Die silberne Maske
gemerkt, dass ich auf deinen Besuch vorbereitet war? Als der Kauz nicht zurückkam, nachdem der scheußliche schwarze Uhu ihm unerlaubt gefolgt ist, wusste ich Bescheid.«
Einladend wies er auf die Tempelpforte. »Komm herein!«
»Nein danke! Das erledigen wir jetzt und hier.« Laycham ging zügig auf ihn zu und hob dabei in fließender Bewegung das Schwert über den Kopf.
»Wollen wir wetten, dass du das nicht tun wirst?«, fragte Maletorrex gemütlich.
Laycham zögerte nicht. Antwortete nicht. Schlug mit aller Macht zu ... und die Klinge zerbrach in der Luft. Beißender Schmerz durchzuckte sein Handgelenk. Es war, als hätte er an einen Felsen geschlagen.
»Woher hast du nur diese Dummheit, mein Sohn? Von mir jedenfalls nicht!« Maletorrex streckte die Hand aus. Zoe, die auf Abstand geblieben war, wurde von unsichtbarer Hand nach vorn gerissen, auf den fetten Hohen Priester zu. Sie wehrte sich aus Leibeskräften, doch da packte er sie und zerrte sie mit einem Ruck an sich. Dabei flogen zwei Käfer davon. »Die Gesandte ist zurück. Nur darauf ist es mir angekommen. Mit ihr werden wieder Ruhe und Frieden in Dar Anuin einkehren. Dazu bedarf es lediglich einer kleinen ... Operation, um ihr ihre eigenen Gedanken ein für alle Mal auszutreiben, und sie wird die treueste aller Dienerinnen sein.«
Er seufzte theatralisch, als Laycham mit dem Restschwert nach ihm stach.
»Was du da tust, ist so ... nutzlos!« Maletorrex drückte einen schmatzenden Kuss auf Zoes Haar. »Sag dem Prinzen Lebewohl, schöne Frau! Wir beide haben jetzt eine Verabredung. Auf dem Operationstisch.«
Er grinste lasziv.
Zoe schlug und trat nach ihm. Suchte Laychams Blick, wollte nach oben zeigen. Doch Maletorrex hielt sie im Würgegriff, und ihr ging bereits die Luft aus. Kraftlos fiel ihre Hand herunter.
»Hoch!«, krächzte sie verzweifelt. Das Wort drang nicht durch ihre Maske. Tränen perlten aus ihren Augen, als Maletorrex sie rückwärts zum Tempeleingang zerrte. Zoe weinte allerdings nicht ihretwegen. Sondern weil Laycham nicht begriffen hatte, was sie ihm sagen wollte.
Oben auf der Ringstraße legte ein Bogenschütze auf ihn an.
Azzagar war am Himmelstor geblieben, als seine Gefährten weiterrannten, um sich entlang der abschüssigen Straße zu positionieren. Er war der Beste der Bogenschützen, daher war es an ihm, die höchste Stelle einzunehmen. Von dort hatte er die ganze Stadt im Blick und konnte handeln, wenn er sah, dass jemand auf die Krieger anlegte.
Die komplette Straßenschraube war in Aufruhr. Überall wurde erbittert gekämpft. Überall wurde gestorben. Frauen, selbst Kinder beteiligten sich an diesem letzten Kampf um die Freiheit, und auch sie fanden keine Gnade bei Maletorrex’ Schergen.
Der Schreck, den das Auftauchen der Hundert Gerechten bei ihnen ausgelöst hatte, flaute allmählich ab, und die schwarz Uniformierten töteten wie im Blutrausch. Selbst ein armer kleiner Hund, der jaulend zu fliehen versuchte, verlor sein Leben unter ihren brutalen Tritten.
Azzagar hatte seine Ausrüstung auf einen Handkarren gelegt, der verlassen am Himmelstor stand. Dabei war ihm aufgefallen, dass die Ladefläche höher stand als der Wagenboden. Er hatte das überprüft und den Hohlraum entdeckt. Ein ihm bekannter Faitache namens Nethan, der sich darin feige vor den anrückenden Kriegern verkrochen hatte, lag jetzt tot neben den Wächtern am Tor.
Azzagar schoss einen Pfeil nach dem anderen ab; seine Finger bluteten schon vom ständigen Spannen der Sehne. Es kümmerte ihn nicht. Er litt mit den Elfen seiner Stadt, und für ihn konnte das Nachladen nicht schnell genug gehen.
Bis jetzt.
Doch seit einer gefühlten Ewigkeit stand er still, den Bogen in der Hand, den Pfeil bereits eingelegt. Es war ein spezieller Pfeil, mit einer Spitze aus Feuerstein, nicht aus Bronze. Man konnte damit etwas in Brand schießen - wenn man es traf. Und das war die Krux.
Denn das Ziel befand sich am anderen Ende der Stadt, vor dem Tempel. Und es war verschwindend klein.
Azzagar konnte von oben sehen, was Laycham nicht sah: Der Prinz stand in einem Bannkreis. Laycham stieß mit seinem Schwert nach Maletorrex, ohne ihn zu treffen, obwohl der Priester direkt vor ihm war. Und der hielt die Gesandte fest! Nie hätte Laycham das hingenommen!
Es war klar, dass die beiden sterben würden, wenn keine Hilfe kam. Und sie würde nicht kommen, denn Birücs Männer waren auf dem Versammlungsplatz von Faitachen umzingelt und kämpften um ihr Leben.
Es gab
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