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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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weil es ihm ein Gefühl von Geborgenheit verschafft.Wenn er sich selbst nicht mehr erträgt, wird er kostenlos betäubt.Von der Stadt!« Sie brach in ein schrilles Lachen aus. »Wundern Sie sich wirklich, wenn er nicht davon loskommen will? So einer versteht das Gesetz der Straße nicht. Er kann Ihnen nichts sagen, was Ihnen weiterhilft. Er weiß nichts darüber.«
    Die Staatsanwältin seufzte, sodass Jess sich direkt an sie wandte: »Was gibt es da zu stöhnen? Wollen Sie verstehen, was läuft, oder nicht?«
    Die junge Frau schaute ihr direkt in die Augen. Darin las Jess ein Bedauern, aber sie erkannte auch den starken Willen.
    »Ich kenne Sie«, sagte sie schließlich. »Moment, ich komme gleich drauf. Sie sind die Staatsanwältin, stimmt’s, auf die es die Neonazis abgesehen haben? Ich hab’s gelesen. Ja, stellen Sie sich vor, ich lese Zeitung! Schlitzen die Ihnen immer noch die Reifen auf?«
    Myriam Singer zögerte. Jess ließ sich nicht täuschen, schaute der Staatsanwältin in die Augen, doch dann schüttelte Jess den Kopf.
    »Sie wissen, wie sich Angst anfühlt, oder? Wie beschissen man sich vorkommt, wenn einer einen bedroht?«
    Die Staatsanwältin nickte. »Ja, aber …«, sie beugte sich nach vorn, »ich gebe nicht auf.«
    »Natürlich, Sie wollen die Heldin spielen. Viel Spaß dabei!«
    »Keiner zwingt Sie dazu, sich als Nutte Ihr Geld zu verdienen.«
    Jess erstarrte. So etwas sagten unzufriedene Kunden zu ihr, der Barkeeper, die neuen Mädchen, die noch daran glaubten, dieser Job wäre nur eine kurze Episode in ihrem Leben, aber von der Frau vor ihr wollte sie das nicht hören.
    Sie erhob sich abrupt. »Sie können mich mal …« »Hören Sie«, sagte die Staatsanwältin rasch, »ich verstehe schon. Sie wollen uns nichts über Helena Baarova erzählen, aber wir werden es auch so herausfinden. Das ist für uns die leichteste Übung. Nur, wenn Sie uns helfen, geht es schneller.«
    »Man soll über Tote nur Gutes sagen«, murmelte Jess. Sie spürte, wie sie weich wurde, aber das war es, was sie wollten. Sie konnte jetzt nicht so einfach über Helena reden, ihre Geheimnisse preisgeben und ihre Träume, ihre Abgründe, ihr Scheitern, ihre Verzweiflung bloßlegen. Helena hatte nie zu den Menschen gehört, die jammerten. Sie hatte sich niemandem anvertraut. Sie hatte versucht, ihre Würde zu bewahren. Sollte sie, Jess, diese jetzt verraten? Das ging nicht. Nicht jetzt, nicht hier. Nicht wenige Stunden nach ihrem Tod, nicht in dieser Umgebung.
    Sie schüttelte erneut den Kopf. »Ich kann Ihnen nichts über Helena erzählen.«
    Der Beamte mit den schwarzen Haaren erhob sich. Er wollte etwas sagen, doch Myriam Singer hielt ihn zurück. »Lass gut sein, Ron.«
    Dann wandte sie sich Jess zu: »Irgendwann wird das Bild von Helena hier auf dem Tisch Sie so quälen, dass Sie freiwillig zu mir kommen.«
    »Werde ich das?«, entgegnete Jess höhnisch.
    »Ja! Hoffen Sie, dass es dann nicht zu spät ist.«

Prag, Goethe-Institut
    Montag, 30. April

11
    Das Goethe-Institut befand sich direkt am Ufer der Moldau, mit Aussicht auf die Slovanský-Insel und das Sophien-Palais.
    Filip Cerny dachte nicht ohne ein Gefühl von Aggression, dass sich die Deutschen wieder einmal eine der besten Adressen der Stadt unter den Nagel gerissen hatten. Das prachtvolle helle Gebäude stand nicht frontal zur Straße, sondern folgte schräg dem Verlauf der kleinen Seitengasse, die nach links abbog. So bot es dem Besucher schon von Weitem den Blick auf das reich gestaltete Portal mit dem Adler darüber, der wie ein Schutzpatron über der Weltkugel schwebte, die wiederum martialisch von einem vergoldeten Strahlenkranz umgeben war. Das Goethe-Institut besaß Geld. Und die Prager liefen ihm die Bude ein, als sei es der einzige Hort von Kultur in der Stadt.
    Alle würden heute hier erscheinen. Milan Hus gehörte zu den bekannten Persönlichkeiten Prags. Einer der Dissidenten, die die Charta 77 unterschrieben hatten. Sein Ritterschlag war, dass man ihn noch auf der Beerdigung von Jan Potočka festgenommen hatte. Der Gang ins Exil hatte dem rebellischen Studenten Glück und Ruhm gebracht. Gleich nach Studium und Habilitation in Wien hatte er einen Ruf als Professor nach Frankfurt erhalten.
    Unwillkürlich hob Filip den Aktenkoffer und presste ihn kurz an sich.Verwundert hatte Dora seine Aufregung kommentiert, sodass er ihr etwas von einem wichtigen Treffen mit einem Kunden erzählte, an das sie, wie ihre skeptische Miene bewies, nicht glaubte.
    Jemand

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