Die Siedler von Catan.
angenommen. Zuerst weigerte er sich, sie oder sonst irgendwen anzuschauen, und reagierte auf nichts, was sie sagten. Doch nachdem die Männer fort waren, ließ er sich überreden, mit auf die Tempelinsel zur heiligen Quelle zu kommen.
Es war später Nachmittag geworden. Die Männer kamen von den Feldern zurück und machten sich ums Haus zu schaffen, die Frauen standen am Herd, die Mägde molken das Vieh. So dauerte es nicht lange, bis sich herumgesprochen hatte, dass Osmund und Candamir Olaf gebunden ins Dorf gebracht hatten, und wie üblich versammelten sich alle an der neuen Dorfesche am Ufer, um zu hören, was vorgefallen war, und zu beraten, was zu tun sei.
Als alle freien Männer und Frauen und auch die Mehrzahl der Unfreien sich eingefunden hatten, fragte Brigitta: »Was hat das zu bedeuten?«
Osmund und Candamir wechselten einen Blick. Dann antwortete Osmund der alten Frau: »Sie sollen die Kinder wegschicken.«
»Aber …«
»Hör lieber auf mich, Brigitta.«
Sie sah ihn einen Moment mit verengten Augen an, nickte dann und machte eine Geste, als wolle sie eine Gänseschar verscheuchen. »Ihr habt es gehört. Ab mit euch in die Häuser und Hütten.«
Unterdessen trat Candamir zu Harald und flüsterte in sein Ohr.
Der Schmied riss die Augen auf. »Bist du sicher!«
Candamir stieß hörbar die Luft aus und sah ihn an. Natürlich bin ich sicher, sagte sein Blick, oder glaubst du, ich tue dies hier zu meinem Vergnügen?
Harald verschränkte die Keulenarme. Mit grimmiger Miene wandte er sich an die Versammlung. »Candamir sagt, Olaf habe sich an dem Turonländer vergangen.«
Ein paar Herzschläge lang herrschte entsetztes Schweigen. Dann erhob sich ein erregtes Raunen. Alle sprachen gleichzeitig, aber mit gedämpften Stimmen.
Brigitta ließ sich schwerfällig im Gras nieder und wandte der Versammlung den Rücken zu. Sie wusste, dies war eine Sache, die die Männer unter sich ausmachen mussten.
Der alte Eilhard wiederholte Haralds ungläubige Frage an Candamir: »Ist das sicher?«
»Es gibt drei Zeugen außer mir. Osmund, Siglind und … Jared.«
Das Raunen schwoll noch ein wenig an.
So abscheulich, so unerhört war dieser Vorfall, dass niemand sich berufen fühlte, die Verhandlung fortzusetzen. Kaum jemand hatte je von solch einem Ereignis gehört. Allein Brigitta und Eilhard, die Ältesten unter den Siedlern, konnten sich erinnern, dass etwas Ähnliches vor langer Zeit einmal vorgefallen war, und so ergriff Eilhard schließlich widerwillig das Wort.
Er wandte sich an Olaf. »Was hast du zu diesem Vorwurf zu sagen?«
Olaf stand hoch aufgerichtet und erwiderte den Blick des
alten Kriegers scheinbar unerschrocken. »Nichts.«
»Du leugnest es nicht?« Eilhard klang beinah beschwörend.
»Nein.«
Es war wieder vollkommen still geworden.
»Dann musst du sterben, Olaf«, erklärte Eilhard bedächtig.
Austin senkte den Kopf und bekreuzigte sich. Ihm war gleich, wer es sah. Jesus Christus, betete er voller Inbrunst, stimme sie gnädig und lass es sie schnell tun. Aber er hatte wenig Hoffnung, dass sein Gebet erhört würde. Er kannte seine unfreiwilligen Schäfchen. Sie würden irgendetwas Furchtbares tun. Er sah es an ihren grimmigen Mienen, dem grausamen Leuchten in ihren meergrauen und blauen Augen.
Der Sachse wusste, dass bei diesen Menschen, die es sonst mit Fragen der Moral nicht so genau nahmen, Unzucht unter Männern als das widerwärtigste aller Vergehen galt. Und grundsätzlich gab er ihnen Recht. Da er ohnehin davon überzeugt war, dass nur strenge Strafen die Menschen je Anstand und Enthaltsamkeit lehren würden, war auch bei dieser Sünde unnachgiebige Härte gefordert, fand er. Obgleich er gehört hatte, dass es diesbezüglich selbst in christlichen Klöstern Vorkommnisse gab, über die man am besten einen großen Mantel des Schweigens breitete. Ihm erschien Männerliebe so verderbt wie jede andere Form der Unzucht. Doch das war bei diesem Volk anders. Er erinnerte sich an ein Gespräch, das er mit Candamir vor ein paar Jahren einmal über dieses Thema geführt hatte, als sein Herr sehr betrunken gewesen war. Und seither wusste er, dass diese spezielle Sünde den Menschen hier unverzeihlicher erschien als ihm. Für sie war Olafs
Vergehen unaussprechlich.
»Dann gebt mir mein Schwert zurück und lasst es mich selbst tun«, verlangte Olaf. Seine Stimme klang kraftvoll wie immer, zitterte nicht einmal. »Vergesst nicht, ohne mich wäre keiner von euch je nach Catan gelangt. Ihr
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