Die silberne Göttin
übersetzen.
Mein lieber Freund!
Es ist etwas Interessantes geschehen. Lord Alton wurde in seinem Bett ermordet. Unglücklicherweise ereignete sich dieser Mord nicht lange, nachdem ich in London angekommen war, und wurde mit einem Messer ausgeführt. Wie schon zuvor, gibt es welche, die mir auch jetzt diese Tat gerne in die Schuhe schieben möchten. Ich halte es daher für ratsam, einige Zeit nicht erreichbar zu sein. Mach dir keine Sorgen. Sie werden mich nicht finden.
Was diese Angelegenheit betrifft, die dein besonderes Interesse hat, so habe ich nichts über den jungen Raunds herausgefunden – der jetzt Lord Alton genannt wird, vermute ich. Wie auch immer, ich bin noch auf eine andere beunruhigende Neuigkeit gestoßen. Mein älterer Bruder erzählte mir, dass er auf seiner ersten Reise nach Demerara – vor ungefähr acht Jahren – Lord Sebergham begegnet ist, der, wie du weißt, von seinem Vater dorthin geschickt worden war. Sebergham hatte ein so ausschweifendes Leben geführt, dass er, wie es scheint, durch übermäßigen Alkoholkonsum gestorben ist.
Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass der Baron einen englischen Freund hatte, einen Mann von niederer Geburt, der auf den Kaffeeplantagen als Aufseher arbeitete. Mein Bruder beschreibt ihn als einen dunkelhaarigen Mann mit erschreckend blauen Augen, nicht unähnlich dem früheren Baron. Diese Beschreibung scheint mir auf deinen Nachbarn zu passen, den Mann, den du als Carl Fraser, Baron Sebergham kennst, und dieser Mann scheint nicht in London zu sein.
Ich rate dir, ihm gegenüber sehr vorsichtig zu sein.
Vijaya.
Rob ließ wie vom Donner gerührt den Brief auf den Tisch fallen. "Wahrhaftig! Was für eine Geschichte. Ich glaube, ich muss Sebergham sofort einen Besuch abstatten."
"Aber Feller sagte doch, Seberghams Butler habe ihm erzählt, dass seine Lordschaft in London sei ."
"Vielleicht ist er dort gewesen. Wenn er unser Mann ist, dann ist Lord Altons Tod sein Werk. Ich möchte auf jeden Fall sichergehen, dass er jetzt nicht hier in dieser Gegend ist. Es hört sich an, als würde er sich verstecken."
Iantha sprang auf. "Aber du könntest verletzt werden." Sie lief zu ihm, fiel ihm um den Hals und klammerte sich an seinen Rock. "Oh Rob, bitte geh nicht. Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas zustieße."
Seine starken Arme umschlossen und wärmten sie. "Mir wird nichts geschehen." Er strich ihr mit den Lippen über die Schläfe. "Wie ich dir schon gesagt habe, bin ich außerordentlich zäh. Ich werde vorsichtig sein und nicht alleine gehen."
Iantha schluchzte auf. Sie konnte es nicht ertragen. Sie konnte es einfach nicht!
Rob ließ sie weinen, bis sie einen Schluckauf bekam und ihre Tränen versiegten. Dann fasste er ihr unters Kinn und hob ihr Gesicht zu sich empor. "Ich muss es überprüfen. Du weißt, dass ich das muss."
Iantha suchte in ihrer Tasche nach einem Taschentuch und nickte. Sie schnäuzte sich und wischte sich die Augen. "Ich weiß. Versprich mir nur, dass du größte Vorsicht walten lässt."
"Natürlich. Komm, du bist doch meine starke Frau." Er küsste sie leicht auf die Wange.
Iantha fühlte sich aber nicht stark. "Du wirst sehr vorsichtig sein?"
"Das habe ich dir doch versprochen." Rob zog sie an seine breite Brust. "Ich muss doch zurückkommen, um dich zu lieben, meine Göttin."
19. Kapitel
Der Rest des Nachmittags wurde für Iantha zum Albtraum. Sie saß mit John im Frühstückssalon, denn keiner von ihnen wollte sich allein im großen Salon aufhalten. Nur zu gut erinnerten sie sich an das letzte Mal, als sie alle dort gewesen waren. Jetzt, wo Camille tot war, konnte Iantha sich nicht vorstellen, wer sonst im Haus den Mördern die Tür öffnen könnte. Aber andererseits …
Sie hatte Camille nie in Verdacht gehabt.
Iantha zuckte beim kleinsten Geräusch zusammen. Bilder davon, dass Rob durch Seberghams Hand starb, quälten sie, und sie konnte sie nicht aus ihrem Kopf verbannen. Sie versuchte, in ihrem Skizzenbuch zu arbeiten, aber wie immer, wenn etwas sie beunruhigte, gerieten ihr ihre Zeichnungen düster und ungelenk. Sie begann, Sebergham zu malen, mit einem Messer im Herzen.
John las ruhig in einem Roman – der absolut keine Erbauungslektüre war, wie er ihr versicherte. Mit spitzbübischem Grinsen bot er ihr an, die Passagen über Geister laut vorzulesen, doch Iantha war nicht in der Stimmung für diese Art von brüderlichem Humor. Und sie erkannte auch, dass er damit nur seine eigene
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