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Die sieben Weltwunder

Die sieben Weltwunder

Titel: Die sieben Weltwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Thiele
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Quellen übereinstimmend mit zwischen dreißig und sechsunddreißig Metern angegebene Gesamthöhe der Statue lässt es höchst zweifelhaft erscheinen, dass Schiffe unter ihm hätten durchfahren können – dafür hätte der Koloss noch erheblich größer sein müssen. Auch statische Gründe schließen den malerischen Standort am Hafen aus – hier hätte der Koloss nicht dem geringsten Windstoß standhalten können, geschweige denn den Winterstürmen im Mittelmeer.
    Der Riese über der Hafeneinfahrt – eine technische Unmöglichkeit also und für das ästhetische Empfinden der Griechen wohl auch eine inakzeptable Vorstellung. Außerdem sind die Abstände zwischen den Enden der moleartigen Landzungen, welche den natürlichen Hafen von Rhodos umschließen, dafür einfach zu groß. Beim nördlichen Hafen, dem heutigen Porto di Mandracchio, beträgt die Entfernung etwa zweihundert Meter, beim Südhafen, dem Porto di Commercio, dreihundert Meter.
D IE E RRICHTUNG
    Chares erledigte seine Aufgabe auf überzeugende Weise. Um ihm die beste Aussicht zu geben, stand der Koloss vermutlich auf einem Sockel von etwa sechs bis sieben Metern Höhe. Da es zu jener Zeit weder Flaschenzüge noch andere Hebewerke gab, musste – wie auch aus der Mitteilung des Philon von Byzanz hervorgeht – rings um den Koloss ein Berg aufgeschüttet werden. Zwei gewaltige Eisenträger wurden aufgestellt und mit einem Querträger verbunden, um sie herum eine Lehmform gebaut. Auf einer serpentinenförmig verlaufenden Rampe wurde – wie beim Pyramidenbau – das für die Statue nötige Material transportiert, und der Berg nahm so stetig zu, je weiter die Figur in die Höhe wuchs. Chares entwickelte eine neue Methode: Auf die Lehmform könnte er – so wird angenommen – die Bronze, die dem Koloss Glanz gab, in einer dünnen Schicht aufgehämmert haben.
    Stets fürchtete er um die Standfestigkeit seines Kolosses, suchte er das Innere zu stabilisieren: Siebeneinhalb Tonnen Eisen sollen zusammen mit Felsen, Steinen und Steinchen in den Koloss hineingestopft worden sein, in Kopf, Arme und Beine, in den Rumpf, in jede Spalte und jede Ritze.
    Zwölf Jahre soll die Bauzeit betragen haben. Jährlich wuchs also der Koloss im Durchschnitt um 3,6 Meter. Nimmt man für den Beginn der Arbeit die Beendigung der Belagerung durch Demetrios Poliorketes an, so muss der Koloss um das Jahr 290 v. Chr. fertig gewesen sein. Stolz signierte der Erzgießer sein Bronzestandbild: »Wie den Koloss du siehst, in achtzig Ellen Höhe, erschuf ihn Chares einst, der geborene Lindier.«
    Achtzig Ellen also, das sind fünfunddreißig Meter. Eine gewaltige Höhe für eine nicht aus Stein geformte Figur. Zum Vergleich: Die Freiheitsstatue vor dem New Yorker Hafen, die dem Koloss von Rhodos nachempfunden wurde, misst sechsundvierzig Meter. Die überlieferte Höhe stimmt auch mit den Maßen überein, die für einen konkurrierenden Koloss angegeben sind, den Kaiser Nero in Rom errichten ließ; er wollte das rhodische Weltwunder damit übertrumpfen. Die römische Statue war etwas über fünfunddreißig Meter hoch und stand auf einem elf Meter hohen Marmorsockel. Dieser Konkurrenz-Koloss Neros ist übrigens ein weiteres Indiz, dass der rhodische Helios nicht über der Hafeneinfahrt gestanden hat: Er wurde nämlich nicht über der Einfahrt zum Hafen Roms, in Ostia, sondern in der Stadt selbst aufgestellt.
S PEKULATIONEN ÜBER DAS A USSEHEN
    Das Wahrzeichen von Rhodos, das Weltwunder war perfekt.
    Doch seine Gestalt, seine Körperhaltung, sein Gesicht, blieben ein Gegenstand der Spekulation. Antike Schilderungen lassen jeglichen Aufschluss vermissen, wie der Koloss ausgesehen hat. So gut wie sicher jedoch ist, dass er anders aussah, als er heute allgemein dargestellt wird. Noch immer prägt die meisterhafte Zeichnung des Architekten Johann Fischer von Erlach unsere Vorstellung von diesem Weltwunder. Fischer von Erlach folgte der seit Jahrhunderten traditionellen Vorstellung, die zwar sehr reizvoll, aber leider auch sehr falsch ist.
    Alles war gewaltig, riesig, eben kolossal an diesem Monstrum: ein einzelner Finger so groß wie eine übliche lebensgroße Statue, man konnte ihn nicht einmal mit beiden Armen umfassen. Kein strahlender Held, sondern ein drohender Beschützer. Ob er in der ausgestreckten Hand eine Fackel mit einem Leuchtfeuer hielt, das die Seefahrer begrüßte, ist kaum mehr als eine schöne Imagination.
    Auf jeden Fall ist der Koloss schlank gewesen, nackt, den Körper nur

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