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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Einzelsegmente fielen wie in Zeitlupe zu Boden und verfärbten sich. Sie starben ab.
    Aimin Ohtani kam wieder auf die Beine, betrachtete die in dem Magischen Kerker gefangenen Mönche kurz und eilte dann die Treppe hinab. In den Kellergewölben warteten die Soldaten. Ihr Eingreifen war nun nicht mehr notwendig. Aimin marschierte an ihnen vorbei und erreichte kurz darauf die Gebundenen Propheten, die den ätherischen Stimmen der drei Sucher lauschten. Einer von ihnen hob den Kopf und sah den neuen Patriarchen an.
    »Er hat das Tor erreicht …«
    Aimin ließ sich in einen der bereitstehenden Sessel sinken. »Konzentriert eure Gedankenstimmen auf mich«, verlangte er barsch. »Ich will es selbst sehen.«
    Und er sah und hörte und fühlte und schmeckte mit den Sinnen der drei Sucher. Durch das feine Gespinst aus mentalen Verbindungslinien war er auch mit Tajima Nimrod verbunden. Unruhe erfaßte Aimin. Nicht mehr lange. Nur noch Minuten jetzt. Er wollte der erste sein, der sich an der Kraft der Sirene labte. Er wollte der erste sein, der ihre Macht in sich aufnahm.
    Aimin Ohtani lachte.
    Und er öffnete seinen Geist für die Energie, die ihn selbst den Ganzasketen der Kirche überlegen machen mußte. Tajima Nimrod würde sterben. Er war ein Werkzeug, weiter nichts. Und der Verlust eines Werkzeugs, das seinen Zweck erfüllt hatte, war nicht von Bedeutung.
    Er ist nicht allein, sagte die Gedankenstimme eines Propheten. Er wird von einer … Prophetin begleitet.
    Aimin sah das Bild einer Frau: lange, silberfarbene Haare, geschwungene Augenwimpern von gleicher Tönung, ockerfarbene Haut mit einem leichten Blauschimmer. Er sah in ihre Augen …
    Eine Außenweltlerin.
    Ja. Und … ja, die Geschichtenerzählerin Lystra hat Tajima mit ihr zusammengebracht. Sie ist seltsam. Sie ist sehr stark.
    Lystra? Aimin erinnerte sich an die euphorische Meldung aus Sudmar, von einem Mittelsmann des Ohtaniclans. Erst durch diese Meldung war der Plan entstanden. Wie lange war es her? Einige Jahre. Vielleicht auch länger. Aber warum? Mißtrauen entstand in ihm.
    Wir wissen es nicht.
    Besteht die Möglichkeit, daß Lystra von unserem Vorhaben gewußt hat und es zu vereiteln versuchte, indem sie den Soldaten mit der Außenweltlerin bekannt machte?
    Lystra war eine Geschichtenerzählerin, keine magisch begabte Prophetin. Sie kann nichts gewußt haben. Sie war drogenabhängig. Wir sind uns sicher, sie hat nur an die Erledigung ihrer Aufgabe und das Gegengift gedacht.
    Mit den Sinnen der drei Sucher nahm Aimin Ohtani jetzt noch etwas anderes wahr: die mentale Präsenz der Asketischen Kirche, die sich auf einen Faktor nahe dem Mreydtor konzentrierte. Kurz darauf erwachte etwas.
    Ein Schlafender Schatten …
    Aimin Ohtani krampfte sich zusammen. Er wurde Zeuge des mentalen Kampfes zwischen der Außenweltlerin und dem Torwächter. Und er wurde Zeuge des Transfers, als Tajima und seine Begleiterin sich in der Schwärze des Torinnern auflösten.
    Sie haben es geschafft! rief die Gemeinsame Mentalstimme der Gebundenen Propheten. Jetzt können wir nur noch warten.
     
    Der Alarmruf erreichte den Ganzasketen gegen Ende seiner Ruhepause.
    Eine Falle! ertönte die Gedankenstimme eines Mönches. Die Ohtanis haben eine Magische Falle vorbereitet. Wir …
    Kurzer Schmerz, dann nichts mehr.
    Der Ganzasket richtete sich auf und extrapolierte. Er vernahm die Präsenz des Todes: der Mehrgesichtige, dessen Körperkonsistenz aufgelöst wurde. Auch dieser Hauch verwehte.
    Habt ihr es vernommen, Kirchenbrüder?
    Der Asket stieg aus dem Nährbad und hüllte sich in seine scharlachrote Robe. Dann verließ er seine Kammer und eilte durch Gänge und Korridore des Klosters. Ihn störte die Kälte der oberen Etagen nicht. Aber er genoß dennoch die Wärme, als er die Kellergewölbe erreichte, die direkt über dem Warmboden des Vulkankraters lagen. Aufregung herrschte hier. Mönche und Novizen eilten umher. Die drei Schwarzrubine in der Stirn des Ganzasketen glühten matt, als er sich dem Beschwörungsgewölbe näherte. Andere Kirchenbrüder von gleichem Rang erwarteten ihn dort bereits.
    »Wir haben die Verbindung zu den drei veränderten Hybriden verloren«, sagte einer.
    »Die Extrapolation?«
    Mehrere Köpfe nickten. »Wir sind zum gleichen Schluß gekommen. Wenn der neue Patriarch der Ohtanis es wagt, offen gegen die Kirche vorzugehen, dann muß er davon überzeugt sein, stark genug für eine solche Kampfansage zu sein. Und das wiederum bedeutet, daß Tajima Nimrod sein

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