Die Siedler von Catan.
nicht wenigstens bei dem Versuch gestorben zu sein, ihm doch immer anhaften. Olafs Schandtat würde in Vergessenheit geraten, weil sie alle mit solcher Scham erfüllte, dass niemand sie je ohne Not erwähnen mochte. Doch Jared würde in die Lieder eingehen als der Sohn, der seinen Vater verraten hatte.
»Das Leben ist oft bitter, Jared. Ich kann nicht glauben,
dass diese Erkenntnis dir neu ist.«
»Nein.«
»Das Wichtigste sind jetzt deine Geschwister. Du musst versuchen, es so leicht wie möglich für sie zu machen. Und was immer sie zu dir sagen, musst du aushalten. Ich bin überzeugt, dass du das kannst, denn deine Geschwister sind dir teuer, und vermutlich weiß niemand so gut wie du, wie zerrissen sie sich fühlen, wie groß ihre Verwirrung ist. Du wirst geduldig und nachsichtig mit ihnen sein, das weiß ich.«
»Dann weißt du mehr als ich. Und ich will auf keinen Fall mit ihm sprechen.« Schon bei dem Gedanken wurde ihm ganz elend vor Angst. Auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass sein Vater keine Bedrohung mehr darstellte, würde es wohl noch lange dauern, bis sein Körper das glaubte.
»Tu’s trotzdem, Jared. Tu es für dich. Sonst wird sein Schatten dich dein Leben lang verfolgen, und du wirst enden wie deine Mutter. Den Triumph solltest du ihm nicht gönnen.«
»Das ist wahr«, murmelte der jüngere Mann.
Ein paar Atemzüge lang war es still. Dann steckte Jared seinen Sax ein und stand auf. »Hier.« Er hielt Osmund den Stecken hin, an dessen einem Ende die fertig ausgenommenen Hasen baumelten, am anderen die Felle. »Gib das Candamir. Wär doch schade um das gute Fleisch.«
»Danke. Ich begleite dich ein Stück.«
»Um mit mir zu sein oder um sicherzugehen, dass ich nicht doch noch Reißaus nehme?«, fragte der Jüngere mit einem unfrohen Grinsen.
»Weil wir den gleichen Weg haben, Vetter«, antwortete
Osmund, und Jared warf ihm einen argwöhnischen Blick zu, weil die Worte so merkwürdig bedeutsam geklungen hatten. Aber es war zu dunkel, um Osmunds Züge richtig zu erkennen.
Sie sprachen kaum ein weiteres Wort auf ihrem einstündigen Weg. Je näher sie dem Dorf kamen, umso schmerzhafter wurde das nervöse Ziehen in Jareds Magen, aber Osmunds Anwesenheit half ihm, sich zusammenzunehmen.
Auf der Wiese am Flussufer hatte man unweit der Esche eine einzelne Fackel in den Boden gesteckt. Jared schaute blinzelnd hinüber und erkannte am Rande des Lichtkreises die schemenhafte Gestalt seines Vaters. Wie ein Joch hatten sie ihm einen dicken Ast über die Schultern gelegt und seine ausgestreckten Arme daran festgebunden. Auch die Fußknöchel waren gefesselt. Thorbjörn und Haldir saßen in der Nähe im Gras und hatten dem Gefangenen den Rücken zugekehrt, um ihm ihre Geringschätzung zu bekunden. Sie könnten ebenso gut schlafen gehen, fuhr es Jared durch den Kopf. So wie Olaf gefesselt war, bestand keinerlei Fluchtgefahr.
Osmund legte seinem Vetter für einen Moment die Hand auf die Schulter, ehe er sich abwandte.
Mit langsamen, unwilligen Schritten ging Jared auf die Fackel zu, vorbei an den Wächtern, die ihm mit ernsten Mienen zunickten, und blieb vor seinem Vater stehen. Erst jetzt entdeckte er Lars, der einen Schritt zur Rechten im Gras lag und erstickt schluchzte. Sein Leib wirkte eigentümlich gekrümmt, so als litte er an Krämpfen.
»Lars«, mahnte Jared gedämpft. »Nimm dich zusammen.«
Abrupt setzte der Jüngere sich auf. »Sprich nicht mit mir!«, zischte er. »Ich werde nie wieder ein Wort mit dir reden, ich schwör’s bei …«
»Nein, das darfst du nicht, Lars«, fiel sein Vater ihm ins Wort. Er sprach leise – sanft, hätte man meinen können -, dabei waren die Wächter ihnen nicht nahe genug, um sie zu hören.
»Ich erlaube nicht, dass ihr miteinander hadert. Dein Bruder hat getan, was er tun musste. Ich will, dass ihr Frieden haltet und dafür sorgt, dass unsere Sippe gedeiht und stark wird. Das ist mein letzter Wunsch.« Gehemmt durch das Joch in seinem Nacken, hob er langsam den Kopf und sah zu Jared auf. »Oder genauer gesagt, mein vorletzter. Mein allerletzter Wunsch richtet sich an dich, Jared.«
Trotz der lauen Nachtluft spürte Jared einen eisigen Schauer. »Was willst du?«, fragte er abweisend.
In den vielen Jahren, da er als Kaufmann zur See gefahren war, hatte Olaf gelernt, dass man ein geschickter, kaltblütiger Spieler sein musste, um zu bekommen, was man wollte. Nie hatte er um einen so hohen Einsatz gespielt wie heute. Und es schien ihm, sein Kopf sei
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