Die sizilianische Oper
die Wärme des Rauchs die Leichenstarre hinausgezögert hatte. Puglisi zog Jackett, Hosen und Hemd aus und blieb in Unterhemd und Unterhose. Er atmete einmal tief durch und machte sich dann an die Arbeit.
Nach einer knappen halben Stunde kam er, sich das Hemd zuknöpfend, in die Küche zurück, blieb neben Agatina stehen, packte sie unterm Kinn und zwang sie, den Kopf zu heben.
»Ich hab' alles in Ordnung gebracht«, sagte er. »Nimm dich zusammen und komm mit. Du mußt allen das erzählen, was du gleich sehen wirst. Du mußt sagen, daß du die beiden in dieser Stellung vorgefunden hast, als du hereinkamst.«
sein.
»Schau«, sagte er nur und hielt ihr vorsichtshalber den Mund zu.
Die Szene war jetzt völlig verändert. Concetta war nicht mehr nackt, sondern im Morgenrock und schien selig auf dem Bett ausgestreckt zu schlafen. Der junge Mann jedoch lag vollkommen bekleidet, die Füße zum Fenster gedreht und einen Arm auf dem Bett, mit dem Gesicht auf dem Boden.
»Siehst du? Behalte dieses Bild im Gedächtnis«, sagte der Kommissar leise in Agatinas Ohrmuschel. »Der Bursche kam zufällig am Haus vorüber, sah die Flammen, und da er nicht durch die brennende Haustür hinein konnte, hatte er den schönen Einfall, es von der Rückseite zu versuchen. Er warf ein Brett auf den Salzhaufen, kletterte hinauf, stützte das andere Ende auf dem Dachsims ab und sprang aufs Fensterbrett; dort öffnete er die Läden, die deine Schwester nicht ganz geschlossen hatte, und stieg ins Schlafzimmer ein. Dort aber wurde er unmittelbar von einem dichten Rauchschwall eingehüllt. Er bekam keine Luft mehr und kippte um. Zu allem Unglück drückte der starke Wind die Fenster zu, und der Raum war luftdicht verschlossen. Deshalb ist dieser Mann erstickt. Hast du das begriffen? Ich werde es dir noch einmal erklären: Gaspàno war nicht dabei, deine Schwester zu ficken. Er war in dem Zimmer, weil er sie hatte retten wollen. Das war der wahre Grund. Hast du gerecht ist und du mich darum gebeten hast.«
Agatina drehte mit einem Ruck den Kopf zu ihm und biß ihm in die Lippen, bis sie bluteten. Unwillkürlich ließ Puglisi sie los, damit hatte er nicht gerechnet. Sie war es jetzt, die ihn an den Armen packte und ihn rückwärts Richtung Küche drängte.
»Komm her! Komm her!«
Sie zitterte, aber nur innerlich, wie es Katzen manchmal tun. In der Küche streckte sie sich auf dem Küchentisch aus, packte Puglisi am Jackenaufschlag und zog ihn zu sich heran.
»Bitte! Bitte!« flehte sie ihn schwer atmend an.
»Nein«, erwiderte Puglisi und wollte ihren Griff lockern, was ihm auch gelang. Doch das war noch schlimmer. Um neuen Halt zu finden, schlang sie keuchend ihre Arme um seinen Nacken.
»Laß mich gehen«, sagte Puglisi, dem die Beine zitterten, und das nicht nur wegen der Haltung, in der er sich befand.
Gierig küßte sie ihm Gesicht und Hals, wie die Vögel beim Fressen: einmal mit dem Schnabel gepickt und den Kopf zurück, noch einmal mit dem Schnabel gehackt und wieder den Kopf nach hinten.
»Bitte«, sagte jetzt Puglisi.
»Nein«, antwortete sie. »Nein.«
etwas beruhigt zu haben.
»Ist gut«, sagte sie.
Puglisi ging ins Treppenhaus und rief nach dem Wachposten. Sofort stand Catalanotti wie ein Stehaufmännchen vor ihm. Er brannte vor Neugierde. Was war wohl geschehen, seitdem der Kommissar und die Frau das Haus betreten hatten – schließlich war schon eine ganze Weile vergangen. Beim Anblick der zwei Leichen wurde er aschfahl; die Farbe ihrer Gesichter und Hände versetzte ihm einen Schlag in den Magen. Sie wirkten wie Marionetten.
»Oh, verdammt!«
Dann warf er einen Blick in die Küche und sah Agatina, die Ellenbogen auf den Küchentisch gestützt und den Kopf zwischen den Händen.
»Der junge Kerl, von dem ich immer noch nicht weiß, wer er ist«, sagte Puglisi ruhig, »hat versucht, die Witwe zu retten, aber er ist am Rauch erstickt.«
»Die Ärmsten! Alle beide, die Ärmsten!« rief Catalanotti mitleidig und sah sich ohne Unterlaß mit scharfem Bullenblick um. Irgendwas war hier nicht ganz geheuer, aber was genau das war, konnte er nicht sagen.
»Richtig. Unser Held hat sein Geschick bewiesen, aber leider war ihm das Glück nicht hold. Er hat einen Verbindungssteg zwischen dem Salzberg und dem Dach des Hauses geschaffen, ist hinaufgestiegen und hat die er nicht ins Zimmer hinein konnte, ohne daß die Frau ihm von innen aufmachte.«
Puglisi fühlte sich wie ein
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