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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Asketische Kirche nicht mehr erreichen.«
    Vor ihnen war leises Knistern. Der Glanz des Leuchtmooses nahm nun wieder zu, so daß sie mehr von ihrer Umgebung sehen konnten. Der Gang verengte sich, beschrieb einen scharfen Knick und … voraus war das Mreydtor.
    Rovaria Louca blieb unwillkürlich stehen.
    Es war ein Oval, das aus einem metallähnlichen Material bestand. Die Halterungen waren gebrochen, das Oval zur Seite gekippt. Die Felsen rings herum wiesen die Glasierungsspuren auf, die auf starke Hitzeeinwirkung hinwiesen. Das Mreydtor selbst aber war unbeschädigt. Im Innern des Ovals war tiefe Finsternis. Kälte wehte ihnen daraus entgegen, und es war, als kosteten sie in diesem Augenblick den Geschmack des Universums.
    »Das ist es«, brachte Tajima rauh hervor. »Das Tor hinaus. Nur noch wenige Schritte.« Er wollte sich wieder in Bewegung setzen, doch Rovaria umfaßte seinen Arm und deutete stumm auf die Wand an der linken Seite.
    Tajima hielt den Atem an.
    Auch diese Wand war mit Leuchtmoos bewachsen, doch an einer Stelle wurde der Glanz von Schwärze verschluckt.
    »Ein Schlafender Schatten.« Die Stimme der Außenweltlerin war nur ein Hauch. »Siehst du ihn? Ja, das Dunkle, das dort an der Wand klebt.«
    Tajima nickte. »Ja, ich sehe ihn. Kannst du etwas wahrnehmen?«
    »Nein, zum Glück nicht. Sein Schlaf ist tief. Vielleicht ist er seit vielen Jahrtausenden nicht mehr gestört worden.«
    Sie setzten sich wieder in Bewegung, auf das Mreydtor zu. Und sie kamen auch dem Schatten näher. Vorsichtig setzten sie einen Fuß vor den anderen. Furchtsam blieben sie stehen, wenn das Scharren ihrer Stiefel zu laut wurde. Doch der Schatten rührte sich nicht.
    Rovaria krampfte sich zusammen, als sie fast auf gleicher Höhe mit dem Schlafenden waren.
    »Was ist mit dir?« fragte Tajima unsicher und blickte einmal auf die Außenweltlerin und dann den Schlafenden Schatten. War es nur eine Sinnestäuschung, oder hatte sich der finstere Umriß des Torwächters tatsächlich bewegt?
    »Die … Mönche … sie … die Mentalkraft …«
    Sie sank in sich zusammen. Tajima blickte ein zweites Mal zur Seite. Diesmal war er sich sicher. Der Schatten begann zu erwachen, kein Zweifel. Er hob den kraftlosen Körper Rovarias an und zerrte ihn mit sich auf das Tor zu. Hinter ihm ertönte leises Zischen. Er wandte den Kopf.
    Der Schlafende Schatten hatte sich von der Wand gelöst. Er war nun ein Fleck von düsterer Schwärze, der im Kalksteinkorridor schwebte und langsam auf ihn zudriftete. Etwas Kaltes rann seinen Nacken herab, und er verdoppelte seine Anstrengungen. Die Kirche. Die Mönche setzten ihre Gedankenstimmen dazu ein, den Torwächter zu wecken. Der blinde Prophet hatte sie gewarnt. Tajima fragte sich in diesen Augenblicken nicht, warum die Kirche ihm nach dem Leben trachtete. Er sah nur die Finsternis im Innern des Tores. Wenn es nicht funktionierte … nun, dann erübrigten sich die Fragen.
    Seine Bewegungen wurden langsamer. Es war, als müsse er plötzlich durch zähen Schlamm waten. Der Schatten. Er verlangsamte seine Bewegungen; er zerrte an seiner Kraft. Weit hinter ihm knirschte und knackte der Kalkstein. Kurz darauf stürzte die Decke des Ganges ein. Tajima blickte sich um. Der Schatten war jetzt nur noch ein knappes Dutzend Meter von ihm entfernt. Und einige Meter dahinter hockte ein organisches, amorphes Etwas auf dem Boden, ein Spezialhybride. Tajima war sich sicher, daß dieses Geschöpf den Mentalbefehlen der Kirche gehorchte.
    Das Tor …
    Die Kühle intensivierte sich.
    Nur noch ein paar Meter, dachte Tajima. Nur wenige Schritte, und wir sind in Sicherheit.
    Die Außenweltlerin schrie gellend auf, als einer der Schattenarme des Torwächters sie berührte. Tajima nahm seine ganze Kraft zusammen und warf sich der Finsternis des Mreydtors entgegen.
    Er spürte gar nichts, nicht einmal mehr Kälte.
    Er schmeckte nichts; er hörte nichts; er sah nichts; er roch nichts. Vielleicht dauerte die Empfindungslosigkeit, die Ausschaltung aller seiner Sinne, eine Ewigkeit, vielleicht auch nur den Bruchteil einer Sekunde.
    Dann änderte sich alles.
    Tajima taumelte und stürzte zu Boden. Als er die Augen öffnete, fiel sein Blick auf eine andere Welt.
    »Kalypso«, murmelte er.
     
    Das Untersuchungskomitee der Asketischen Kirche setzte sich aus vierzehn Mönchen in scharlachroten Roben und der gleichen Zahl an Spezialhybriden zusammen. Aimin Ohtani sah ihnen entgegen und begrüßte sie in der Eingangshalle der

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