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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Nordwestdomäne der Ohtanis aufbrechen. Sie sagte, ich solle in den Katakomben der Domäne auf jemanden warten, der meine Hilfe braucht. Und sie sagte weiter, daß dieser Jemand auch mir zu helfen in der Lage sei.«
    »Meinst du mich?« fragte Tajima verwirrt.
    »Ich sehe hier sonst niemanden. Und du kannst mir helfen, oder nicht? Du kennst schließlich den Ort des Mreydtores und damit eine Möglichkeit, Leseitis zu verlassen. Im Draußen bin ich frei.«
    »Aber …« Tajima dachte angestrengt nach. Da waren einige Punkte, die ihn unsicher machten. »Warum hat dir Lystra nicht ebenfalls diesen Ort beschrieben? Warum hat sie dir nichts vom Mreydtor erzählt?« Etwas anderes kam ihm in den Sinn, und er beugte sich ruckartig vor.
    »Rovaria?«
    »Ja?«
    »Wann hat dir Lystra dies alles erzählt? Wann sagte sie dir, du solltest dich auf den Weg zur Nordwestdomäne machen, um dort jemandem zu helfen, der auch dir zu helfen vermag?«
    Sie überlegte nur einen Augenblick. »Oh, das mag jetzt schon einige Normmonate her sein. Warte. Ja, es war im Zweitfrühling.«
    »Hm.«
    »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Doch, doch.« Er dachte nach. Es war einfach unmöglich . »Ich frage mich nur, wie Lystra von mir wissen konnte, zu jener Zeit. Ich habe sie erst vor wenigen Wochen kennengelernt, als ich mich von einer Kriegsverletzung erholte und als guter Kämpfer einige Stunden Erzählzeit zugewiesen bekam. Vorher wußte ich nicht einmal, daß sie existierte.«
    Jetzt machte Rovaria einen verwirrten Eindruck. Sie strich sich ihr silberfarbenes Haar zurück. Sie war schön, schöner als alles, was Tajima kannte. Er hauchte ihr einen Kuß auf die Lippen.
    »Aber wie …« Sie schüttelte den Kopf. »Du hast recht, es ist unmöglich.«
    »Es sei denn …«
    »Es sei denn, sie wußte schon damals, daß sie dich kennenlernen würde.«
    »Nicht nur das. Sie muß auch gewußt haben, daß ich die Absicht hatte, mich aus der Dienst- und Mentalabhängigkeit der Ohtanifamilie zu befreien. Lystra ist eine Geschichtenerzählerin. Sie ist nicht magisch begabt und hat damit auch nicht die Fähigkeit zu Wahrprophezeiungen. Wenn sie dies alles gewußt hat, dann muß es ihr jemand gesagt haben.«
    Tajima erhob sich und sah sich aus einem Reflex heraus um. Weit hinter ihnen grollten noch immer die Geister der Wandelnden Steine. Vor ihnen lag das heiße Wüstenland: eine Endlosigkeit aus Dünen und Staub und Sand. Dahinter, als dünne Linie am Horizont zu erkennen, die Grottenberge. Es war noch weit bis zum Mreydtor. Noch viele Tagesreisen. Und Tajima war verwirrt.
    »Gehen wir«, sagte er. »Ich habe ein ungutes Gefühl.«
    »Ich auch, Soldat.« Das Realsimulacrum erhob sich ebenfalls.
    »Fühlst du dich gut?«
    »Ich bin in Ordnung. Eine Maschine ermüdet nicht so schnell, Tajima.«
    Er lachte. Er hatte die Anspielung verstanden. »Ein Soldat auch nicht, Außenweltlerin. Wir sind geboren, um Leid zu ertragen und dennoch durchzuhalten.«
    Während sie ins Wüstenland schritten, kletterte das Höllenfeuer höher. Die Hitze nahm zu. Die Wüste war wie ein gewaltiger Backofen. Es war windstill, und die Luft bewegte sich nur, wenn Rovaria Louca ihre Magische Stimme erklingen ließ. Stundenlang wanderten sie durch den heißen Staubsand. Die Spuren hinter ihnen lösten sich einfach auf. Dann und wann blieb Rovaria stehen und horchte einer Stimme, die nur sie verstehen konnte. Und manchmal änderte sie ohne für Tajima ersichtlichen Grund die Richtung und wich nach rechts oder links ab, nur um einige hundert Meter weiter wieder auf die alte Richtung zurückzuschwenken.
    »Strahlungsquellen«, erklärte sie. »Zonen von geringem Umfang, in denen die Radioaktivität noch sehr stark ist. Mir kann die Strahlung nur wenig anhaben. Aber du bist vollorganisch.«
    »Wie kannst du sie wahrnehmen? Ich sehe nichts, nur Sand.«
    »In meinem Körper befinden sich auch einige Meßinstrumente, die für mich wie Erweiterungen der normalen Sinnesorgane sind. Ich habe dir ja gesagt, daß ich dir helfen kann. Du wärst wahrscheinlich schon längst blind in einer der Radioaktivitätsquellen hineingelaufen.«
    »Sind sie sehr gefährlich?«
    »Oh, gefährlich genug. Du stirbst nicht sofort, sondern erst nach Tagen, je nachdem, wieviel Strahlung dein Körper aufgenommen hat. Es ist kein angenehmer Tod, Soldat.«
    »Aber wie kommt es, daß niemand auf Leseitis von diesen Strahlungsquellen weiß?«
    Sie lachte glockenhell. »Oh, mein unwissender Soldat. Leseitis ist groß, eine der

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