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Die Siedler von Catan.

Die Siedler von Catan.

Titel: Die Siedler von Catan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Zunge, und vor allem hörte er.
    »Jetzt werft die Wurzelstücke mit der Erde in die Glut«, sagten Brigitta und die Stimme des Raben. »Dieses Mal beginnt Jared.«
    Die nassen Krumen zischten, und für ein paar Augenblicke verblasste die Glut in der eisernen Schale. Ein betäubender Geruch nach Feuchtigkeit, Moder und fruchtbarer Erde verbreitete sich in dem stickigen, kleinen Raum.
    »Nauthiz«, begann Brigitta wieder, sprach aber nicht weiter.
    »Das war meine Rune.« Es war nur noch die wunderbare Stimme des Raben, die Candamir hörte, aber sie schien aus Jareds Mund zu sprechen. »Sie steht für das, was ist: die Not. Den Hunger des Leibes und den Hunger des Geistes.« Jared blinzelte wie eine alte Eule, als könne er einfach nicht fassen, was da aus seinem Munde kam.
    »Berkano.« Brigitta wies auf die zweite Rune.
    »Ist die Rune der Birkengöttin, die meine Schutzgöttin ist«, sprach der Rabe durch Olaf. »Sie zeigt, was bald sein wird: die Erneuerung, das Wachstum, den Neubeginn des Frühlings und die Befreiung.«
    Brigittas Finger wanderte weiter. »Raidho.«
    Lange Zeit sprach niemand, doch die Alte schien keine Eile zu haben. Sie saß so reglos wie der Vogel auf ihrer Schulter, und ihr Finger wies auf die dritte Rune.
    Schließlich sprach Siward. »Ich höre die Stimme des Raben nicht, weil ich sie nicht hören wollte. Aber ich weiß, dass ich diese Rune gezogen habe. Ich habe es gefühlt.« Raidho war der einzige der Runensteine, der nahezu viereckig war, und er hatte schärfere Kanten als alle anderen. »Raidho ist der Wagen und steht für eine Reise.« Er senkte den Kopf. »Die Götter nehmen wenig Rücksicht auf eines alten Mannes Wünsche. So sei es also.«
    Es herrschte ein längeres Schweigen, aber die liebliche Stimme kehrte ganz allmählich in Candamirs Kopf zurück. Er stellte irgendwann fest, dass er sie schon eine ganze Weile flüstern gehört hatte, ehe er sie wirklich wahrnahm. Und sie raunte den Namen der vierten Rune: Hagalaz.
    »Hagalaz ist meine Rune«, sagte Margilds Mund. »Und sie kündet von Naturgewalt und Zerstörung, aber auch von Läuterung durch Prüfung.«
    »Der Sturm«, deutete Brigitta, und es war nur ihre Stimme, die jetzt sprach. »Halagaz steht für den Sturm, den wir finden und überstehen müssen, um die neue Heimat zu finden.« Sie schien noch etwas sagen zu wollen, überlegte es sich aber anders. Stattdessen wies sie auf die nächste Rune. »Thurisaz.«
    »Ich habe sie gezogen«, hörte Candamir die fremde Stimme aus seinem eigenen Mund. Trotz der Hitze überlief es ihn eiskalt, und auf seinen Oberarmen bildete sich eine Gänsehaut. Thors Rune war der Dorn, und sie symbolisierte vor allem die Manneskraft. Er fragte sich, ob das eine Weissagung auf seine persönliche Nachkommenschaft war oder ob es bedeutete, dass ihr Stamm in der neuen Heimat fruchtbar sein werde, doch die Deutung war eine ganz andere: »Diese Rune steht für den Kampfesmut der Männer, ihre Überlegenheit in der Schlacht«, verkündete der Rabe.
    Sie würden das einheimische Volk auf Olafs Insel also niederringen, wollte Thor sie wissen lassen. Nun, Candamir hatte ohnehin nicht ernsthaft daran gezweifelt. Doch Jared, der ihm schräg gegenüber saß, sagte: »Thor ist mein Schutzgott, und aus meiner Sicht ist seine Rune verkehrt. Darum kündet sie von Bösem, von Gefahr und Lüge. Und von Zwietracht.« Seine Stimme klang dünn und mutlos, und er schaute keinem der anderen ins Gesicht. Er war sehr bleich, die Wirkung des Tranks machte ihm offenbar schwer zu schaffen. Doch die Stimme des Raben in Candamirs Kopf bestätigte Jareds Weissagung. Die Erkenntnis ängstigte Candamir, und er senkte den Kopf und schloss die Augen, um sich einen Moment zu sammeln. Das erwies sich als schwerer Fehler. Einmal geschlossen, weigerten seine Lider sich schlicht, sich wieder zu öffnen. Gleißende Helligkeit und Schwärze wechselten im Takt seines Herzschlags, die Stimmen entfernten sich immer weiter, und er sah Bilder in einer wirren, irrsinnig schnellen Abfolge. Der Rabe sprach von der Rune Kenaz, der Fackel des Wissens, und Candamir sah seinen Sachsen mit erhobenen Armen am Rand einer grasbewachsenen Klippe stehen, das Gesicht gen Himmel gewandt. Seine Miene war verklärt, aber er blutete an Händen und Füßen und an der Seite. Und schon sah er Jera, die reiche Ernte: ein Feld voll goldenem Weizen, größer als jedes Weizenfeld, das Candamir je erblickt hatte. Es lag am Rande eines finsteren Waldes mit unglaublich

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