfern und vielleicht sogar einen
Menschen. Ist seine Idee. Ist Ritualmord. Man wird nach ihm fahnden.
Steckbrieflich. Da ist die Durchsuchung seiner Bude die leichteste Übung. Und
das, Tim, weißt du genau. Du suchst nur einen Grund, um jetzt gleich auf deine
Weise action zu machen.“
Tim lachte. „Außerdem habe ich
meinen Instinkt. Und der sagt mir, dass es richtig ist.“
Klößchen gähnte. „Ich schlafe
jetzt. Zum Schmierestehen brauchst du uns ja sicherlich nicht.“
Tim stand auf und öffnete leise
das Parterrefenster. „Da unsere Tretmühlen bei Glockners sind, leihe ich mir
Klaus’ Mountainbike aus. Er wird mir verzeihen. Im Morgengrauen bin ich zurück
— wenn nicht, dann sitze ich in Handschellen vor Kommissar Glockners
Schreibtisch. Also Gute Nacht! Und lasst mich bitte rein, wenn ich nachher ans
Fenster klopfe.“
„Falls wir wach werden“, meinte
Karl.
18. Der Ferienprospekt
5.01 Uhr. — Im Osten stand die
Sonne schon handbreit über dem Horizont, einem fernen Waldstreifen am Ende der
Ebene. Vögel hatten ihr Morgenlied angestimmt, und die Landstraßen waren noch
leer. Tim konnte Tempo bolzen mit Klaus’ Bike, hatte jetzt Wacholderstetten
erreicht und schob — leise, leise — den dickreifigen Drahtesel in die Garage
neben das BMW-Coupé.
Tim war erhitzt trotz der
Frische des Morgens, war zufrieden und außerdem hundemüde. Gähnend klopfte er
an die Fensterscheibe — natürlich leise, leise.
Keine Reaktion. Diese Penner!
Er klopfte abermals.
Die Gardine öffnete sich. Die
blonde Mähne hing Gaby ins Gesicht und die verschlafenen Blauaugen blinkerten.
Verblüfft sah sie ihn durch die Scheibe an, öffnete das Fenster und pustete
gegen ihren Pony.
„Pfote! Was machst du denn in
unserem Zimmer?“
„Wie bitte? Ich bin in meinem
Zimmer. Ihr schlaft nebenan. Das heißt, du hast nicht geschlafen, wie ich sehe.
Woooo kommst du her?“
Er küsste sie auf die
Nasenspitze. „Aus der Stadt. Bin in Glänzers Wohnung eingedrungen. War
kinderleicht. Der Oberpriester hat ein Schloss an der Hintertür — mit ‘nem
langen Fingernagel kriegt man das auf. Tja, und da habe ich eine Entdeckung
gemacht. Aber das sage ich dir beim Frühstück. Schlaf noch ein bisschen, ja!“
Sie beugte sich aus dem
Parterrefenster und Tim wurde an einem Ohr festgehalten.
„Ich will es jetzt wissen.“
„Au, mein Ohr!“
„Schrei nicht so! Klaus und
Inge schlafen noch. Sie brauchen Ruhe. Nicht jeder hält so viel Stress aus wie
wir.“
„Kann ich zu dir reinklettern?
Ich verzieh’ mich dann durch die Tür.“
Er durfte. Humphrey lag in
seinem Körbchen, hob kurz den Kopf, schnurrte und ließ sich nicht weiter
stören. Gaby trug ein Nachthemd von Inge, rotgeblümt und knöchellang. Tim
verlor kein Wort darüber, fand nämlich, dass diese Farbe seiner
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