Die siebte Gemeinde (German Edition)
beiseite. Er wollte so schnell wie möglich Nazares finden. Er hoffte, dass dieser sich zu seinem Elternhaus geflüchtet hatte und dort auf sie wartete.
Pardus hatte er längst außer Sichtweite hinter sich gelassen. Dieser hatte es irgendwann aufgegeben, Arusch hinterher zu rennen, und beschloss, dass er es nicht eilig hatte. Weit und breit waren keine Soldaten zu sehen. Niemand verfolgte sie.
Als Arusch in die Straße vor dem Haus einbog, saß der Junge vor den Schuttresten und kratze seelenruhig mit einem Stock auf dem Boden herum.
»Da seid ihr ja endlich«, rief er Arusch von Weitem entgegen und erhob sich. »Ich dachte schon, sie hätten euch erwischt.« Er ging einen Schritt auf Arusch zu. »Und?« Nazares rieb sich die Hände. »Wie viele Ritter hast du erledigt? Zehn? Zwölf?« Er blickte freudig in den blauen Himmel. »Oh, ich wünschte, ich wäre dabei gewesen.«
»Sei lieber vorsichtig mit deinen Wünschen«, bremste ihn Arusch. »An solchen Kämpfen ist nichts Schönes.« Er deutete auf seinen verletzten Arm. »Das kann schnell auch anders ausgehen.«
Nazares’ Gesicht verdunkelte sich. »Die haben meinen Vater umgebracht! Selbstverständlich wäre ich gerne dabei gewesen. Ich wollte sehen, wie du sie tötest.« Er nahm seinen Stock und hackte damit auf den staubigen Boden. »Ganz langsam solltest du sie töten. Jeden Einzelnen. Zuerst einen Stich in den Arm.« Er holte aus und ließ den Stock mit Wucht auf den Boden knallen. »Hack! Und dann in den Magen.« Er wuchtete den Stab nach vorne. »Hack! Und dann siehst du ihm in die Augen und stichst ihm ins Herz. Hack! Hack! Haaack!« Immer wieder schlug er auf die Erde, bis sein Stock auseinanderbrach.
»Ist gut, ist gut«, beruhigte ihn Arusch und nahm Nazares in die Arme. »Ich habe deinen Vater ordentlich gerächt. Zehn Männer waren es bestimmt.«
Nazares löste sich aus der Umarmung und trat einen Schritt zurück. »Wo ist eigentlich der Dicke?«
»Ich bin hier«, keuchte Pardus, der um die Ecke gebogen kam. »Na toll«, japste er weiter und blickte entsetzt auf die dampfenden Überreste von Narses’ Haus. »Das nächste Haus, das sie uns genommen haben.« Dann schaute er fragend zu Arusch. »Ich weiß, dass du es nicht mehr hören kannst, aber was hast du jetzt vor?« Er ging einen Schritt auf die Ruine zu und trat demonstrativ gegen einen Balken. »Ich habe zwar keine Ahnung, wo du deine Unterlagen versteckt hast, aber hier wirst du sie nicht finden. Wieder eine Hoffnung, die sich in Rauch aufgelöst hat.«
»Nicht so voreilig, mein Freund«, lächelte Arusch und lief zu den verbliebenen Resten des Holzschuppens, in dem er übernachtet hatte. Er räumte einige noch rauchende Balken beiseite. »Wie du mit Sicherheit weißt«, sagte er, während er ein verkohltes Brett nach dem anderen in die Hand nahm, »war Narses ein Beutler. Also habe ich in der letzten Nacht ein paar seiner Lederfetzen von der Decke genommen, mir einen doppelwandigen Beutel zusammengenäht, damit kein Wasser ins Innere dringen kann. Danach habe ich meine Unterlagen dort hineingepackt und …«, er räumte ein letztes Brett beiseite und deutete auf einen Steintrog, der darunter zum Vorschein kam. »... diesen in den Wassertrog des alten Gaules versenkt.« Arusch steckte seinen Arm in den Trog und fischte ein tropfendes Lederknäuel heraus. Er schmunzelte und hielt das Bündel mit beiden Armen nach oben. »Hast du Wasser schon einmal brennen sehen? Ich jedenfalls nicht.«
Pardus fiel lachend auf den Boden. »Das darf doch nicht wahr sein«, grunzte er und hielt sich seinen Bauch. »Auf die Idee wäre ich niemals gekommen.«
»Ich weiß«, nickte Arusch. »Und die Ritter ebenfalls nicht.« Er schüttelte seinen Beutel vorsichtig aus, warf ihn über den Rücken und begab sich zurück auf die Straße.
»Nun denn, ich denke, wir sollten jetzt als Erstes dem geschwätzigen Herrn Georgios einen Besuch abstatten.« Arusch blickte fragend auf Nazares. »Weißt du, wo er sein Haus hat?«
Nazares lief permanent zwanzig Schritte vor Arusch und Pardus her. Es schien, als könnte er es kaum erwarten, den Schreiner endlich vor sich zu sehen.
»Sag mal, wo sind eigentlich deine Mutter und deine Geschwister?«, rief Arusch ihm zu.
»Wie?« Nazares blieb abrupt stehen und schaute sich um.
»Deine Mutter, deine Geschwister«, wiederholte Pardus genervt, der es leid war, ständig zu rennen. »Wo sind die?«
»Ach die. Unten in der Stadt, bei meiner Tante.« Sofort war der Junge
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