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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Runde. Es war heiß in den steinernen Gängen. Die Hitze des Höllenfeuers sammelte und konzentrierte sich hier, ohne entweichen zu können. Es war wie in einem Brennofen. Sie durften sich nicht allzu lange hier aufhalten. »Ich frage mich, wie es entstanden ist. Sonderbar …«
    Stunde um Stunde schritten sie durch die Passagen, zwängten sich durch enge Spalten … und fanden sich schließlich in einem toten Gang wieder. Eine massive Felswand versperrte ihnen den Weg.
    »Auch das noch«, stöhnte Tajima. Seine Stirn glänzte; Schweiß rann ihm in die Augen und brannte. »Wir müssen zurück. Den ganzen Weg zurück.«
    »Halt, warte.« Sie schloß erneut die Augen. »Hinter der Felswand geht es weiter, eine breitere Passage. Auf zweihundert Meter Tiefe kann ich keine weiteren Hindernisse entdecken.«
    Tajima blickte empor. »Wir können die Wand nicht überqueren. Sie ist zu steil und bietet keinen Halt. Selbst ein geübter Kletterer …«
    »Nein, so schaffen wir es nicht.«
    Sie warf die Arme empor, legte den Kopf in den Nacken und erhob ihre Magische Stimme. Der Himmel schien sich zu verdunkeln, der Wind den Atem anzuhalten. Die Hitze war plötzlich fern. Kühle wehte heran und bedeckte die Felswand vor ihnen mit einer Schicht aus glitzerndem Rauhreif. Worte erklangen, von Macht erfüllt. Sie zerrten an der molekularen Struktur des Felsen. Sie lösten auf und verwandelten. Und immer wieder ließ die Außenweltlerin ihren Magischen Ruf ertönen. Es krachte und knirschte. Tajima wich unwillkürlich einige Schritte zurück.
    Die Wand vor ihnen zerbarst mit einem donnernden Knall. Tausende und Abertausende von Bruchstücken jagten davon. Sie lösten sich in feinen Staub auf, wenn sie den Körper der Außenweltlerin berührten. Tajima verspürte einige schmerzhafte Stiche. Er war durch keine Magische Schwelle vor den umherfliegenden Steinsplittern geschützt. Er warf sich zu Boden und legte die Arme schützend um den Kopf. Nach einigen Sekunden verklang das Krachen und Knistern und Grollen. Staub lag in der Luft. Tajima hustete und erhob sich wieder.
    Rovaria lächelte und deutete auf den Durchgang.
    »Der Weg ist frei«, sagte sie lapidar.
    Sie schritten hindurch. Und kaum hatten sie den Durchgang passiert, als Tajima Nimrod wie angewurzelt stehenblieb. Er war nur rudimentär der Gedankenstimme mächtig. Dennoch spürte er, daß etwas geschehen war.
    Rovaria Louca erblaßte.
    »Oh, ich wußte nicht, daß …«
    Um sie herum erklangen wieder die Flüsterstimmen. Diesmal aber, das wußte Tajima, war es nicht der Wind, der mit seinen Hitzearmen in Ritzen und Spalten sang. Diesmal waren es die Stimmen der Felsen, der zornige Ruf des Granitwaldes. Und Tajima erinnerte sich an die Worte einer Geschichtenerzählerin, der er vor Jahren einmal gelauscht hatte.
    Störe niemals die Ruhe der Wandelnden Steine. Sie träumen, denn einst lebte ein mächtiger Magier, der sie in den Langen Schlaf versetzte. Hüte dich, einsamer Wanderer. Halte dich von den Steinernen Schläfern fern. Respektiere ihr Schweigen. Denn sollten sie erwachen, so wird ihr Fluch dich treffen. Dann fliehe, Wanderer, wenn du noch Gelegenheit dazu hast.
    »Weg!« rief er und setzte sich gleichzeitig in Bewegung. Er packte den Arm der Außenweltlerin, die wie erstarrt war. Ihr Gesicht war blaß. »Wir müssen sofort weg hier.«
    Die Stimmen wurden nun lauter und stimmten eine düstere Melodie an. Tajima blickte zurück. Aus den Steinsplittern, die von der zerstörten Felswand übriggeblieben waren, wuchsen neue Felsen: granitene Finger, die sich hin und her wiegten und anklagend auf sie deuteten. Rovaria stolperte. Tajima hielt nicht inne und zerrte sie weiter mit sich.
    »Ich … ich halte das nicht aus«, brachte sie hervor. »Sie … sie sind in meinen Gedanken. Sie …«
    Die Hitze ließ etwas nach. Vielleicht bedeutete das, daß sie sich dem Ausgang des granitenen Labyrinths näherten. Auch die Felsen rechts und links von ihnen bewegten sich jetzt. Handgroße Brocken lösten sich und prallten auf den Boden. Sofort begannen sie zu wachsen und ihnen damit den Weg zu versperren.
    »Deine Magische Stimme!« rief Tajima Nimrod, um sich in dem immer lauter tönenden Gesang der Steingeister verständlich zu machen. »Setz deine Magische Stimme ein.«
    Sie erwachte aus ihrer Apathie. Und ihre mächtigen Worte waren wie ein Diskant in der Melodie der Granite. Wachsende Steine zerbrachen, und aus den Splittern und Bruchstücken wuchsen neue Granitfinger empor. Sie

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