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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dem Herzog plötzlich alles nicht schnell genug gehen.
    Während Ulrich und seine drei Jagdkameraden schon frühmorgens dem Wein zusprachen, standen sich Jerg, Cornelius und ungefähr zwanzig andere Bauern die Beine in den Bauch. Nachdem sie sich am Burgtor gemeldet hatten, bekamen sie von einem der Jagdhelfer Rätschen, blecherne Töpfe und Löffel ausgeteilt. Dann marschierten sie gemeinsam in den Wald, wo jeder seinen Platz zugewiesen bekam, so daß am Ende alle in einer Reihe mit ungefähr fünf Metern Abstand voneinander standen. Und das für die nächsten zwei Stunden.
    »Verflucht noch mal«, zischte Jerg seinem Bruder zu, der als nächster neben ihm stand. »Wenn die jetzt nicht bald anfangen, ist wieder ein ganzer Tag für uns verloren!«
    »Schrei noch lauter, dann hast du bald auch deinen Kopf verloren«, flüsterte Cornelius zurück.
    »Soll ich mich etwa beim Herzog für die gestohlene Zeit noch bedanken?« entgegnete Jerg herausfordernd.
    »Du und deine wilden Reden! Ich kann’s schon nicht mehr hören! Anstatt dich um dein Weib zu kümmern, spuckst du große Worte und rennst dabei noch hinter jedem Weiberrock her, den du finden kannst. Ja, glotz du nur! Glaubst du denn, ich weiß nicht, wo du gestern nacht warst?« Mit Genugtuung bemerkte Cornelius, wie Jerg bei diesen Worten leichenblaß wurde. Genüßlich fuhr er fort: »Das weiß doch schon das halbe Dorf, daß du bei der Hure ein und aus gehst. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dein Weib davon erfährt, laß dir das als Warnung gesagt sein!«
    Jerg atmete auf. Einen Augenblick lang hatte er schon gedacht, Cornelius wüßte …
    »Und was soll’s? Willst du etwa behaupten, daß mein Weib zu kurz kommt? Ich bin eben Manns genug für zwei Röcke.« Herausfordernd blickte er Cornelius an. Dieser schüttelte den Kopf.
    »Jerg, Jerg, du willst immer so schlau sein … Und merkst dabei nicht, daß du dir das falsche Weib zur Gespielin ausgesucht hast. Ist dir denn wirklich entgangen, daß der Jost es auf Sureya abgesehen hat wie der Teufel auf die armen Seelen?«
    Bevor Jerg darauf antworten konnte, war endlich das Halali der Bläser zu hören. Erleichtert, daß die Warterei nun ein Ende hatte, setzte sich die Kette von Männern in Bewegung. Hier und da war ein Stöhnen zu hören, als steifgefrorene Glieder und schmerzende Knochen wieder in Bewegung kamen. Bald beherrschte anstelle von spärlichem Vogelgezwitscher nun Töpfeklappern, das Scheppern der Rätschen und lautes Schreien und Rufen den Wald. Aus der morgendlichen Idylle war ein Tollhaus geworden, dem die Bewohner des Waldes zu entkommen suchten, indem sie die Flucht nach vorne antraten, nicht ahnend, daß sie dort eine noch viel größere, tödliche Gefahr erwartete: Aufgeschreckte Kaninchen, Fasane und Enten suchten das weite, etwas weiter links erhob sich ein ganzer Schwarm Rebhühner in die Luft. Alles, was Beine oder Flügel hatte, wurde von den Treibern auf die Waldlichtung zugetrieben.
    Dort hatten in der Zwischenzeit Ulrich und seine Begleiter Stellung bezogen, wobei der Herzog selbstverständlich den besten Platz in der Mitte der Lichtung für sich einnahm. Die Pferde waren schon vorher von Stallburschen weggeführt worden, so daß keines der heißblütigen Rösser durch den unerwarteten Lärm aufgeschreckt davonpreschen und sich dabei verletzen konnte.
    Die Weinlaune vom frühen Morgen hatte mittlerweile einer unruhigen Spannung Platz gemacht. Skeptisch blickte Hans zum Herzog hinüber, dessen morgendliche Frische nach dem Alkoholgenuß wie weggeblasen schien. Auch die anderen beiden Jagdkumpane schienen nicht gerade auf dem Höhepunkt ihrer Konzentration zu sein: Augustin von Brabant hatte seine Armbrust noch nicht einmal geschultert, und auch der Ritter von Hoheneck gab kein besonderswaidmännisches Bild ab, wie er so ausgiebig gähnend dastand. Plötzlich war ein Rascheln und Knacken zu vernehmen.
    »Hört Ihr, was ich höre? Ich glaube, die Treiber sind nicht mehr weit! Wird Zeit, daß die Bläser ihnen ein Zeichen geben!« Kaum hatte Hans zu Ende gesprochen, da erschien auch schon das erste Reh mit weitaufgerissenen Augen auf der Lichtung und verharrte dort reglos vor Angst, als es die Witterung der Menschen aufnahm. Ulrich hob seine Handbüchse, setzte an, zog ab – und verfehlte! Das Reh stob davon.
    »Verflucht noch mal, muß mich erst an das neue Ding gewöhnen.« Der Herzog spuckte auf den Boden, lud umständlich etwas Pulver in den Lauf und schob dann ein kleines

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