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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Finstermann! «
    Immer lauter wurde der Ruf, immer eindringlicher die gemeinsame, beschwörende Mentalstimme der Asketen. Die Bannschwellen glühten auf. Und aus dem Innern des Bannkerkers drang leises Knistern.
    »Er hört uns!« Flüsternde Worte, voller Erwartung und Freude und Zuversicht. »Er hört uns. Er kommt …«
    Die dunkle Gestalt des Geschöpfes aus der Anderen Welt verdichtete sich weiter. Und es begann sich wieder zu bewegen. In rascher Reihenfolge glitt es den einzelnen Bannschwellen entgegen, und das Stöhnen der Starkmagier in den Nährsesseln vermischte sich mit dem anschwellenden Knistern und dem dumpfen Grollen der Stimme des Finstermanns. Einige der Starkmagier krümmten sich zusammen und starben. Die Dichtigkeit des Netzes aus Magischen Barrieren begann sich aufzulösen.
    »Nein!« ertönte jetzt eine andere Stimme. »Nicht. Paßt auf, Kirchenbrüder. Er verläßt seinen Kerker. Er wird zu einem Bestandteil unserer Welt. Wir müssen ihn aufhalten.«
    Es war zu spät.
    Die Ganzasketen erhoben ihre Mentalstimmen, aber der Finstermann – nun ein gewaltiges, dunkles Etwas – fegte ihren Widerstand einfach beiseite. Die Feldlinien der Bannschwellen glühten auf, und das Licht warf bizarre Schatten auf die Wände der Beschwörungsgrotte.
    »Erhöre uns, Finstermann. Gib uns deine Kraft. Wir …«
    Die Bannschwellen zerplatzten. In den Stein des Bodens eingemeißelte Magische Symbole lösten sich auf, als hätten sie nie existiert.
    Einige der Ganzasketen lösten sich aus der Beschwörungskette und wandten sich zur Flucht. Sie kamen nur einige Meter weit, dann froren ihre Bewegungen ein. Schattenarme streckten sich ihnen entgegen. Wo sie berührten, lösten sie auf. Und wer dem finsteren Griff entging, dessen Geist war verwirrt.
    Viele starben.
    Und die Überlebenden waren nicht mehr in der Lage, ihre Umwelt als das zu erkennen, was sie war.
    Der Finstermann aber glitt davon. Sein Körper driftete durch massiven Fels und schwebte aus dem Vulkankloster. Er spürte einen Ruf. Eine Kraft, die ihn anzog.
    Sie ging vom aktivierten Mreydtor aus.
     
    Die Ränder der Welt waren emporgewölbt. Dunstschwaden glitten ihnen entgegen und teilten sich dicht vor ihnen, ohne sie zu berühren. Die Oberflächen von Seen schimmerten ihnen im trüben Licht einer blassen Sonne entgegen. Es war kein Wasser.
    »Quecksilber«, sagte Rovaria Louca. Der Schmerz in ihren Gedanken war verschwunden. Sie schmiegte sich an Tajima. »Oder Blei. Ist dies Kalypso?«
    »Ja.« Ein wenig unsicher. »Lystra sagte mir, es sei eine andere Welt als die, die ich kenne.«
    »Nun, dann hatte sie recht. Siehst du die Wölbung? Sie ist nur eine Illusion, hervorgerufen durch hohen atmosphärischen Druck. Diese Welt ist tödlich für Lebewesen wie uns. Die Lufthülle besteht wahrscheinlich aus Methan und Ammoniak, und die Temperatur mag um einige hundert Grad höher liegen, als es unsere Körper vertragen.«
    Tajima sah sich um. Der Gegenpol des Mreydtors war im Nebeldunst kaum zu erkennen: ein schwarzer Fleck, eingehüllt von weißgrauen Schlieren. Ein dünner, grauer Schlauch ging vom Zentrum des Tores aus und erstreckte sich bis zu ihnen.
    »Es ist phantastisch«, sagte Rovaria. »Es muß sich um so etwas wie eine Automatik des Mreydtransfers handeln. Liegt das Transferziel auf einer Welt, deren Umweltbedingungen schädlich oder gar tödlich für den Transferierenden sind, dann schützt eine Ökologische Blase den Reisenden und schirmt ihn vor eben diesen Einflüssen ab.« Sie bewegte sich und berührte eine glitzernde Lache am Boden. Die Flüssigkeit – Wasser war es ganz bestimmt nicht – teilte sich, ohne den Fuß der Außenweltlerin zu beführen. »Wir sind sicher hier.«
    »Und die Kirche?«
    »Ich glaube nicht, daß sie uns hier etwas anhaben kann.« Sie sah Tajima an. »Du hast dein Ziel erreicht. Soldat. Wo aber sind die Sirenen?«
    »Lystra hat mir nichts davon erzählt. Sie benutzte nur immer wieder das Wort Sirene, mehr nicht. Was oder wer diese Sirenen sind, weiß ich nicht.« Er zögerte. Er war unsicher und verlegen. Immer wieder blickte er sich zum Mreydtor um, aber der schwarze Fleck blieb stabil. Kein anderes Geschöpf drang daraus hervor.
    »Komm, Soldat. Machen wir uns auf die Suche.« Sie schritten weiter. Auf großen Felsblöcken wuchsen rötlich schimmernde Kristalle. »Kristallines Leben«, sagte Rovaria nachdenklich. »Auf einer Welt wie dieser vielleicht die einzige Existenzform.«
    »Kannst du etwas wahrnehmen,

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