Die Siedler von Catan.
schließen. Selbst nach sechs Jahren empfand er die Fenster seiner Halle noch als ein Geschenk, für das sie den Göttern – ganz gleich welchen – Dank schuldeten. Er schloss die Augen, genoss das Licht-und Schattenspiel von Sonne und Eschenzweigen auf seinen Lidern, spürte die kleine Hand seiner Tochter auf seinem Knie ruhen und war für einen Moment gänzlich im Einklang mit sich und der Welt.
Godwin, Candamirs getreuer Geselle, machte dem Familienidyll schließlich ein Ende. Candamir hörte seinen schweren Schritt schon, ehe er die Halle betrat, und hob den Kopf. »Godwin. Tritt ein. Trink einen Becher mit uns.«
Der Sohn des Schmieds ließ sich nicht lange bitten. »Willkommen daheim, Candamir. Nils.«
Er nahm einen überschäumenden Becher von Heide entgegen, nickte seinen Dank, setzte sich auf die Gästeseite der Tafel und trank durstig. Godwin war untersetzt und vierschrötiger als Harald, schien eher seiner Mutter nachzuschlagen. Manche fanden ihn übellaunig oder gar finster, weil er die Welt immer voller Skepsis betrachtete und jedem unaufgefordert sagte, was er dachte. Candamir fand ihn unkompliziert, seine Aufrichtigkeit erfrischend, sein handwerkliches Geschick über jeden Zweifel erhaben.
»Also?«, fragte er seinen jungen Gehilfen. »Wer hat sich heute deinen wohlverdienten Groll zugezogen?«
Godwin lächelte grimmig. »Siwold war vorhin drüben in der Werkstatt und hat sich beklagt, die Truhe sei größer, als er in Auftrag gegeben habe.«
Candamir nickte unbekümmert. Siwold war Siwards ältester Sohn, und genau wie sein Vater fand er an allen Dingen etwas zu bemängeln. »Er will den Preis drücken, nehme ich an.«
Godwin schniefte angewidert. »Zehn Spann breit, hat er gesagt. Zehn Spann breit hab ich sie gemacht. Ich weiß nicht, worüber er sich beklagt.«
»Vermutlich sind deine Hände größer als seine«, sagte Siglind.
Godwin nickte in seinen Becher. »Wär er nicht so arbeitsscheu, wären seine Hände nicht so klein.«
Candamir grinste verstohlen, ehe er sagte: »Ich rede mit ihm. Ich werde ihm schon klar machen, dass er nicht weniger bezahlen kann, weil er mehr bekommen hat, als er wollte.«
Er hatte nie Gelegenheit gefunden, Bauer zu werden wie die meisten seiner Nachbarn. Anders als sie hatte er auch irgendwann aufgehört, neues Land zu roden. Die Flächen, die er besaß, nutzte er als Weideland. Und Siglind bewirtschaftete den großen Obst-und Gemüsegarten, der ihr Haus umgab. Aber sie bestellten keine Getreidefelder. Sie kamen einfach nicht dazu. Nachdem alle Häuser fertig gestellt worden waren, hatte Candamir schnell gelernt, dass trotzdem weiterhin Zimmerleute gebraucht wurden. Berse der Schiffsbauer hatte sich wieder ganz seiner eigentlichen Kunst zugewandt und fertigte Boote, Flöße, Anlegestellen, dann und wann gar ein richtiges Schiff. Aber alle wollten Möbel: Betten für sich und ihre wachsenden Familien, Regale für ihren Hausrat, Truhen für ihre Kleider, Webrahmen, Butterfässer und hölzerne Eimer. Alle wollten Scheunen, Ställe, Pferche und Abtrittbuden. Und als Candamir glaubte, es gäbe nichts mehr zu tun, kamen die Ersten, die Umbauten und Erweiterungen an ihren Häusern wünschten. Junge Leute wurden erwachsen, heirateten und wollten eigene Häuser. Das Dorf wuchs, bis es innerhalb des Hags schon eng zu werden drohte.
Candamir und Godwin waren immer gut beschäftigt. Nebenbei frönte Candamir seiner alten Leidenschaft und züchtete Pferde. Jeder Mann, jeder Knabe und manche Frau wollten eines. Also ritt er dann und wann ins Grasland, fing einen Jährling oder eine trächtige Stute, zähmte sie und bildete sie aus, bis sie selbst dem unerfahrensten Reiter ein verlässlicher Gefährte wurden. Und sowohl für ihre Häuser und Möbel als auch für ihre Reittiere zahlten die Leute mit Getreide und Schafen – den einzigen Währungen, die in Catan von Wert waren. Manchmal wusste Candamir wahrlich nicht, wohin mit all den Kornsäcken. In Elasund wäre er ein sehr wohlhabender Mann gewesen.
»Besser, du lässt Austin mit ihm reden«, riet Godwin.
»Austin?«, fragte Candamir verblüfft. »Was bei allen Göttern hat der mit Siwold zu tun?«
Godwin spuckte verächtlich aus. »Siwold hält es neuerdings mit dem jämmerlichen gekreuzigten Gott. Genau wie sein Bruder.«
»Wenn du noch einmal in meiner Halle auf den Boden spuckst, kannst du in Zukunft in deinem Grubenhaus essen«, fuhr Siglind ihn scharf an. Sie hielt große Stücke auf gute Manieren, und
Weitere Kostenlose Bücher