Die siebte Gemeinde (German Edition)
Vatikan stellt Turiner Grabtuch zur Verfügung: Anlässlich der 760-Jahr-Feier der Grundsteinlegung des Kölner Doms hat sich der Papst bereit erklärt, das Turiner Grabtuch für eine Woche der Stadt Köln zu Ausstellungszwecken zur Verfügung zu stellen. Kommenden Sonntag wird es mit einer vatikanischen Delegation in Köln eintreffen … «
Bedächtig schritten Jakob Thiemann und Alex Karakedis in den abgesperrten Bereich hinein. Unauffällig hatten sie sich unter den rot-weißen Bändern hindurch gebückt, an den Absperrgittern vorbeigeschlichen und stierten nun neugierig in den Krater. Die Hilfskräfte, die in weißen Overalls und Staubmasken über die Unglücksstelle huschten, schienen sich für die beiden Männer nicht zu interessieren.
»Es hat also tatsächlich begonnen, Meister«, sagte Alex Karakedis und grinste seinen Begleiter von der Seite an. »Irrtum ausgeschlossen?«
Jakob nickte emotionslos. »Ein wenig mehr Vertrauen solltest du meinen Worten schon schenken, Alex.« Er deutete in das gigantische Loch. »Aber falls es dich beruhigt, ich habe mit den Statikern gesprochen, die können sich das Desaster immer noch nicht erklären.«
Grimmig zog er seine Augenbrauen zusammen und musterte den griechischstämmigen Türken mit den breiten Schultern, der ihn um mehr als einen Kopf überragte, mit einem abschätzigen Blick. »Habe ich dir in den letzten Jahren so wenig beigebracht, dass du anfängst zu zweifeln?« Er reckte seinen Arm theatralisch in die Höhe. »Da riss der Vorhang im Tempel von oben bis unten entzwei. Die Erde bebte und die Felsen spalteten sich …«
Alex deutete eine Verbeugung an. »Entschuldigt, Herr, ich kann es nur einfach noch nicht fassen, dass es bald so weit sein wird.«
Demütig stand der Hüne vor seinem Lehrer, der ihm alles beigegracht hatte, was er über die Gemeinschaft wissen musste. Vor zwanzig Jahren war Jakob in dem Dorf am Stadtrand von Izmir aufgetaucht und hatte Alex ausgewählt. Hatte gesagt, er wolle ihn unterrichten. Seiner Mutter gab er als Entschädigung etwas Geld und nahm ihn mit sich. Heute wusste Alex, dass es kein Zufall war, dass er ausgerechnet ihn aus den ganzen Jungen im Dorf auserkoren hatte.
»Endlich wirst du für deinen Fleiß belohnt werden, Alex.« Jakobs Mimik erhellte sich. »Wie laufen die Vorbereitungen mit dem Grabtuch des Herrn?«
»In zwei Tagen, gleich morgens, wird die päpstliche Delegation eintreffen. Das Tuch bringen sie bei Ankunft in die Schatzkammer des Domes. Dort soll es angeblich am Sichersten sein, aber Fabio sagt, er kann es ohne Probleme vorher austauschen.«
Jakob zupfte seinen dunklen Wollmantel zurecht, der ihm im Wind aufgeflogen war. Unter seinem schwarzen Jackett und dem schwarzen Hemd blitzte ein weißer Kragen hervor. Er strich sein schütteres Haar glatt, welches mittlerweile eher grau denn dunkelblond war. »Fabio soll bloß vorsichtig sein, sonst ist unsere ganze Arbeit dahin.«
Alex nickte.
Der Meister ballte die Faust. »Fehlt nur noch, dass diese Vicky endlich mit der Sprache herausrückt. Kaum zu glauben, dass sie schon so lange ausgehalten hat.«
»Mittlerweile denke ich«, warf Alex ein, »dass sie die Wahrheit sagt. Wüsste sie, wo sich die Schrift befindet, hätte sie es uns verraten. Sie liebt ihren Jungen.«
»Irgendwas muss sie wissen!« Jakobs Ton verschärfte sich. »Möglicherweise hat sie die Unterlagen nicht selbst versteckt, aber mit Sicherheit hat sie Hinweise über den Aufenthaltsort.«
»Wir überprüfen sie 24 Stunden, Meister. Irgendwann wird sie zusammenbrechen. Sie will ihren Sohn zurückbekommen.«
»Was weißt du eigentlich über den Jungen?«, fragte Jakob. »Hast du dich vergewissert, dass Maria keinen weiteren Ärger macht? Ich will nicht, dass uns der Bursche wegen seiner Emotionalität verloren geht.«
»Der Junge ist sicher«, nickte Alex. »Maria weiß über dessen Wichtigkeit Bescheid.« Er runzelte die Stirn. »Aber darf ich fragen, warum wir ihn Maria nennen?«
»Weil er so heißt, Alex«, unterbrach ihn Jakob. »Wusstest du das nicht?«
Alex schüttelte seinen Kopf.
Ein Telefon klingelte. Jakob kramte in seiner Hosentasche und holte ein Handy hervor. »Das nenn ich göttliche Fügung«, grinste er und hielt seinem Schüler das Display vor die Nase. Es war Maria.
KAPITEL 9
Arusch rannte so schnell er konnte zurück zu Narses’ Haus. Menschen, die sich ihm versehentlich in den Weg stellten oder aus ihren Türen auf die Straße traten, stieß er unsanft
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