Die silberne Göttin
habe nur immer gespürt, dass da so etwas Eigenartiges an ihm war. Er ist zwar in unserem Alter, aber ich habe ihn als Kind nicht gut gekannt." Sam drehte nachdenklich sein Glas zwischen den Fingern. "Er wurde so unbändig, dass sein Vater ihn nach Südamerika schickte. Das war zu der Zeit, als du nach Indien gingst. Aber er ist seit einigen Jahren zurück. Kam, als sein Vater starb. Von Zeit zu Zeit sehe ich ihn in der Stadt." Er zog eine Grimasse. "Er ist der Letzte der Frasers, und so fiel die Baronie an diesen glücklichen Schurken, trotz seiner missratenen Jugend. Das ist schon ein schöner Landsitz." Er trank seinen Sherry aus und setzte das Glas ab. "Wenn auch nicht so schön wie The Eyrie."
"Bist du wegen der Schießpulverfabrik gekommen?" Rob leerte auch sein Glas und stellte es beiseite.
"Ja, heute bin ich als dein Makler hier. Die Sache entwickelt sich zu einer interessanten Investition. Wenn deine schöne Frau uns entschuldigen würde …?" Beide Männer erhoben sich.
"Gewiss." Iantha stellte ihre Tasse ab. "Ich habe auch zu tun."
Rob beugte sich zu ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Dann werde ich dich später sehen."
Iantha legte die Hand auf die Wange, wo Rob sie geküsst hatte und sah, wie seine hohe Gestalt durch die Tür verschwand.
Etwas in ihr erwachte.
Als Rob das Zimmer betrat, war Iantha so ins Schreiben vertieft, dass sie ihn erst bemerkte, als er dicht hinter ihr stand. Sie fuhr auf, als er ihr die Hände auf die Schultern legte und sich niederbeugte, um ihr einen Kuss aufs Haar zu drücken. "Oh, ich habe dich gar nicht hereinkommen hören."
"Verzeih mir. Ich wollte dich nicht erschrecken." Er spähte über ihre Schultern. "Und du hast Briefe für La Belle Assemblée beantwortet?"
Plötzlich fiel Iantha ein, was da auf ihrem Schreibtisch lag. "Oh nein!" Hastig ordnete sie die Papierbögen zu einem Stapel. "Das ist –"
Eine große Hand legte sich auf den Haufen Blätter und unterbrach ihre hektische Aktivität. "Noch ein sündhaftes Geheimnis, Mylady?"
Iantha blickte ihm forschend ins Gesicht. Ja, tief in seinen dunklen Augen entdeckte sie ein verräterisches Funkeln. "Kaum, Mylord."
Er stützte sich immer auf noch auf den Stapel, während er ihr mit der anderen Hand das Haar aus dem Gesicht strich. Nur die Augen straften sein ernstes Gesicht Lügen. "Warum bemühst du dich dann, das hier vor mir zu verstecken?"
Iantha lehnte sich zurück, kreuzte die Arme vor der Brust und bedachte ihn mit einem strafenden Blick. "Du weißt, dass es sich nicht um etwas Skandalöses handelt."
"Stimmt." Er setzte sich auf den Rand des Schreibtischs. "Warum also willst du es mich nicht sehen lassen?"
"Es – es gehört auch zu den Dingen, über welche Männer gerne lachen." Er schüttelte warnend den Kopf. "Habe ich über deine Arbeit als Lady Weisheit gelacht?"
Sie dachte eine Weile nach. "Nur einmal."
Er hielt mahnend den Zeigefinger hoch. "Nur aus Erleichterung. Alle deine Talente interessieren mich. Willst du mir nicht doch erzählen, was du da schreibst?"
Iantha stieß einen tiefen Seufzer aus. Sie wusste, dass er ohne ihre Erlaubnis das Geschriebene nicht lesen würde, auch wenn er es mit Leichtigkeit tun konnte. Aber … Sie deutete auf den Stapel. "Ich schreibe einen Roman."
"Einen Roman?" In Robs Gesicht leuchtete Interesse auf. "Was für eine Art von Roman? Ist es etwas Erbauliches?"
Iantha lachte und schüttelte den Kopf. "Nein, ganz und gar nicht. Ich hasse erbauliche Bücher."
Rob lachte schallend. "Genau wie ich. Was ist es dann?"
"Eine Abenteuergeschichte. Doch ich muss gestehen, dass ich nur wenig Material hatte, ehe ich dich kennen lernte. Aber jetzt komme ich ganz gut voran. Ich füge gerade unser gestriges Abenteuer hinzu."
"Alles?" fragte ihr Gatte und grinste.
"Nun, nein." Das Blut schoss ihr in die Wangen. "Ich kann doch nicht die … die Nachwirkungen beschreiben. Das wäre wohl kaum schicklich."
Rob zog sie von ihrem Sitz und zwischen seine Knie. "Aber sehr abenteuerlich." Er legte die Arme um sie, und dann war für ein paar Augenblicke eine Unterhaltung nicht mehr möglich.
Als sie schließlich einmal Atem schöpfen mussten, hielt er sie fest in den Armen, während er sagte: "Ich habe mit Sam über unser gestriges Abenteuer gesprochen. Er ist auch sehr besorgt."
"Ich auch." Iantha lehnte sich etwas zurück, um ihm ins Gesicht zu sehen. Rob ließ sie los, und sie gingen zu den Sesseln nahe beim Kamin. "Was meint Sam dazu?"
"Er steht vor einem
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