Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
Vom Netzwerk:
sprangen über diese sich bildenden Hindernisse hinweg. Einmal schabte ein Splitter über Tajimas Rücken. Der Schmerz war so heiß wie die Oberfläche des Höllenfeuers. Er biß die Zähne zusammen und rannte weiter. Vor ihnen und neben ihnen platzten die Wandelnden Steine auseinander. Tajima vernahm einen fernen, traurigen Hauch, vielleicht die Präsenz des Sterbens.
    »Nicht mehr weit!« rief die Außenweltlerin. Um sie herum donnerte und krachte es. »Wir sind dem Ende des Steinwaldes nahe.«
    Tajima konnte es jetzt ebenfalls sehen: ein breiter Spalt, dahinter die Fortsetzung des Wüstenlands. Er verdoppelte seine Anstrengungen. Ein Schatten legte sich über sie und verfinsterte den Hellglanz des Höllenfeuers. Es war ein tonnenschwerer Felsquader, der sich von der Wand rechts von ihnen löste und wie in Zeitlupe niederstürzte. Tajima erkannte im gleichen Augenblick, daß ihnen nicht mehr die Zeit blieb, auszuweichen.
    »Rovaria!«
    Sie warf die Arme empor und schrie einige Magische Worte. Ein Keil aus Kraft bohrte sich in den Fels, spaltete ihn und trieb die Trümmerstücke davon.
    Aber nicht alle.
    Ein Bruchstück jagte heran und traf die Außenweltlerin am linken Arm. Der Fels löste sich nicht auf. Rovaria gab einen schmerzerfüllten Laut von sich, dann riß Tajima sie mit sich fort. Einige Sekunden später stürmte er mit ihr durch den Spalt, der aus dem Steinwald herausführte. Die Granite blieben hinter ihnen zurück. Ihre krachenden und donnernden Stimmen verklangen langsam.
    Vorsichtig ließ er Rovaria zu Boden sinken. Ihr langes, silberfarbenes Haar war mit einer Schicht von weißem Staub bedeckt. Der Blauschimmer in ihrer ockerfarbenen Haut hatte sich intensiviert. Sie stöhnte. Tajima öffnete ihre Jacke, um die Wunde an ihrem linken Arm zu untersuchen.
    Das, was er sah, ließ ihn den Atem anhalten. Rovaria versuchte, den Arm seinem Griff zu entziehen. Gleich darauf stöhnte sie erneut.
    Die Haut war dort zerrissen, wo der Felsbrocken sie getroffen hatte. Aber kein Blut trat aus der Wunde. Kein Fleisch war zerfetzt.
    Tajima blickte auf blankes Metall, auf winzige Drähte und gedruckte Schaltungen.
     

 
7.
     
    Es gibt viel zu erleben und viel zu lernen. Eins aber müßt ihr sofort begreifen, Schüler: Die Mächte der Anderen Welt können auch Unheil bringen. Setzt die Magische Stimme nicht gedankenlos ein. Bemüht euch, ihre Kraft immer zu kontrollieren. Seid euch dieser Problematik bewußt. Einige haben mit diesen Kräften gespielt und sind daran zugrunde gegangen. Bedenkt dies wohl.
    Prophetenschule, Leseitis
     
    Wir huldigen dir, Finstermann, Geschöpf aus der Welt jenseits der Welt. Wir bringen dir Opfer dar. Wir erflehen deinen Rat und deine Kraft. Wir geben dir ein neues Leben, Finstermann. Und dafür fordern wir deine Kraft.
    Finstermann-Beschwörungsformel
     
    In den Brut- und Gebärkammern war es warm. Es waren die unteren Gewölbe, die tiefste Etage des Kirchenklosters. Unter den Steinplatten mit den Asketischen Symbolen lag der Boden des Vulkankraters, in dessen Innern sich die Bauten des Klosters befanden.
    Langsam schritt der Ganzasket durch die Tiefengewölbe. Er genoß die Wärme, die durch seinen Körper kroch. Er betrachtete die vielen Kuben aus Blauopalen, in denen die Embryos von Hybriden und Spezialmenschen heranwuchsen. Novizen eilten hin und her und überprüften Wachstum und Genreinheit. Es war still. Nur hin und wieder wurde ein Wort gewechselt. Einmal blieb der Ganzasket stehen und blickte durch eins der Transparentfenster ins Innere einer Brutkammer.
    Ein Soldat: rotes Haar, schlanker, muskulöser Körper. Die Genmale wiesen ihn als rein aus. Der Asket nickte zufrieden. Ein anderer Mönch in scharlachroter Robe trat an seine Seite.
    »Darf ich dir helfen, Hoher Herr?«
    Der Ganzasket blickte zur Seite. Die drei Schwarzrubine in seiner Stirn leuchteten matt. Die Robenzeichen des anderen Asketen zeigten die Dritte Erkenntnisstufe an. Sie lag weit unter der seinen.
    »Die Arbeiten schreiten gut voran?«
    »Ja, Hoher Herr. Die normalen Komplikationen, nichts von Bedeutung. Wir sind gerade damit beschäftigt, eine neue Lieferung für den Ohtaniclan zusammenzustellen: zweitausend Soldaten und eine Reihe von Kampfhybriden; Streitlibellen, Xanthippen und diesmal sogar zwei Metamorpher.«
    »Berücksichtige die Preiserhöhung.«
    »Natürlich, Hoher Herr. Ich werde daran denken.«
    Der Ganzasket schritt weiter an den Brutkammern entlang. Durch eine kurze Passage gelangte er in

Weitere Kostenlose Bücher