Die Smaragdreihe 03 - Die Sieben unterirdischen Könige
weil ihm ein so starker Arzneigeruch anhaftete.«
Die Menge lachte.
»Ihr werdet zugeben, Freunde«, schloß Arrigo, »daß wir jetzt, da uns niemand zwingt, in der Höhle zu leben, der tausendjährigen Verbannung ein Ende machen und in die obere Welt umsiedeln müssen.«
»Eine Frage!« rief der Doktor Robil, der, groß und mager, die Tribüne bestieg. »Der verehrte Arrigo hat sehr gut gesprochen, jetzt soll er mir aber sagen, wie wir mit unseren schwachen Augen in der oberen Welt leben werden!«
»Mit Verlaub!« rief der dicke Doktor Boril, der wie ein Ball aus der Menge hervorrollte. »Durch diese Frage hat der verehrte Doktor Robil seine völlige Unwissenheit in medizinischen Dingen verraten.«
Robil schnaubte vor Wut, als er dies hörte. Die Rivalität, die vor Jahrhunderten zwischen den Ahnen der beiden Ärzte bestanden hatte, hatte sich auf ihre Nachfahren vererbt.
»Meine Unwissenheit, sagt Ihr? Wollt Ihr es mir auch beweisen?« schrie Robil.
»Jawohl, das will ich!« erwiderte Boril. »Die Augen unserer Vorfahren haben sich an das Halbdunkel der Höhle gewöhnt, und auch unsere Augen werden sich an das Licht der oberen Welt gewöhnen. Das kann ich beweisen. Bürger Wenjeno, tretet bitte vor!«
Ein Mann in mittleren Jahren in bäuerlicher Kleidung trat vor.
»Seht, dieser Bürger lebt seit zwei Wochen oben«, fuhr Doktor Boril fort. »Am Tag hält er sich in einem verdunkelten Zelt auf, nachts verläßt er es und bleibt bis zum Morgengrauen draußen. Darin besteht der Versuch, den ich mir ausgedacht habe. So, und jetzt erzählt, Freund Wenjeno, wie es Euch geht!«
»Ich gewöhne mich allmählich an das Licht«, erwiderte schüchtern Wenjeno. »Gestern blieb ich fast bis zum Sonnenaufgang draußen, es hat mir nicht geschadet.«
Donnernder Beifall war die Belohnung für den tapferen Bauern.
Auf der Versammlung wurde noch eine andere wichtige Frage aufgeworfen. Die Höhle war reich an Erzen, die es in der oberen Welt nicht gab. Woher sollte man es nun nehmen?
Ein Erzgräber meldete sich zu Wort.
»Kumpel«, sagte er, »sollen wir gerade jetzt zu arbeiten aufhören, wo wir’s endlich zu unserem eigenen Wohl tun? Früher war das anders, da mußten wir uns für die Könige schinden…« Ein Gezisch unterbrach den Redner, der sofort innehielt. Er hatte ja vergessen, daß auch die ehemaligen Könige zugegen waren. »Ich wollte nur vorschlagen«, verbesserte er sich, »daß wir bereit sind, der Reihe nach zu arbeiten. Wenn wir zwei Monate im Jahr in der Grube arbeiten, wird es uns gewiß nichts schaden, dafür wird unsere Erholung oben um so angenehmer sein!«
»Sehr richtig! Auch wir werden der Reihe nach arbeiten!« riefen die Gießer.
So entschied das Volk selbst alle wichtigen Fragen, und die Höhle begann sich allmählich zu leeren. Die Arbeiter und Bauern des unterirdischen Reiches fühlten sich von der schönen Sonne, dem blauen Himmel und der klaren Luft angezogen – dankbar dachten sie an die Ereignisse, die ihnen die Befreiung aus dem düsteren unterirdischen Reich gebracht hatten.
DIE RÜCKKEHR
Elli und Fred warteten natürlich nicht, bis die Umerziehung aller Eingeschläferten und die allgemeine Umsiedlung zu Ende gingen. Es war höchste Zeit, nach Hause zurückzukehren, zu den Angehörigen, die über ihren vermeintlichen Tod trauerten.
Vor der Abreise wollte Elli noch die Königin der Feldmäuse, die gute Ramina, sehen, nach der sie große Sehnsucht verspürte. Sie bat ihren Cousin, das Hündchen an einen Baum zu binden, und blies in die Silberpfeife.
Im gleichen Augenblick raschelte es im Gras, und vor Elli stand Ramina mit einer goldenen Krone auf dem Kopf. Hofdamen begleiteten sie.
Toto begann zu bellen und zerrte an der Leine, während Fred mit weit aufgerissenen Augen dastand. Er wußte, daß dies eines der letzten Wunder der seltsamen Welt war, in die ihn das Schicksal verschlagen hatte.
Die Mäusekönigin piepste:
»Ihr habt mich gerufen, meine liebe Fee?«
»Ja, Majestät! Ich sehnte mich nach Euch und wollte Euch noch einmal sehen, bevor ich das Wunderland verlasse.«
»Ich danke Euch für die Güte«, sagte die Königin, »es ist ja auch unsere letzte Begegnung!«
»Ich werde also nie mehr in dieses Land zurückkehren?«
»Es ist uns Feldmäusen gegeben, die Zukunft vorauszuahnen. Diese Vorahnung sagt mir, daß Euch ein langes und schönes Leben in der Heimat erwarte. Eure hiesigen Freunde aber werdet Ihr nie wiedersehen.«
Elli brach in Tränen aus:
»Ich werde
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