Die Silberne Festung
befand sich je ein großer Waschraum mit Toilette.
Walker schlug das Oberteil eines Schlafsacks in einer der Kojen zurück.
»Die Elastizität der Schlafsackhüllen läßt sich einstellen. Wie sich gezeigt hat, schläft man besser, wenn man zumindest eine gewisse Schwerkraftillusion hat. Der Schlaf in schwerelosem Schwebezustand ist nicht allzu erholsam. Wir haben mit Vakuumduschen angefangen, wie die Russen sie benützen, aber die Dinger können wirklich lästig sein. Übrigens noch etwas: Im Schlafmodul – und in der ganzen Station – gibt’s keine Geschlechtertrennung. Und keine getrennten sanitären Einrichtungen. Wir haben bisher erst wenige Frauen an Bord von Silver Tower gehabt…«
Ann fragte sich, wie es sein würde, von einem Dutzend Männer umgeben zu schlafen. Wahrscheinlich würden die anderen sich unbehaglicher fühlen als sie. Ann hatte nichts gegen Männer; sie mochte sie ausgesprochen – oft mehr, als sie eigentlich verdienten…
Die Gruppe bewegte sich weiter zur nächsten Luke. Diese hier war doppelt gesichert und führte in ein zweites Andockmodul, das mit dem des Kommandomoduls baugleich war. Walker erklärte den beiden Neulingen jedoch, daß es für die Übernahme von Nachschub und Treibstoff aus einer Raumfähre oder einer unbemannten Transportrakete besser geeignet sei.
Er deutete auf eine Bodenluke. »Diese Luke führt ins Vorrats- und Lagermodul, unter dem der MHD-Reaktor installiert ist. Wie Ann Ihnen sagen kann, Dr. Baker, bedeutet die Abkürzung MHD magnetisch-hydrodynamisch – ein Verfahren zur Erzeugung großer Energiemengen in einem kleinen Gerät. Von hier aus gehen wir zur Technik hinüber.«
Die Abteilung Technik hatte große Ähnlichkeit mit dem Kommandomodul. »In Wirklichkeit ist das unser Computerzentrum«, erläuterte Walker.
»Auch die Küche… äh, die Kombüse ist hier untergebracht.«
Er ging weiter und deutete auf die Luke am anderen Ende des Computerzentrums. »Das ist Ihr Arbeitsraum, Ann – das Kommandomodul für Ihren Skybolt-Laser. Seitdem es vergangenen Monat an die Station angeschlossen worden ist, hat es niemand mehr betreten.«
Sie öffneten die Luke und betraten das Modul – oder versuchten es zumindest. Im Gegensatz zu den übrigen Stationsmodulen war das Skybolt-Modul so mit Instrumentenschränken, Kabelsträngen und Steuerkonsolen vollgestopft, daß nur ein winziger Arbeitsplatz in der hintersten Ecke freiblieb.
»W-wo soll ich arbeiten?« fragte Ann. »Ich meine, wo ist mein Labor, wo sind meine Instrumente, meine Prüfvorrichtungen? Ich…«
»Alles da«, versicherte Walker ihr beruhigend. »Aber die Geräte sind etwas enger angeordnet worden, damit sie in dieses eine Modul passen.
Ihre Steuerkonsole ist dort drüben, und ein Teil der Überwachungsinstrumente finden Sie an der Decke.«
Eine gewaltige Untertreibung, stellte Ann fest. Die wichtigste Konsole befand sich zwischen Handgriffen und Klettbändern an der Decke. Sie zwang sich dazu, Oberst Walker anzulächeln, aber ihr wurde schon schwindlig, wenn sie diese Deckenkonsole nur ansah.
»Willkommen im Silver Tower.«
3
JUNI 1992
Defense Intelligente Agency,
Virginia
»Gut, Mr. Collins«, sagte George Sahl, der Stellvertreter des Direktors der Operationsabteilung der Defense Intelligence Agency. »Ich bin ganz Ohr – und Ihr Abteilungsleiter offenbar auch.« Er sah rasch zu Preston Barnes hinüber, der für den Betrieb des Aufklärungssatelliten KH-14/IH verantwortlich war. »Also raus damit!«
Jackson Collins, ein junger Bildauswerter in Barnes’ Abteilung, räusperte sich und trat einen Schritt auf Sahl zu. »Ja, Sir. Die Russen werden im Iran einmarschieren.«
Barnes schloß die Augen und murmelte: »Idiot!« – hoffentlich so leise, daß die anderen es nicht hörten. Collins sah, wie der stellvertretende Direktor die Schultern hängen ließ. Bevor Sahl irgend etwas sagen konnte, fuhr Barnes seinen jungen Bildauswerter aufgebracht an. »Collins, wissen Sie nicht, wie man anständig Bericht erstattet?«
»Langsam, Preston«, mahnte Sahl und hob eine Hand, um Barnes zum Schweigen zu bringen. »Ich habe Ihren Bericht und Ihre Analyse überflogen, Mr. Collins. Jetzt möchte ich, daß Sie’s mir erzählen. Aber bitte ganz kurz.«
»Ja, Sir… Die Truppenkonzentration im Bereich des südlichen Militärbezirks, dessen Oberkommando sich in Taschkent befindet, paßt nicht zu einer Herbstoffensive in Afghanistan oder den für diesen Monat angekündigten alljährlichen
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