Die sieben Weltwunder
Leuchtkraft, aber auch die Hitze. Im ohnehin heißen Klima des Sommers müssen die Temperaturen auf dem Leuchtturm unerträglich gewesen sein.
D AS E NDE DES P HAROS
Der »feurig leuchtende Blickpunkt« gab den Seefahrern nicht nur Orientierung – er verhieß Sicherheit und Schutz. Angeblich war sein Feuer so hell, dass es den gesamten Hafen beleuchtete, und um seine angeblich magischen Fähigkeiten entzündeten sich rasch einander überbietende Phantasien: Das Licht reiche »bis ans Ende der Welt«, was gleichbedeutend war mit dem unter Alexander entstandenen Weltreich unter griechischer Führung. Im Spiegel, der sich im oberen Stockwerk zur Reflektion des Feuers befand, könne man sogar das über tausend Kilometer entfernte Konstantinopel sehen. Ja, man könne ihn sogar als Brennglas benutzen und damit feindliche, noch über hundert Meilen entfernte Schiffe in Brand setzen.
Schnitt durch den Leuchtturm von Alexandria. Unterirdisch die Zisterne, darüber der Saal, in der Mitte die Aufzugsanlage. Die Transportrampen reichten bis zur dritten Stufe, die Seitenkammern nur bis zur zweiten. Auf der Plattform über ihnen die Tritonen. Eingang bei A. (Rekonstruktion von H. Thiersch)
Auch wenn diese Fähigkeiten des Pharos pure Phantasie und Spekulation waren – sie trugen zu seiner Aura des Sensationellen bei und verstärkten noch den Stolz, den Alexandria empfand. Doch die Sterne verhießen eine bedrohliche Zukunft. Das Orakel sagte Unheilvolles voraus: Habgier würde Menschen auf der Suche nach einem im Turm versteckten Schatz dazu verleiten, den Pharos zu stürmen, seinen Spiegel zu zerschlagen und die Ziegel zu zerbrechen. Oder ein Erdbeben würde ihn zerstören und ins Meer versinken lassen. Poseidon, so hieß es, werde ihn sich holen.
Doch der Pharos von Alexandria überdauerte die Dynastie der Ptolemäer, die rund dreihundert Jahre lang blühte und mit Kleopatra endete, welche als die Frau, die Caesar und Marc Anton zu bestricken vermochte, in die Geschichte eingegangen ist. Mit den Waffen der Frau hat sie zu verhindern versucht, dass Ägypten zu einer der vielen Provinzen Roms herabsank. Doch sie verlor ihr Spiel, sah sich schließlich selbst als Gefangene in einem römischen Triumphzug.
Der Leuchtturm ihrer Heimatstadt stand, als das Römische Weltreich bereits verfallen war, jedoch immer noch. Bis Ende des 8. Jahrhunderts überstand der Pharos unverändert erhalten viele Erschütterungen, welche die Stadt heimsuchten. Er blieb bis in das 12. Jahrhundert hinein funktionstüchtig, bevor zwei Erdbeben in den Jahren 1302 und 1326 das Gebäude endgültig zerstörten. An der Wende des 11. zum 12. Jahrhundert sollte aus dem Leuchtturm ein zweigeschossiger Bau mit einer krönenden Moschee entstehen. Doch blieb dieser Umbau wahrscheinlich unbefriedigend, so dass schließlich nichts als eine unbeachtete Ruine übrig blieb.
Um das Jahr 1350 war der Pharos restlos verfallen, bis im Jahr 1477 aus Schutt und Trümmern die Festung entstand, die nach dem herrschenden Sultan Fort Kait Bey genannt wurde und die in ihren wesentlichen Teilen bis heute erhalten geblieben ist. Das Fort ähnelt in Form und Ausmaßen dem Leuchtturm; einige Granitquader und Säulenreste des einstigen Weltwunders wurden mit eingebaut.
Die Bewunderung, die dem zeitlich letzten Weltwunder der Antike zuteil geworden ist, klingt noch nach – wenn auch nur in einem Wort: »Leuchtturm« heißt im Französischen –
le phare
.
Auch dieser Turm ging unter. Doch seine Ausstrahlungskraft weist uns noch heute den Weg zu den einstigen Weltwundern, von denen wir staunend lesen. Und die uns daran erinnern, zu welchen Glanzleistungen der Mensch fähig ist, folgt er nur seinen Träumen.
B IBLIOGRAPHIE
Werner Alzinger:
Die Ruinen von Ephesos, Wien 1972.
Anton Bammer:
Die Architektur des jüngeren Artemisions von Ephesos, Wiesbaden 1972.
Anton Bammer:
Das Heiligtum der Artemis von Ephesus, Graz 1984.
Egon Bauer:
Die Sieben Weltwunder. Die Rätsel der Antike – Archäologie und Mythos, München 2004.
Ludwig Borchardt:
Die Entstehung der Pyramide, Berlin 1928.
Ernst Buschor:
Maussollos und Alexander, München 1950.
Jean-Louis de Cenival:
Ägypten. Das Zeitalter der Pharaonen, Fribourg 1964.
C. W. Ceram:
Götter, Gräber und Gelehrte, Hamburg 1964.
Peter A. Clayton/Martin J. Price (Hrsg.):
Die Sieben Weltwunder, Stuttgart 1990.
Maria Dawid
: Weltwunder der Antike. Baukunst und Plastik, Frankfurt am Main 1968.
Die Sieben Weltwunder der Antike
. Wege der
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