Die Siedler von Catan.
lächelnd auf. »Willkommen daheim, Hacon.«
»Danke.« Unaufgefordert setzte er sich neben den Mönch auf die Bank und schaute ihm über die Schulter. In zwei Spalten war das Blatt eng beschrieben. Hier und da begann ein neuer Absatz, jeweils mit einem Datum.
»Achtzehnter August«, las Hacon murmelnd. »An diesem Tage begehen wir das Fest der heiligen Helena. Helena war die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, welcher sich als erster Imperator zum wahren Glauben bekannte. Nachdem der fromme Kaiser von den Bischöfen das Wort Gottes erfahren hatte, bat er nun seine Mutter Helena, sie möge sich mit einer Eskorte von Soldaten nach Osten aufmachen ins Land der Juden und sich auf die Suche nach …« An dieser Stelle brach der Text ab. Hacon schaute auf. »Auf die Suche nach was?«, fragte er.
Austin lächelte geheimnisvoll. »Wart’s ab. Du darfst es lesen, wenn ich fertig bin.«
»Nein, ich will nicht warten«, protestierte der junge Mann.
»Erzähl es mir. Komm schon, Austin.«
»Lies mir fünf Verse aus der Bibel vor und übersetze sie – ausnahmsweise einmal fehlerfrei –, dann werde ich deine Neugierde befriedigen«, bot sein Lehrer an.
Willig stand Hacon auf und wusch sich gründlich die Hände in dem Eimer mit Wasser neben der Tür, ehe er behutsam und ehrfürchtig das dicke, abgegriffene Buch herbeiholte. Er schlug es etwa in der Mitte auf, landete bei den Psalmen, las ein Stück und übersetzte es ohne die geringste Mühe.
Austin lauschte mit verschränkten Armen und einem sehr zufriedenen Lächeln. Hacon war ein hervorragender Schüler. Auch Siglind hatte Lesen und Latein gelernt und fand sich häufig zum Bibelstudium bei ihm ein, aber wohl vornehmlich, argwöhnte Austin, um Gott und ihm gegenüber ihr Versprechen zu halten und ihre Pflicht zu erfüllen. Sie war ernsthaft bemüht, sich das Wort des Herrn zu Eigen zu machen und danach zu leben, doch seit sie Candamir geheiratet hatte, standen er und ihre Familie im Mittelpunkt ihres Lebens, nicht Gott. Das galt auch für
Gunda, für Wiland und Asta und beinah alle seiner rund vierzig Schäfchen, die er im Laufe der letzten Jahre gewonnen hatte. Doch es bekümmerte ihn nicht mehr. Er hatte eingesehen, dass nicht jeder zu einem Leben für Gott berufen war, und er war schließlich nicht ausgezogen, um ein ganzes Volk zu Mönchen und Nonnen zu machen, sondern um ihre Seelen vor der Finsternis zu retten, wenn er konnte. Er hatte nichts dagegen, dass sie ihr weltliches Leben weiterführten. Doch Hacon, so hatte es den Anschein, war auserwählt. Seine Wissbegier und sein spirituelles Verlangen wurden größer, je mehr er lernte. Und mochte Hacon auch Schmied sein, die lasterhafte Gunda geheiratet haben und noch ein Dutzend Kinder mit ihr zeugen, so stand er dennoch im Begriff, Austins Bruder in Christo zu werden. Ihr Verhältnis erinnerte den Mönch oft an seine Jugend im Kloster, an den wissensdurstigen Novizen, der er gewesen war, und den Abt, der ihn alles gelehrt hatte, was er wusste, ihn zu dem Mann gemacht hatte, der er war. Er war Gott zutiefst dankbar, dass er jemanden gefunden hatte, an den er all das weitergeben konnte.
Also erzählte er Hacon ausführlich von Helenas Suche nach dem Kreuz, an welchem der Herr Jesus Christus für die Menschheit gestorben war, einer Suche, die schließlich von Erfolg gekrönt wurde. Doch er verschwieg auch nicht die Gräueltaten, die die Mutter des Kaisers begangen hatte, um ihr Ziel zu erreichen, und so waren sie bald in eine angeregte und äußerst gelehrte Debatte über die Frage vertieft, ob der Zweck die Mittel heilige oder nicht.
Ehe sie zu einem Ergebnis gekommen waren, erschien Candamir in der kleinen Hütte. »Ich störe das Plauderstündchen ja nur ungern …«
Hacon sah sich stirnrunzelnd um, und Austin bemerkte seufzend: »Ich bin sicher, das ist gelogen. Und so hast du schon wieder eine Sünde auf dein Haupt geladen, Candamir. Meinen herzlichen Glückwunsch zur Geburt deiner Töchter. Möge Gottes Segen sie immer begleiten.«
»Danke«, knurrte Candamir. »Aber nicht er wird ihr Schutzgott, sondern Loki und Baldur. Damit das klar ist.«
Austin schauderte unwillkürlich. Er hatte nichts gegen Baldur, im Gegenteil. Der edle Gott des Lichts, der ob seiner Sanftmut von allen Göttern am meisten geliebt wurde und dessen heimtückische Ermordung nach dem Glauben dieser Menschen dereinst die große Schlacht des Weltenendes auslösen sollte, war die einzige dieser barbarischen Gottheiten, welcher
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