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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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drängte ihn: »Wollen Sie uns bitte Ihre Meinung wissen lassen, wenn es Ihnen der Runde herum.
    »Die Oper ist genauso«, sagte er.
      Er quetschte das dünne Holz in den Fingern, zerbröselte es und warf die winzigen Stückchen in die Luft.
    »Das ist die Oper, das ist ihr Gehalt.«

    Am nächsten Morgen traf Don Memè wie ein Kugelblitz in der Präfektur von Montelusa ein, rannte zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinauf, durchquerte wie ein Besessener das Vorzimmer, riß ohne anzuklopfen die Tür zu Bortuzzis Amtsstube auf und stürzte hinein. Bortuzzi, der gerade mit dem Vergrößerungsglas den Aufriß des Tempels der Eintracht betrachtete, bekam beinahe einen Schreck. Ferragutos Anblick, der auf einem Auge lachte und auf dem anderen ernst war, machte ihm Sorgen.
    »Du liebes Herrgöttchen, Ferraguto, was ist denn los?«
      »Der Schreiner von Vigàta, dieser Hornochse von Don Ciccio Adornato, ist nicht einverstanden. Die Oper gefällt ihm nicht, das hat er zu denen vom Bürgerverein gesagt und erzählt es jetzt überall herum.«
      Seine Exzellenz beruhigte sich wieder und sagte lächelnd: »Auf, Ferraguto, was soll das! Ein Schreiner!
      Was zählt schon ein Schreiner? Wir sind doch nicht in Bethlehem!«
    »Ihre Exzellenz mögen verzeihen, aber Sie befinden sich im Irrtum. Dieser Schreiner da versteht sehr viel von »Und was sollen wir tun?«
    »Wir müssen ihn aus dem Weg schaffen.«
      Bortuzzi wurde gelb im Gesicht und ließ die Asche der Zigarre in seiner Hand auf die Weste fallen.
      »Jesus Maria, Ferraguto, was erzählen Sie mir da bloß? Ich fühle mich ein wenig mißbraucht !«
    Don Memè wurde sauer.
    »Keiner will Sie mißbrauchen, Exzellenz.«
      »Ach du meine Güte, Ferraguto, lassen wir bitte keine Mißverständnisse aufkommen! Bei uns bedeutet dieses Wort soviel wie verunsichern. Unter uns gesagt, Ferraguto, ist es wirklich nötig, sich solcher Mittel zu bedienen?«
    »Aber was haben Sie denn verstanden, Wohlgeboren?«
      Endlich siegte bei Ferraguto die lachende Gesichtshälfte über die ernste.
      »Ich meinte nur, daß wir ihn für eine gewisse Zeit und im Einvernehmen mit dem Gesetz außer Gefecht setzen sollten. Sie müssen dem Hauptmann Villaroel sagen, er habe ohne Widerspruch das zu tun, worum ich ihn bitte.«
    »Ja, wenn die Dinge so stehen, einverstanden.«
      »Ein letztes Anliegen, Exzellenz. Wie weit ist der Vorgang wegen Vergabe des öffentlichen Auftrags an den Commendatore Lumìa gediehen?«
    Bortuzzi suchte in den Sammelmappen auf seinem
      »Das ist ein harter Brocken. Dieser Lumìa hat nämlich kein Anrecht, wissen Sie das?«
      »Exzellenz, lassen Sie uns offen reden. Die Sache sieht so aus: der Bürgermeister von Vigàta hatte den Auftrag schon an Lillo Lumìa vergeben, mit dem er alle zwei Tage Tresette und Briscola spielt. Sie aber haben den Auftrag gestoppt, weil Ihren Worten zufolge Regelwidrigkeiten vorlagen. Richtig?«
    »Richtig.«
      »Gut. Ich möchte jetzt zu Lumìa gehen und ihm genau die folgenden Worte sagen: Don Lillo, ich darf Ihnen eine schöne Nachricht hinterbringen. Der Herr Präfekt hat mir gesagt, daß er sich die Sache mit der Auftragsvergabe nochmals überlegen will. Keine Silbe mehr.«
      Bortuzzi sah ihn weiterhin skeptisch an. Für Don Memè schien jetzt der Augenblick gekommen, die Karten auf den Tisch zu legen.
    »Exzellenz, wenn ich ihm das nicht sage, kann ich nicht tun, was ich mir ausgedacht habe, und der Schreiner Don Ciccio kann weiterhin die Oper in den Dreck ziehen und die Vigateser gegen uns aufbringen. Bedenken Sie die Sache gut, Exzellenz. Ich sage Lumìa nur, daß Euer Wohlgeboren sich anschickt, es sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, und weiter nichts. Wenn Sie dann in zwei Wochen zu einer anderen Entscheidung gelangen, als Don Lillo es sich erwartet, dann ist die Oper schon über die Bühne, und damit hat es sich.«
    legen, war das Hauptvergnügen des Commendatore Lillo Lumìa. Und genau das tat er gerade im Hühnerstall seiner Villa am Hang oberhalb von Vigàta, als ein Diener herbeieilte, um ihm zu sagen, daß gerade der Gevatter Memè zu Pferd auf dem Hof eingetroffen sei. Lumìa verließ eilends den Stall und stürzte mit ausgebreiteten Armen Ferraguto entgegen, der vom Pferd abstieg.
    »Don Memè! Welch freudige Überraschung!«
    »Meine Ehrerbietung!«
      Sie fielen einander in die Arme, streckten sie von sich, um sich aus geringer Entfernung glücklich lächelnd anzuschauen,

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